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ÖSV-Trainer Mandl und Giger im Interview

Giger geht bereits in seine zehnte Saison als Cheftrainer der alpinen Ski-Herren Österreichs, Damentrainer Mandl will Skifahren wieder sicherer machen.

Vor dem Auftakt-Riesentorlauf am Sonntag in Sölden sprach Toni Giger, der 45-jährige Herren-Chef des stärksten Herren-Skiteams der Welt, im Interview mit der APA – Austria Presse Agentur u.a. über seine Erwartungen für Sölden und für die WM-Saison im Allgemeinen, den Trapezakt zwischen Weltcup und Großereignis sowie über das Thema Sicherheit.

APA: Der traditionelle Gradmesser zum Saisonauftakt steht vor der Tür. Vergangenes Jahr wurde in Sölden ein Stockerlplatz verpasst, wie lauten diesmal die ÖSV-Ziele für Sonntag?
Giger: “Unser Ziel ist heuer einmal mehr ein Stockerplatz, aber das wird auch diesmal nicht leicht. Die Konkurrenz ist stark und gut vorbereitet, aber wir brauchen uns nicht zu verstecken.”

APA: Wer sind aus österreichischer Sicht die heißesten Eisen für Sölden?
Giger: “Unsere vier Riesentorlauf-Gruppe-Eins-Fahrer (in der Weltrangliste WCSL, Anm.), also Raich, Reichelt, Gruber und Matt. Hinzu kommt Baumann, der sich in den Zeitläufen gut präsentiert hat. Aber die gesamte Mannschaft läuft zu einer guten Form auf, wir haben eine gute, kompakte Truppe.”

APA: Und wie heißen aus internationaler Sicht die großen Favoriten?
Giger: “Svindal und Miller sind stark drauf. Svindal ist mit uns ein paar Zeitläufe gefahren, da war er sehr schnell. Die Schweizer habe ich ein bisschen in Sölden beobachtet, auch die sind schnell. Hinzu kommen die üblichen Verdächtigen, vor allem aus den USA und Italien.”

APA: Durch die WM in Val d’Isere wartet wieder eine Saison mit Großereignis, wie schwierig wird dieser Balanceakt zwischen Weltcup und WM?
Giger: “Natürlich ist das eine doppelte Herausforderung und ein gewisser Trapezakt. Schließlich gilt es die Ziele im Weltcup und beim Großereignis zu erreichen. In gewissen Situationen müssen wir entscheiden, ob Allrounder alle Weltcup-Bewerbe fahren oder vielleicht doch lieber eine Rennpause einlegen. Sonst droht eine gewisse Ermüdung, die sich nicht optimal auf das Großereignis auswirkt.”

APA: Gilt das vor allem für Raich bei den Abfahrten?
Giger: “Ja, bei Raich werden wir genau schauen, welche Abfahrten er bestreitet und welche nicht.”

APA: Was hat sich im Sommer beim Thema Sicherheit getan?
Giger: “Prinzipiell bin ich der Meinung, dass bei sehr vielen Weltcup-Veranstaltern das Sicherheitsniveau ohnehin extrem hoch ist. Aber der Medical Guide, also das Buch der Sicherheitsbedingungen, wurde von Spezialisten überarbeitet. Bei uns im ÖSV hat es auch sehr viele Gespräche zwischen Trainern und Athleten gegeben. Und Hermann Maier hatte ein Treffen mit FIS-Renndirektor Günter Hujara, das von Hujara als sehr wertvoll beurteilt worden ist. Maier hat aufgrund seiner langjährigen Erfahrungen sehr wertvolle Analysen geliefert.”

APA: Wo muss beim Material der Hebel angesetzt werden?
Giger: “Die Kraftübertragungskette mit Körper, Schuh, Ski, Bindungsplatte und Kante ist im letzten Jahrzehnt immer direkter geworden, es wurden bei jeder Komponente immer weniger Pufferzonen eingebaut, alles ist in eine immer aggressivere Richtung gegangen. Maier hat z.B. vorgeschlagen, dass der Schaleninneraum beim Schuh größer werden muss. Oder, dass eine Einheitsplatte zwischen Bindung und Ski eingeführt werden muss. Dadurch wäre die Kraftübertragung nicht so direkt.”


Auch wenn der internationale Vergleich fehlt, so blickt ÖSV-Damencheftrainer Herbert Mandl vor dem Weltcup-Saisonauftakt am Samstag mit dem Riesentorlauf in Sölden zuversichtlich in die WM-Saison. “Die Messlatte liegt intern in der Mannschaft”, sagte der 47-jährige Niederösterreicher im Gespräch mit der APA – Austria Presse Agentur. Schmerzlich ist der Ausfall von Siegläuferin Marlies Schild, die für ihn nicht zu ersetzen ist. In Sicherheitsfragen appelliert er vor allem an die Vernunft der Trainer.

APA: Wie stark sind die ÖSV-Damen, wie stark ist die Konkurrenz – lässt sich dazu vor dem Auftakt in Sölden schon etwas sagen?
Mandl: “Wir haben keinen internationalen Vergleich was Slalom und Riesentorlauf anbelangt. Die Speedgruppe hat mit den Schweizer Mädels in Zermatt ein paar Tage trainiert, Anja Pärson war dort auch dabei. Aber bei uns (in den internen Zeitläufen/Anm.) waren alle vorne mit dabei, und die Messlatte liegt sowieso intern in der Mannschaft. Das ist das Gute, es ist insofern nicht tragisch, dass wir international bis jetzt keine Vergleiche haben.”

APA: Im Vorjahr hat die Südtirolerin Denise Karbon den Riesentorlauf dominiert. Muss man damit heuer wieder rechnen?
Mandl: “Die Italienerinnen waren in Südamerika, wir in Neuseeland, es hat keine Kontakte gegeben. Aber ich habe von Trainern gehört, dass andere Mädels im Sommer häufig schneller waren, eine Camilla Alfieri, eine Manuela Mölgg. Karbon hat nicht so klar dominiert, wie sie es vergangenes Jahr im Weltcup gezeigt hat. Da hat bei ihr alles zusammengepasst.”

APA: Wie kann man verhindern, dass man heuer wieder in Rückstand gerät?
Mandl: “Für uns ist es im Vorjahr auch ein bisserl unglücklich gelaufen und wir haben auch schlecht agiert, um da von Anfang an dagegenzuhalten. Sie (Karbon/Anm.) hat ihr Selbstvertrauen gestärkt, wir sind ein bisserl nachgelaufen, und das versuchen wir sicher heuer zu verhindern. Auch wenn Marlies fehlt, aber wir haben ein paar im Riesentorlauf, die schon gewonnen haben. Und ich gehe davon aus, dass sie das auch heuer wieder zeigen können. Und für Nicole Hosp wird es natürlich auch wichtig sein, vor allem in ihrer Paradedisziplin Riesentorlauf wieder öfter ganz oben zu stehen.”

APA: Wie schnell kommt man über einen Ausfall wie jenen von Marlies Schild hinweg?
Mandl: “Hinweg kommt man nicht, man kann so eine Siegläuferin nicht ersetzen. Es ist nicht nur ein Schock für sie selbst, sondern auch ein Verlust für das ganze Team. Das werden wir spüren, keine Frage, das wird uns an Siegpotenzial in der ganzen Mannschaft natürlich fehlen.”

APA: Wie gehen die Rennläuferinnen damit um?
Mandl: “Zuerst waren alle geschockt, auch wenn sie es nicht so zeigen. Bei den ersten Trainings danach merkte man kurze Zeit, dass das Eingehen des letzten Risikos, das sich am Limit zu bewegen, weg war. Aber sie sind Profis genug, dass sie das dann wegstecken müssen, weil sonst können sie sich auf ihre Sache nicht konzentrieren. Ich glaube, das wird sicher für das Rennen in Sölden auch kein Problem sein. Besprechen tut man es, aber dann muss man es abhaken und kann es nicht allweil wieder aufwärmen. Ich glaube, das gehört zu unserem Tagesgeschehen einfach dazu, mit diesem Risiko müssen wir leben.”

APA: Das Sicherheitsthema ist ein vieldiskutiertes dieser Tage. Wo muss man ansetzen?
Mandl: “Ein paar Präzisierungen sind vorgenommen worden, aber es war ja schon vorher verankert, dass ein Rettungshubschrauber ein Rettungshubschrauber sein muss. Am leichtesten was beeinflussen kann man mit der Tempobremsung, und das liegt bei uns Trainern. Da gab es keine Reglementänderungen, das bleibt weiterhin der Vernunft der Trainer überlassen, weil die Slalom, Riesentorlauf und Super-G setzen. Torabstände und Tempo sind längst überschritten, da wäre es höchste Zeit, sich wieder in normale Tempobereiche zu begeben. Ich bin da in unserer Arbeitsgruppe allein auf weiter Flur, wir (ÖSV/Anm.) streben das sehr stark an, wir sind technisch sehr gut. Nur versucht halt jede Nation, den Vorteil wieder auf ihre Art zu nutzen – und das geht meistens in die schnellere Richtung.”

APA: Die große Materialrevolution fand vor einem Jahr statt, haben sich die Läufer nach einem Jahr umgestellt und ist Skifahren wieder sicherer geworden?
Mandl: “Man hat vorher gewusst, dass die Materialumstellung in punkto Sicherheit nicht sehr viel bringen wird. Im Gegenteil, die Abstimmungen sind noch aggressiver geworden. Das lässt sich auch schwer reglementieren. Und man kann auch heute vom Ski her nicht einen Rückschritt machen. Ich glaube, dass man bei den Skischuhen selber vernünftig sein muss, um einfach da eine adäquate Abstimmung zu finden, um nicht immer noch aggressiver zu werden. Man muss selber den Schritt machen, um eine vernünftige Lösung für sich zu haben.”

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