Studie enthüllt: Snacken und Streamen als wahre Überlebensstrategien im Lockdown

Dass Menschen in stressigen oder einsamen Zeiten vermehrt zu ungesundem Essen oder Unterhaltung greifen, scheint naheliegend. Doch eine Studie der Universität Wien kommt zu einer anderen Erkenntnis: Genussmittel wurden während des Corona-Lockdowns eher genutzt, um eine bereits vorhandene gute Stimmung aufrechtzuerhalten – und nicht, um negative Gefühle zu bekämpfen.
„Manche Belohnungsstrategien helfen uns in schwierigen Zeiten, unser Wohlbefinden zu wahren“, erklärt Psychologin Giorgia Silani. Daher solle man einen kurzfristig erhöhten Konsum – etwa mehr ungesundes Essen oder Fernsehen – nicht übermäßig problematisieren.
Studie mit überraschenden Ergebnissen
Das Forschungsteam um Silani und Ana Stijovic sammelte während des ersten Lockdowns 2020 Daten von rund 800 Erwachsenen aus Österreich, Deutschland und Italien. Mehrmals täglich gaben die Teilnehmer über eine App an, wie sie sich fühlten und welchen Genussmitteln sie nachgingen – von Essen über Tabak bis hin zu Serienkonsum.
Das Ergebnis: Menschen, die sich gut fühlten und mehr sozialen Austausch hatten, konsumierten auch häufiger „Comfort Food“, verbrachten mehr Zeit vor dem Bildschirm oder griffen zu Alkohol und Zigaretten. Hingegen ging schlechte Stimmung eher mit einem geringeren Genussmittelkonsum einher.
„Die verbreitete Annahme, dass Menschen in Krisenzeiten mehr ‚sündigen‘, um sich zu trösten, konnten wir nicht bestätigen“, betont Silani. Die Ergebnisse der Studie wurden im Fachblatt Biological Psychiatry veröffentlicht.
Essen als Mittel zur Stimmungsregulation
Der Fokus der Untersuchung lag auf dem Essverhalten. Dabei wurden gezielt Lebensmittel wie Schokolade, Chips, Fast Food und Käse erfasst – gesunde Alternativen wurden nicht separat berücksichtigt. Dennoch zeigte sich klar, dass Essen eine Rolle in der Emotionsregulation spielt – nur anders, als erwartet.
Ein Blick in die Natur stützt diese Erkenntnisse: Nach einem Hurrikan auf einer Pazifikinsel zeigten Affen ein ähnliches Verhalten, indem sie enger zusammenblieben und Nahrung teilten. „Das zeigt, dass soziale Interaktionen und gemeinsames Erleben eine wichtige Strategie zur Bewältigung von Bedrohungen sind“, so Silani.
Wohlfühlkonsum nicht pauschal verurteilen
Die Forscherin warnt davor, Wohlfühl-Konsum in Krisenzeiten pauschal als negativ zu bewerten. Natürlich sei exzessiver Genuss von Fast Food, Alkohol oder Zigaretten langfristig problematisch. Dennoch sei es ein „natürlicher Mechanismus“, in schwierigen Phasen nach kleinen Freuden zu greifen – sei es durch gutes Essen, gemeinsame Serienabende oder Online-Spiele.
(APA/Red)