AA

Stromrechnung zu hoch? Smart Meter könnten helfen

Zur idealen Zeit Geräte nutzen oder E-Autos tanken spart Geld.
Zur idealen Zeit Geräte nutzen oder E-Autos tanken spart Geld. ©APA/WIENER NETZE/MANFRED TUCHER
Die erste Million Smart Meter sind in Österreich verbaut und dennoch hält sich die Nutzung der intelligenten Stromzähler in Grenzen. Dabei könnte man mit den neuen Zählern die Stromrechnung drücken.
Pro und Contra Smart Meter
Initiative wehrt sich gegen neue Stromzähler

Die neuen "intelligenten Stromzähler" bieten Stromkunden viele noch ungeahnte Möglichkeiten, Stromkosten zu sparen, indem etwa zum idealen Zeitpunkt Geräte in Betrieb gesetzt oder Elektroautos aufgetankt werden. Die Opt-Out-Raten sind gering, dennoch hält sich die Nutzung bei der ersten Million Smart Meter in Grenzen. Datenschutzbedenken zerstreuen Experten, auch wegen der strengen Regelungen.

20 Prozent der Haushalte nutzen Smart Meter

Aktuell liegt der Ausrollungsgrad bei den neuen Zählern in Österreich bei rund 20 Prozent, Ende 2018 waren es 16 Prozent, sagte E-Control-Vorstand Wolfgang Urbantschitsch bei einer Veranstaltung des Energieregulators. Für ganz Österreich lautet das Ziel für Ende 2020 auf 80 Prozent bzw. auf 95 Prozent bis 2022. Es gibt auch größere Versorger, deren Netztochter mit dem Roll-Out noch gar nicht begonnen haben. E-Control-Vorstand Andreas Eigenbauer schätzt jedoch, dass der große Teil innerhalb des Zeitplans bleiben wird.

Im Burgenland etwa sind schon 145.545 oder gut 71 Prozent von insgesamt 204.238 neuen Zählern installiert, außerhalb der Sommerpause kommen monatlich rund 6.000 Geräte dazu, berichtete der zuständige Projektleiter der Netz Burgenland, Wolfgang Frühwirth. Ziel der Energie Burgenland sei, bis Ende 2020 rund 95 Prozent ausgerollt zu haben, zwei Jahre früher als gesetzlich erforderlich. "Totalverweigerer" gibt es wenig, im Burgenland waren es bisher nur 0,2 Prozent der Kunden, die den Zutritt verwehrten oder den Tausch ablehnten, so Frühwirth.

Smarte Funktionen abwählen

Der Einbau eines neuen digitalen Zählers kann nicht verweigert werden, doch haben die Kunden das Recht, sich gegen die "smarten" Funktionalitäten zu entscheiden - es speichert der Zähler dann keine Werte und überträgt auch keine Viertelstunden-Lastprofil-Daten; auch die Fernschaltung im Zähler wird aktiviert. In der Standard-Variante bekommt der Netzbetreiber nur Tageswerte übermittelt. Nur wenn der Kunde ausdrücklich zustimmt, werden auch 15-Minuten-Werte ausgelesen und weitergeleitet, wie Leo Kammerdiener von der Strom-Abteilung der E-Control erläuterte. Die Daten seien jedoch "ab Zähler verschlüsselt". Egal auf welchem Weg sie weitergeleitet werden (z.B. per Funk), könne kein Unbefugterer etwas anfangen damit.

Dass die Daten aus den Messgeräten nur verschlüsselt weitergegeben werden dürfen, legt die IMA-Verordnung auf Basis des Elektrizitätswirtschafts- und -organisationsgesetzes (ElWOG) fest, eine Klartext-Übermittlung ist untersagt, so der Vize-Leiter der Österreichischen Datenschutzbehörde (DSB), Matthias Schmidl. Anwendbar seien hier die Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) und das Datenschutzgesetz (DSG), weil mit den intelligenten Zählern Daten automatisiert verarbeitet werden, die einer bestimmten oder bestimmbaren Person zuordenbar sind. Sieht sich jemand in seinen Rechten verletzt, kann er die Datenschutzbehörde anrufen oder ein Zivilgericht; bei der DSB dauere das Verfahren kürzer und sei günstiger.

Opt-Out-Raten sind gering

Die Opt-Out-Raten sind regional unterschiedlich - im Burgenland sind es bei den schon installierten neuen Geräten 5 Prozent, auch der Opt-In-Anteil ist ähnlich gering, obwohl es anfangs 10 bis 15 Prozent waren, sagte der Netz-Burgenland-Vertreter. Bei der ersten knappen Million Smart Meter betrug laut E-Control-Experte Kammerdiener die Opt-Out-Quote bundesweit 1,7 Prozent. Dem stand jedoch eine Quote von 4,9 Prozent an ausdrücklichen Opt-In gegenüber (47.100 von 950.000 Zählpunkten), wobei ein knappes Zehntel davon (4.300) die 15-Minuten-Daten nicht nur dem Netzbetreiber, sondern auch gegenüber dem Stromlieferanten freigab. "Wir stehen erst am Anfang, es werden sicher mehr werden", rechnet Behördenvertreter Kammerdiener mit letztlich mehr Daten-Freigaben. Auch Eigenbauer erwartet steigenden Zuspruch, sobald es mehr zeitabhängige Stromtarife gibt.

Die Nutzung der Verbrauchsdaten-Portale ist bisher recht gering, zeigen die Daten aus dem Burgenland, wo die Ausrollung mit 71 Prozent ja schon weit fortgeschritten ist. Während eines Tages war es im Schnitt nur jeder tausendste der möglichen Nutzer, die sich ihr Verbrauchdaten-Portal ansehen - innerhalb eines Monats jeder hundertste. Frühwirth: "Die letzte Meile fehlt uns noch bei den Smart Meter, um die Vorteile zum Kunden zu bringen."

Um Verbrauchern die neuen Stromzähler schmackhaft zu machen, lief in Oberösterreich ein Forschungsprojekt unter Ägide des Energieinstituts der Johannes-Kepler-Universität und der früheren Vertriebsgesellschaft Enamo (heute zur Energie AG OÖ gehörig). Eingebunden waren 1.590 Haushalte, davon erhielten 1.060 auch eine App, daneben gab es noch eine sogenannte Kontrollgruppe. Die Kunden erhielten allgemeine Energiespar-Tipps und auch den Hinweis, dass sie einen Preis-Bonus bekommen, wenn sie Strom zu ganz bestimmten Zeiten verwenden. Die besonders gut informierten Abnehmer erwiesen sich dann auch als merklich aktiver, sagte die mit dem Projekt befasste Volkswirtschafterin Andrea Kollmann von der Uni Linz.

Bessere Prognosen, günstigere Preise

Dass die Kunden selbst am Markt aktiv werden und nicht nur laufend den Anbieter wechseln, um jeweils den Neukundenbonus zu lukrieren, wünscht sich auch Harri Mikk, Geschäftsführer des Stromanbieters Spotty Smart Energy Partner GmbH. Eine Teilnahme am Day-ahead-Markt funktioniere für Kunden mit Smart Meter schon sehr gut, berichtete er. Man könne dann etwa direkt von Spot-Preisen an der Strombörse EPEX profitieren, die sich aus dem für den Folgetag abschätzbaren Solar- und Windkraftangebot bilden. An der EPEX sei die Kilowattstunde für 4 Cent (ohne USt.) zu haben - auch wenn der Preis über einen längeren Zeitraum zwischen 3,23 und 6,6 Cent/kWh schwankte, sagte Mikk. Über die Spotty-App kommen die Preise live aufs Handy. "Der Kunde kann sich dann entscheiden, ob er sein Auto zu einem teureren oder einem günstigeren Preis lädt. Es gibt Angebote am Markt, die aus Kundensicht die Smart Meter mit Leben erfüllen. Der Kunde kann sich tatsächlich am Markt bewegen." In Schweden würden bereits 40 Prozent der Haushaltskunden ihre Elektrizität zu variablen, also Spot-Preisen kaufen, sagt der Experte, dessen Muttergesellschaft in Tallinn (Estland) sitzt.

Großkunden nutzen heute schon die Möglichkeit, ihre Energiemenge möglichst gering zu halten und Verbrauchsspitzen, zu denen der Strom teurer ist, auszuweichen. So dienten Smart Meter der Vermeidung von Lastspitzen, auch könne die Gefahr überdimensionierter Netze minimiert werden, so Frühwirth. Durch die digitalen Zähler und vor allem durch die 15-minütigen Informationen wird das "System durchschaubarer", so E-Control-Experte Kammerdiener: "Es gibt bessere Prognosen und weniger Ausgleichsenergiebedarf - das heißt das System kann besser ausgenützt werden und es gibt weniger Netzausbau-Bedarf. Auch sollen die neuen Zähler helfen, die Netzkosten verursachergerechter als bisher auf die Verbraucher aufzuteilen. Derzeit trägt die Netzbelastung die Allgemeinheit, also die Mehrheit der Kunden, auch wenn nicht jeder ein Elektroauto aufzuladen oder eine Sauna hat.

Die Umstellung von den alten, schwarzen Ferraris-Zählern auf die modernen Geräte dürfte nach Vermutung der E-Wirtschaft 1,5 bis 2 Mrd. Euro kosten, frühere Schätzungen von knapp über einer Mrd. Euro werden heute als zu niedrig angesehen. Aber man dürfe nicht einseitig "Kosten" betrachten, da diesen ein vielfältiger Nutzen gegenüberstehe, betonen verschiedene Experten. Frühwirth verweist etwa darauf, dass sich durch Smart Meter die Verlegung neuer Kabel oder die Errichtung neuer Trafostationen - für über 100.000 Euro pro Stück - erübrigen können. Es gebe verteuernde und verbilligende Faktoren, so Eigenbauer. Es müssten Zähler seltener abgelesen werden, dafür mehr in IT investiert werden. Wichtig, so Frühwirth, sei den Netzbetreibern in dem regulierten Business, dass ihre Kosten nachvollziehbar seien und von der Regulierungsbehörde anerkannt würden: "Wir können hier gar keinen Riesengewinn realisieren."

(APA/red)

  • VIENNA.AT
  • Österreich
  • Stromrechnung zu hoch? Smart Meter könnten helfen
  • Kommentare
    Kommentare
    Grund der Meldung
    • Werbung
    • Verstoß gegen Nutzungsbedingungen
    • Persönliche Daten veröffentlicht
    Noch 1000 Zeichen