Die langjährigen Streitigkeiten zwischen zwei muslimischen Parteien in Serbien, der gemäßigten Demokratischen Partei des Sandschak (SDP) von Arbeitsministers Rasim Ljajic und der radikaleren Partei der Demokratischen Aktion (SDA) des Minister ohne Geschäftsbereich Sulejman Ugljanin, dürften sich nun auch auf die Belgrader Regierung auswirken. Nach einem Zwischenfall am Samstagabend in Novi Pazar, dem Verwaltungszentrum des Sandschak, stellte Ljajic nun seinen Rücktritt in Aussicht.
Etwa 150 Anhänger Ugljanins wollten am Samstagabend mit Gewalt in die früheren Parteibüros in einem Gemeindegebäude einbrechen. Die Lokalbehörden hatten zuvor den Mietvertrag mit der SDA gekündigt. Die Anhänger Ugljanins wollten die Kündigung aber nicht akzeptieren. Die Lokalbehörden werden von einer SDP-geführten Koalition geleitet.
Beim dem gewaltsamen Einbruch in das Gebäude wurde Sachschaden verursacht. Eine Person erlitt aber auch eine Schusswunde. Die Polizei griff angeblich mit Verzögerung ein und stellte die Ruhe schließlich wieder her.
Ljajic, der in der serbischen Regierung seit 2007 auch für die Zusammenarbeit mit dem UNO-Kriegsverbrechertribunal (ICTY) zuständig ist, sagte der Tageszeitung “Politika” (Montag-Ausgabe), dass die Intervention der Polizei erst nach einem Telefongespräch, das er, Ljajic, mit Innenminister Ivica Dacic führte, erfolgt sei. Dies zeige, dass Ugljanin für seine Schritte auch die Unterstützung bestimmter Strukturen in der Regierungskoalition habe, meinte Ljajic.
Die SDP ist im serbischen Parlament mit vier Abgeordneten vertreten. Sollte die Parteiführung den Austritt aus der Regierungskoalition beschließen, könnte dies der Fortbestand der Regierung gefährden. Die Koalition verfügt derzeit über 128 der 250 Stimmen im Parlament. Ljajic erklärte allerdings gegenüber dem Sender B-92, dass seine Partei bei einem eventuellen Austritt aus der Regierungskoalition “gute Gesetzesentwürfe” unterstützen würde.
In der Öffentlichkeit genießt Ljajic im Gegensatz zu Ugljanin den Ruf eines kontaktfreudigen, toleranten Politikers. “Sie (die Regierungspartner; Anm.) denken wahrscheinlich, Rasim ist tolerant und wird keine Probleme machen, Ugljanin ist verrückt, er kann allerlei anrichten, man sollte ihn ruhig halten”, kommentierte Ljajic.
Der serbische Präsident Boris Tadic war nach der vorgezogenen Parlamentswahl im Mai des Vorjahres bemüht, die zwei führenden muslimischen Parteien des Sandschak in die Regierungskoalition einzubinden. Er hoffte, dass dies auch zur Beilegung ihrer langjährigen Streitigkeiten führen würde. Im Sandschak lebt die Mehrheit der in Serbien ansässigen Bosniaken (Muslime).