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Strafvollzug: Grüne fordern raschen Beschluss für U-Ausschuss

Strafvollzug: Lopatka gegen zusätzlichen U-Ausschuss
Strafvollzug: Lopatka gegen zusätzlichen U-Ausschuss ©APA
Die Grünen fordern einen raschen Beschluss für die Einsetzung eines Untersuchungsausschusses zu den in den vergangenen Jahren bekannt gewordenen Missständen im Strafvollzug.
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Die Grünen pochen auf einen raschen Beschluss für die Einsetzung eines Untersuchungsausschusses zu den in den vergangenen Jahren bekannt gewordenen Missständen im Strafvollzug. Justizsprecher Albert Steinhauser schlug am Freitag bei einer Pressekonferenz in Wien vor, die Probleme zunächst am Beispiel der Justizanstalt Krems-Stein zu untersuchen.

Strafvollzug in Österreich

Steinhauser verwies auf einen bereits im Mai hergestellten Grundkonsens zu diesem U-Ausschuss, der damit ein Mehrheitsausschuss wäre. Von der SPÖ habe man auch seither Signale erhalten, dass man den Strafvollzug auf parlamentarischer Ebene untersuchen will. VP-Klubchef Reinhold Lopatka war im Mai davon ausgegangen, dass noch heuer nach dem Beschluss über die U-Ausschussreform mit der Untersuchung gestartet werden könnte. Sollte die ÖVP nun von dem Grundkonsens abweichen, wäre dies für den Grünen Justizsprecher ein “Wortbruch” Lopatkas.

Die Beschränkung auf Stein wäre laut Steinhauser notwendig, damit der U-Ausschuss “nicht gleich ausufert”. Er glaube darüber hinaus, dass die Probleme in Stein “manifest” für die Probleme im Strafvollzug stehen. In Stein war im Frühjahr die schwere Vernachlässigung eines Häftlings im Maßnahmenvollzug bekannt geworden.

“Abgeschlossenes System” Strafvollzug

Außerdem würde die Begrenzung auf Stein nach den Vorstellungen der Grünen die Möglichkeit bieten, den Ausschuss relativ schnell abzuschließen, bevor der Minderheitsausschuss zur Hypo seine Arbeit richtig aufgenommen habe. Steinhauser schließt aber nicht aus, dass das Untersuchungsthema ausgedehnt werden könnte oder es Nachfolgeuntersuchungen geben könnte, wenn sich entsprechende Hinweise dafür finden würden.

“Mir geht es nicht primär darum, dass irgendein Politiker die gesamte Verantwortung übernimmt”, sagte Steinhauser. Die Abgeordneten sollten hinter das “abgeschlossene System” Strafvollzug schauen, damit sich etwas ändere und “damit Standards geschaffen werden”.

Der Justizsprecher: “Wir haben relativ viele Häftlinge, aber sehr geringe Ressourcen.” In der Justizanstalt Wien-Josefstadt zum Beispiel waren zu Jahresbeginn 1.128 Personen inhaftiert, bei 990 Haftplätzen. Einen Überbelag gebe es in neun Anstalten. Eine der Folgen seien sehr lange Einschlusszeiten: “Mittagessen um 10.45 Uhr, Abendessen um 13.45 Uhr, die Zellen werden um 15.00 Uhr geschlossen”, schilderte Steinhauser. In manchen Haftanstalten sei es sogar noch früher.

700 Insassen in Stein

In 15 Gefängnissen gebe es Hafträume, die für mehr als vier Personen ausgelegt seien. In Kombination mit den langen Einschlusszeiten zählen Übergriffe zu den Folgen. 2013 habe es strafrechtlich relevante Übergriffe in Haft gegeben. 14 sexuelle Übergriffe seien dokumentiert, die Hälfte davon unter Jugendlichen oder jungen Erwachsenen. Es sei zu vermuten, dass die Dunkelziffer um vieles höher ist, sagte der Grüne Justizsprecher.

Steinhauser kritisierte auch die Personalausstattung: Für die psychiatrische Betreuung stehen pro Monat und Häftling 15 Minuten zur Verfügung, bei der medizinischen Betreuung sind es 30 Minuten. In Stein gebe es bei rund 700 Insassen acht Stunden an psychiatrischer Betreuung pro Woche. Steinhausers Fazit: “Immer weniger Mittel für immer mehr Häftlinge. Der österreichische Strafvollzug ist unter diesen Umständen ein reiner Verwahrungsvollzug.

Lopatka gegen zusätzlichen U-Ausschuss

ÖVP-Klubchef Reinhold Lopatka sieht keinen Bedarf für den von den Grünen geforderten Untersuchungsausschuss zum Strafvollzug. Er sieht die Kapazitäten des Parlaments mit der geplanten Prüfung der Hypo Alpe Adria, den beiden Enquetekommissionen und der laufenden Arbeit erschöpft. SP-Klubobmann Andreas Schieder forderte die Grünen auf, darzulegen, wie sie die nötigen Kapazitäten bewältigen wollen.

Endgültig festlegen wollte sich Schieder bei einer Pressekonferenz am Freitag zwar nicht: Die SPÖ habe sich immer offen für eine Untersuchung der Zustände im Strafvollzug gezeigt. Allerdings sollten die Grünen zuerst einen konkreten Vorschlag vorlegen und zweitens müsse man “darüber reden, wie man sich das kapazitäts- und inhaltsmäßig vorstellt”. Zudem stelle sich die Frage, ob ein U-Ausschuss wirklich nötig sei, oder ob es auch andere Möglichkeiten geben könnte, Missstände abzustellen und zu verhindern, meinte Schieder.

Kein Antrag bekannt?

Lopatka verwies außerdem darauf, dass die Opposition die Einsetzung von Untersuchungsausschüssen mittlerweile selbst in der Hand habe. Sein Eindruck sei bisher aber gewesen, dass die Opposition vordringlich die Hypo Alpe Adria untersuchen wolle. Für einen zusätzlichen Ausschuss neben dem Hypo-Ausschuss sieht er keine Möglichkeit: “Irgendwo gibt es auch von den Kapazitäten her einen Punkt, wo man an eine Grenze gelangt.”

Außerdem betonte der VP-Klubchef, noch keinen konkreten Antrag der Grünen zur Einsetzung eines U-Ausschusses zum Strafvollzug zu kennen und forderte Steinhauser auf, “mich zu besuchen”. Er wisse jedoch, dass Justizminister Wolfgang Brandstetter (ÖVP) den Handlungsbedarf erkannt, die Justizwache aufgestockt und die Strafvollzugsdirektion neu organisiert habe. “Der Justizminister ist ganz sicher ein Garant dafür, dass dort, wo es Missstände gegeben hat, nichts zugedeckt wird” und “Konsequenzen gezogen werden”, so Lopatka.
(APA)

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