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Strache-Video auf Ibiza: Datenschützer kritisiert Veröffentlichung

Der Datenschützer kritisiert die Veröffentlichung des Videos scharf.
Der Datenschützer kritisiert die Veröffentlichung des Videos scharf. ©APA/AFP/SPIEGEL and Sueddeutsche Zeitung
Stefan Brink, Baden-Wüttembergs Datenschutzbeauftragter, kritisierte am Sonntag die heimliche Aufzeichnung des Videos mit HC Strache (FPÖ) und die Veröffentlichungen in "Spiegel" und "SZ".
Heimliche Aufnahmen von Strache veröffentlicht

“Wenn wir politische Gegner hintergehen, ihre Privatsphäre verletzen und sogar kriminelles Unrecht begehen, schaden wir letzten Endes unserer politischen Kultur und damit uns allen”, so Brink auf Twitter.

Veröffentlichung des Videos “schieße über das Ziel hinaus”

Die Veröffentlichung des aus seiner Sicht illegal aufgenommenen Videos zeitgleich mit der ersten Berichterstattung schieße über das Ziel hinaus, erklärte Brink am Sonntag auf Nachfrage. Die Presse entscheide zwar selbst, was sie veröffentliche, sie müsse aber auch gegenläufige Grundrechte beachten. “Dazu gehören auch die Persönlichkeitsrechte und dazu gehört auch der Datenschutz”, sagte er. Es gehe ihm darum, eine Debatte anzustoßen.

Skandal-Video um Heinz-Christian Strache auf Ibiza heimlich aufgenommen

In dem 2017 heimlich aufgenommenen Video verspricht Strache einer angeblichen russischen Oligarchin für Wahlkampfhilfe unter anderem öffentliche Aufträge, sollte die FPÖ an die Regierung kommen. Das Treffen war offenbar als Falle organisiert worden – von wem, ist nicht bekannt. Auch das kritisierte Brink. Wenn man ein solches Vorgehen durchgehen lasse, sei nicht nur die politische Kultur infrage gestellt, sondern auch die Handlungsfähigkeit des politischen Systems, sagte er.

In der Debatte bei Twitter schrieb er, Politiker könnten ihren Job nicht mehr machen, wenn sie sich auch bei nicht öffentlich geführten Gesprächen darauf einstellen müssten, heimlich abgehört und aufgezeichnet zu werden und dass dies dann noch mit Bild und Ton veröffentlicht werde.

Deutscher Journalistenverband: Veröffentlichung gedeckt

Aus Sicht des Deutschen Journalisten-Verbands (DJV) war die Veröffentlichung des Skandal-Videos mit dem früheren FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache gerechtfertigt. Natürlich sei es eine Abwägungsfrage, ob ein nicht genehmigter Mitschnitt veröffentlicht werden dürfe, sagte DJV-Vorsitzender Frank Überall der Deutschen Presse-Agentur am Montag. “Ich glaube, hier ist es so eindeutig, diese Aussagen von einer Person des öffentlichen Lebens, dass das an dieser Stelle gedeckt ist.”

“Süddeutsche Zeitung” und “Spiegel” hatten am Freitag über das offenbar heimlich gedrehte Video berichtet und kurze Ausschnitte daraus online gezeigt. Darauf ist der am Wochenende zurückgetretene Vizekanzler Strache 2017 bei einem Treffen mit einer vermeintlichen russischen Oligarchin auf Ibiza zu sehen. Dabei hat er ihr öffentliche Aufträge in Aussicht gestellt, wenn sie seiner Partei FPÖ zum Wahlerfolg verhelfe. Strache und der Ex-FPÖ-Klubobmann Johann Gudenus räumten die Zusammenkunft gegenüber den beiden Medien ein. Die Berichterstattung führte zu Straches Rücktritt sowie zum Bruch der rechtskonservativen Regierungskoalition Österreichs.

“Es wäre natürlich völlig undenkbar, dass Journalistinnen oder Journalisten eine solche “Falle” stellen”, sagte Überall. “Das entspricht nicht den ethischen Regeln einer Recherche. Aber wir haben es hier mit einem Video zu tun, das in der Welt ist. Und der entscheidende Punkt für mich ist, dass der Inhalt des Videos von den Protagonisten nicht bestritten wird.” Andernfalls wäre die Situation eine andere.

Öffentliche Interesse überwiegt

Als strittigen Punkt sieht Zeger jedoch die Urheberrechtsinteressen der heimlich gefilmten FPÖ-Politikern Strache und dem mittlerweile zurück- und aus der Partei ausgetretenen Ex-Klubchef Johann Gudenus. “Es geht hier nicht um eine rein private Geschichte”, betonte Zeger. Vielmehr habe sich Strache “als der große Diktator von Österreich gebärdet mit dem Hinweis auf Ämter”. Möglicherweise gebe es in dem Video auch Sequenzen, die “rein privater Art sind. Aber die wurden bisher ohnedies nicht veröffentlicht”, sagte der Datenschützer.Er wies darauf hin, dass die Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) in den Nationalstaaten unterschiedlich ausgelegt worden ist. In Österreich wurde das, was darin enthalten ist, “für journalistische Tätigkeiten, um die Meinungsfreiheit zu erleichtern, abweichend geregelt”. Das heißt im Klartext: “Die DSGVO gilt für journalistische Tätigkeiten nicht”. Zeger betonte, dass im Prinzip jeder, “der auch nur irgendetwas Journalistisches macht, sei es ein Blog oder eine Webseite – sich darauf berufen kann.

In Österreich gibt es kein Beweisverwertungsverbot

Was übrig bleibt sei das Recht auf das eigene Bild, das Urheberrecht. Demnach dürfen Informationen nicht verwertet werden, die die Interessen des Betroffenen beeinträchtigen, erläuterte Zeger. Allerdings müsse auch hier unterschieden werden, ob es sich um eine Person des öffentlichen Interesses, einen Amtsträger handelt, oder um eine Privatperson. “Das könnte man diskutieren”, beurteilte der Datenschützer. Hier könnten die Gefilmten auf dem Zivilrechtsweg Schadenersatz vom Urheber der Videos einklagen. “Das Recht auf das eigene Bild ist ziemlich streng.” Allerdings sei das eine Sache von Gerichten und “mittlerweile ist Strache ja zu einer Person der absoluten Zeitgeschichte geworden”. Und Personen des öffentlichen Interesses “müssen sich mehr gefallen lassen”. Das sei nun eine Abwägungsfrage, “war das noch ein zulässiger Eingriff oder nicht”, darüber “kann man noch streiten”.

Zeger betonte außerdem, dass es in Österreich kein Beweisverwertungsverbot gib. “Auch rechtswidrig beschaffte Daten können bei Gericht verwendet werden”, sagte er. Denn das Beweisverwertungsverbot sei eingeschränkt und gelte beispielsweise nur, “wenn der Staat im Zusammenhang mit dem Großen Lauschangriff etwas macht”. “Das Video kann frei verwertet werden, wenn es um die Prüfung möglicher krimineller Aktivitäten durch heimische Gerichte geht”, konkretisierte der Chef der Arge Daten.

In Summe gebe es zahlreiche unterschiedliche juristische Aspekte zu beachten. Noch dazu wurde das Video ja noch vor Inkrafttreten der DSGVO angefertigt. “Ich habe Zweifel daran, dass man aus dem Datenschutz heraus irgendwas konstruieren kann”, sagte Zeger. Sein Fazit laute jedoch: Aus österreichischer Sicht betrachtet müsse Strache “die Krot schlucken”.

(APA/Red)

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