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Stille Rebellion oder nur ein Tik-Tok Trend?

Auf TikTok findet man aktuell neue Trends mit den Hashtags #QuietQuitting oder #BareMinimumMonday. Gemeint sind damit Begriffe, die mit neuen Arbeitsstrukturen zusammenhängen. Müssen wir Arbeit neu denken, oder macht Tik-Tok faul? WANN & WO hat bei Wirtschaftspsychologe Dr. Michael Sprenger nachgefragt.

Die Arbeitswelt spielt für die Generation Z eine wichtige Rolle. Auf TikTok kursieren daher auch viele Trends, die zeigen, wie man seine Arbeit bequem gestalten kann. Für die ältere Generation ist dieses Denken jedoch oft "zu  bequem". Der altbekannte Spruch "schaffa schaffa, Hüsle baua" scheint nicht mehr zeitgemäß zu sein. Denn bis in die Nacht hinein zu  arbeiten oder Tätigkeiten weit über den Arbeitsvertrag hinaus zu erledi- gen, ist für junge Erwachsene kaum mehr vorstellbar. Bereits die allseits bekannte 4-Tage-Woche zeigt, dass Freizeit zu einem wichtigen Teil geworden ist. "Quiet-Quitting" bezeichnet das Konzept, nur die im Vertrag festgelegte Arbeit zu erledigen und nicht mehr. Auf diese Weise können ArbeitnehmerInnen nicht aufgrund von Arbeitsverweigerung entlassen werden.

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"Bare-Minimum-Monday"

Im Gegensatz zum "Quiet-Quitting" besteht das Prinzip des "Bare-Minimum-Monday" darin, so angenehm wie möglich in die Woche zu starten. Unwichtige Aufgaben sollen auf den Rest der Woche verschoben werden  und der Montag soll so entspannt wie möglich gestaltet werden, mit vielen Pausen und wenig Stress. Angeblich soll es einen Burn-out vorbeugen.

Verschiedene Prioritäten

Mit dem Wandel der Zeit haben sich auch die Prioritäten der Jugendlichen geändert. Es wird viel mehr Wert auf Freizeit gelegt. Durch die Unterstützung neuer Technologien wie Chat GPT und Co. sind Aufgaben leichter zu bewältigen, was zu einer effektiveren Arbeitsweise führt. "Man muss eine Balance zwischen beruflichen Anforderungen und privater Bedürfnisse schaffen", meint Wirtschaftspsychologe Michael Sprenger. Die Internetseite Greatplacetowork.at führt sieben Punkte an, die die Generation Z von ihrem Arbeitgeber erwartet. Neben einer wertschätzenden Unternehmenskultur sind den Jugendlichen Themen wie Klimawandel und Nachhaltigkeit sehr wichtig. Wenn man die Anliegen der jungen Menschen versteht und sich als Arbeitgeber damit auseinandersetzt, kann man eine attraktive Umgebung für potenzielle BewerberInnen schaf- fen. Möglicherweise ist eine umfassende Umstrukturierung erforderlich, die für beide Seiten akzeptabel ist.

Wichtige Zusammenarbeit

Michael Sprenger ist der Ansicht, dass sich sowohl ArbeitgeberInnen, als auch ArbeitnehmerInnen einig werden müssen. "Es für beide Parteien von Interesse, ein positives Arbeitsumfeld zu schaffen", sagt der Arbeits- und Wirtschaftspsychologe. Für ihn ist es zwar durchaus wichtig, dass man gewisse Grenzen hinsichtlich permanenter Erreichbarkeit zieht, jedoch gäbe es auch Situationen, in denen eine höhere Einsatzbereitschaft erforderlich sei. ArbeitgeberInnen, die ein Maß an gesundheitsförderlichen Maßnahmen schaffen, seien seines Erachtens langfristig besser unterwegs. Die Arbeit sei eine wichtige Quelle für Positives und eine gute Möglichkeit, sich in bestimmten Themen weiterzubilden. Ein Motivationsanreiz sei für beide Parteien wertvoll.

3 Fragen an Dr. Michael Sprenger

Selbstständiger Arbeits- und Wirtschaftspsychologe aus Feldkirch

Müssen wir unsere Arbeitsmoral überdenken oder ist Gen Z einfach nur faul?

Aus meiner Sicht ist es ein Trugschluss, die Gen Z generell als faul zu bezeichnen. Selbstverständlich gibt es auch in der Gen Z ein hohes Leistungsbewusstsein. Ich denke, dass es aktuell wichtiger denn je ist, eine Balance zwischen den Anforderungen im Beruf und der Erfüllung privater Bedürfnisse zu erreichen. Dies gilt auch für ältere Generationen. Es ist durchaus positiv, Grenzen hinsichtlich permanenter Erreichbarkeit zu setzen und Vereinbarungen hinsichtlich Zuständigkeiten einzuhalten. Und natürlich gehört es auch dazu, dass in bestimmten Situationen in Unternehmen ein höherer Arbeitsaufwand erforderlich ist. Das Phänomen des „Quiet-Quitting“ polarisiert stark. Aus meiner Sicht ist die Umsetzbarkeit nicht auf ein „Entweder-oder“-Prinzip reduziert.

Könnten sich Arbeitnehmer und Arbeitgeber in Bezug auf Arbeit einig werden?

Das Ziel sollte sein, dass sich Arbeitnehmerinnen und Arbeitgeberinnen einig werden. Ich glaube auch, dass dies möglich ist. Auf lange Sicht sind Unternehmen mit gesundheitsförderlichen Arbeitsbedingungen erfolgreicher darin, Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zu halten und zu hervorragenden Leistungen zu motivieren. Arbeit ist eine Quelle vieler positiver Faktoren, wie z. B. die Möglichkeit, einen sinnvollen Beitrag zu leisten und sich in bestimmten Themen weiterzuentwickeln und weiterzubilden. Die Herausforderung wird darin bestehen, die positiven Aspekte der Arbeit verstärkt herauszustellen, Mitgestaltungsmöglichkeiten zu schaffen und Anreize zur Motivation zu setzen. Dabei können beide Seiten profitieren.

Weshalb ist das Thema bei den Jugendlichen gerade aktuell?

Das Thema ist nicht grundsätzlich neu. Auch in anderen Generationen gab es und gibt es nach wie vor den Begriff der „inneren Kündigung“ oder den Begriff „Dienst nach Vorschrift“. Neu ist, dass persönliche Wertvorstellungen stärker eingefordert werden, dass mehr danach gestrebt wird, das „Warum“ und „Wozu“ zu ergründen und gepaart mit den Möglichkeiten von Social Media hier wesentlich mehr Aufmerksamkeit und Commitment generiert wird. Auf diese Herausforderungen gilt es gemeinsam, die passenden Antworten zu finden.

(WANN & WO)

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