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Vegane Fleischerei: Tierfrei und lecker im Ländle?

©CanvaPro/VGT/Fleischer Vorarlberg
Vegane Fleischereien gibt es mittlerweile in vielen Städten. Funktioniert das auch im Ländle, darf man sich bald auf eine vegane Metzgerei freuen? VOL.AT sprach mit Veganismus-Expertin Ann-Kathrin Freude und Fleischer-Innungsmeister Gerold Hosp.
Vegan ins neue Jahr

Vegetarismus und Veganismus: Diese Trends sind gekommen, um zu bleiben. Der teilweise oder ganze Verzicht auf tierische Produkte ist weltweit auf dem Vormarsch.

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Veganer und Vegetarier in Österreich

In Österreich ernährten sich im Jahr 2021 laut einer Schätzung von Statista ganze 840.000 Menschen vegetarisch, etwa 106.000 Personen leben vegan. Die Zahlen sind steigend. Dementsprechend wächst auch das Angebot für fleischfreie Kost: In der österreichischen Bundeshauptstadt Wien wie auch in diversen deutschen Städten eröffneten in den letzten Monaten mehrere vegane Fleischereien. Moment - vegane Fleischereien? Was ist das? Wie geht das? Ginge das auch in Vorarlberg? VOL.AT hat sich diesbezüglich im Ländle etwas umgehört.

Veganismus wegen Tierschutz, nicht wegen dem Geschmack

Grundsätzlich bieten vegane Fleischereien an, was auch jede andere Metzgerei im Sortiment hat: Wurst, Faschiertes, Schnitzel - nur eben ohne Tier. Viele bieten dazu noch veganen Käse an - auch hier gibt es bereits eine große Bandbreite. "Ich finde dieses Konzept super", sagt Ann-Kathrin Freude, Tierschutzaktivistin beim Verein gegen Tierfabriken (VGT) und Mitgründerin des veganen und nachhaltigen Vereins "pure". "Gerade für Flexitarier (Personen, die ihren Fleischkonsum bewusst einschränken, Anm. d. Red.) sind Fleischersatzprodukte wichtig, da sie die Umstellung erleichtern und man Verschiedenes ausprobieren kann." Auch viele Veganer würden sich darüber freuen: "Die meisten leben ja vegan, weil sie Tiere schützen wollen und nicht, weil sie den Geschmack von Fleischprodukten nicht mögen." Eine vegane Fleischerei habe den großen Vorteil, "dass ich Produkte dort im Gegensatz zum Supermarkt auch ohne Plastikverpackung bekomme, außerdem erhalte ich im Fachgeschäft auch eine Beratung zur Zubereitungsweise und vielleicht sogar ein Rezept", so Ann-Kathrin. Das mache das Angebot niederschwelliger und erleichtere Neugierigen den Zugang.

Eine kalte Platte mit Produkten der "Fleischloserei", Wiens erster veganer Fleischerei. (Foto: Fleischloserei)

Hat eine solche "Vleischerei" auch in Vorarlberg Platz? "Ich denke, ja", sagt Ann-Kathrin Freude. "Wir haben im Ländle mehrere tausend VeganerInnen und nochmal mehrere tausend Menschen, die sich für vegane Ernährung interessieren. Die Neugier steigt auch stetig, wie etwa der tägliche Zuwachs zu unseren themenbasierten Facebook-Gruppen zeigt", erläutert die Aktivistin.

Fleischer-Innungsmeister Gerold Hosp, Tierschutz- und Veganismus-Aktivistin Ann-Kathrin Freude. (Fotos: Fleischer Vorarlberg / Verein Gegen Tierfabriken)

Etwas anders sieht das Gerold Hosp, Innungsmeister der Vorarlberger Fleischer. "Wenn man sich umschaut, wie viele vegane Ersatzprodukte schon in den diversen Handelsketten vertrieben werden, glaube ich nicht, dass man glücklich wird, wenn man in seinem Geschäft nur tierfreie Produkte produziert. Ein spezielles Produkt wie etwa ein fleischfreier Burger funktioniert sicher, aber rein vegan - das denke ich eher nicht", sagt der Besitzer der Satteinser Metzgerei Hosp. Das sei ja auch eine Kostenfrage: "Fleischersatzprodukte sind teuer - ich bin noch nicht davon überzeugt, dass das für die Konsumenten auf Dauer leistbar ist."
Er kenne dennoch einige Kollegen, "die sich mit dem Thema auseinandersetzen. Sie bekommen oft Rezepturen von Gewürzfirmen zur Verfügung gestellt. Genauso gibt es aber viele, die bei ihrem Kerngeschäft bleiben."

"Auf natürlichem Weg ist Bratwurst-Geschmack nicht zu erreichen"

Was die Zutaten angeht, steht Hosp Ersatzprodukten eher kritisch gegenüber: "Ich frage mich, ob das wirklich eine Alternative ist. Wenn ich kein Fleisch essen will, aber den Geschmack einer Bratwurst mag, kann ich zwar zu einer veganen Variante greifen, allerdings muss ich dann damit rechnen, dass die Liste der Inhaltsstoffe sehr lang ist und viele künstliche Zusätze beinhaltet. Auf natürlichem Weg ist ein Bratwurstgeschmack eben nicht zu erreichen." Lobenswert findet er den bewussteren Fleischkonsum der Vorarlberger: "Dieser Trend kommt uns Metzgern sehr entgegen. Zwar essen viele Menschen weniger Fleisch, aber wenn sie es tun, legen sie viel mehr Wert darauf, woher es kommt - und darum kaufen sie es beim Metzger, weil sie dort nach der Herkunft fragen können. Bei uns gibt es eine Auskunft statt dem Etikett."

In Sachen Zutatenliste und Regionalität sieht Ann-Kathrin Freude das Ländle hingegen auch in der veganen Sparte auf dem Vormarsch. "Vorarlberg denkt nachhaltig und hat viel Landwirtschaft. Ich kenne so viele junge Bauern, die gerade einen Betrieb übernehmen oder selbst gründen und neben Gemüse zum Beispiel auch Pilze, Soja oder Hanf anbauen. Die Produkte für vegane Fleischereien könnte man also sogar regional produzieren."

"Kein Schwein, kein Schnitzel"

Doch darf das "Vleisch" überhaupt so heißen? Nicht selten regen sich gerade in sozialen Medien "eingefleischte" Konsumenten tierischer Produkte über die Namensgebung veganer und vegetarischer Alternativen auf. "Es ist kein Schwein, also darf man es auch nicht Schnitzel nennen", lautet häufig der Tenor. Dem setzt Ann-Kathrin Freude lachend entgegen: "Ein Schnitzel oder Nugget ist ja auch nicht die Urform eines Tiers - da hat halt einmal jemand einen praktischen Zuschnitt gefunden und den so genannt. Wenn ich ihn also ersetzen will, muss ich das Produkt in der Kühltruhe ja auch finden, wie soll ich es also sonst nennen? Und da ein Fleischesser ja sowieso nicht zum Ersatzprodukt greifen wird, was stört's?"

Infos zu pflanzenbasierter Ernährung in Vorarlberg gibt es beim Verein "pure". Mehr zu bewusstem Fleischkonsum und hochwertigen Produkten erfährt man auf der Seite der Vorarlberger Fleischer.

(Red.)

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