Stichwort: Bedeutung neuer US-Zölle für Exporte, Wachstum und Preise

Das dürfte der Wirtschaft den Zugang zu ihrem wichtigsten Markt erheblich erschweren. Hier eine Auflistung möglicher Folgen für Exporte, Wachstum und Inflation in Österreich und Europa:
Wer bezahlt die Zölle?
Zunächst einmal die in den USA ansässigen Unternehmen, die Waren aus Europa bestellen und den neuen Aufschlag an die Regierung abführen. "Die Zolleinnahmen sind beeindruckend – 700 Mrd. Dollar pro Jahr", sagt US-Handelsminister Howard Lutnick zu den erwarteten Einnahmen aus den neuen Zolldeals Washingtons. "Das ist reines Neugeld, über das die Regierung zuvor nie verfügt hat." Zahlen müssen die Abgabe an den Staat jedoch amerikanische Unternehmen, die die Waren im Ausland bestellen. Sie können versuchen, einen Teil der Kosten an die heimischen Kunden abzuwälzen. Sie können auch geringere Gewinne in Kauf nehmen, um die Kundschaft nicht mit höheren Preisen zu verprellen. Oder sie erzielen mit ihren Lieferanten aus Deutschland und Europa eine Übereinkunft, dass diese ihre Waren günstiger als bisher liefern und so zumindest einen Teil der Zollkosten übernehmen.
Bedeutung der USA für Austro-Exporteure
Die Vereinigten Staaten sind hinter Deutschland und vor Italien zweitwichtigster Auslandskunde. Allerdings werden auch viele Produkte aus Österreich in Deutschland weiterverarbeitet und etwa als Teil von Autos von dort in die USA exportiert. Der Handelsüberschuss Österreichs betrug im Vorjahr 8,5 Mrd. Euro. Exporte in der Höhe von 16,23 Mrd. Euro standen Importe mit einem Warenwert von 7,72 Mrd. Euro gegenüber. Deutschland exportierte Waren im Wert von mehr als 161 Mrd. Euro in die USA, die dort vor Frankreich und den Niederlanden den höchsten Handelspartner darstellen.
Was sich ändert
Zwar ist der ausgehandelte Kompromiss von 15 Prozent deutlich niedriger als die von Trump angedrohten 30 Prozent. Vor dessen Amtsübernahme im Jänner galt allerdings nur ein Zollsatz von rund 2,5 Prozent. Künftig dürfte der durchschnittliche US-Zollsatz auf Lieferungen aus der EU um mehr als zehn Prozentpunkte im Vergleich zu 2024 steigen, rechnen die Commerzbank-Ökonomen Ralph Solveen und Vincent Stamer vor.
Exportrückgang prognostiziert
Die höheren Zölle verschlechtern doch die Wettbewerbssituation europäischer Hersteller in den Vereinigten Staaten. "Dies wird vielen Unternehmen den Zugang zu ihrem wichtigsten Auslandsmarkt, in den mehr als 500 Mrd. Euro bzw. 20 Prozent der EU-Exporte gehen, merklich erschweren", rechnen die Commerzbank-Ökonomen vor. "Wir gehen davon aus, dass dies die EU-Exporte in die USA über die kommenden zwei Jahre um etwa ein Viertel drücken wird."
Auswirkungen auf gesamtes Wirtschaftswachstum
Zwar geht eine absolut überwiegende Mehrheit der Exporte aus Europa in andere Länder als die USA. Dennoch dürften dezidierte Exportnationen wie Österreich und Deutschland die höhere Handelshürde auch konjunkturell spüren. Das Bruttoinlandsprodukt könnte sich in Deutschland jährlich um knapp 0,2 Prozent reduzieren, rechnet die VP Bank vor. "Die Wachstumsbelastungen fallen in eine Zeit, in der ohnehin die europäischen Schlüsselindustrien unter enormem Druck stehen", sagt deren Chefvolkswirt Thomas Gitzel. Wifo-Ökonom Harald Oberhofer wiederum glaubt, dass sich Exportgeschäfte der EU in die USA "sicher dämpfen werden". Des weiteren könnte es Einwendungen der Welthandelsorganisation WHO geben.
Inflation könnte in Europa gedämpft werden
Die EU verzichtet darauf, als Gegenmaßnahme die Zölle für Importe von Waren und Dienstleistungen aus den USA heraufzusetzen. Das dürfte die Inflation in Europa dämpfen, erwartet Ökonom Uwe Hohmann vom Bankhaus Metzler. Höhere Zölle hätten wohl höhere Verbraucherpreise bedeutet - etwa, wenn die EU die dominierenden Digitalkonzerne von Netflix bis Microsoft mit höheren Zöllen oder Steuern belegt hätte. Für sie gibt es kaum europäische Alternativen, sie hätten also relativ leicht höhere Kosten auf ihre Kunden abwälzen können. Zudem könnten heimische Waren, die wegen der höheren Zölle nicht mehr nach Amerika verkauft werden können, zusätzlich auf dem europäischen Markt landen. Ein höheres Angebot könnte die Preise drücken.
(APA)