AA

Steuerreform: Beschäftigte bleiben laut Arbeiterkammer auf der Strecke

Die Pressekonferenz zur Steuerreform ging am Wochenende über die Bühne.
Die Pressekonferenz zur Steuerreform ging am Wochenende über die Bühne. ©APA/HERBERT NEUBAUER (Symbolbild)
Die Arbeiterkammer Oberösterreich vertritt die Ansicht, dass die Beschäftigten in der geplanten Steuerreform "viel zu kurz" kommen.
Steuerreform mit Kritik konfrontiert
CO2-Emissionen: 2022 bringt Steuer

Stattdessen bringe sie ein "milliardenschweres Steuergeschenk an Großkonzerne", kritisierte die Interessenvertretung in einer Presseaussendung am Montag.

Steuerreform: Positive Reaktion auf Klimabonus

Präsident Johann Kalliauer verwies auf AK-Berechnungen wonach die Erleichterungen bei der Lohn- und Einkommensteuer weniger ausmachen würden, als die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer dem Finanzminister an kalter Progression schon vorausgezahlt hätten. Seit der letzten Tarifreform habe die kalte Progression jährlich für ein zusätzliches Körberlgeld für den Finanzminister gesorgt. In Summe mache das mehr aus als die aktuelle Tarifsenkung den Menschen zurückgebe.

Den Klimabonus begrüßt Kalliauer im Grunde. Doch der regionale Ausgleich bringe Gewinner und Verlierer und sollte kein Ersatz für die Reform der Pendlerpauschale sein. Die Qualität der Anbindung an öffentliche Verkehrsmittel sei nur bedingt ein geeigneter Indikator für die Mehrbelastung durch die CO2-Bepreisung. In den Städten lebende Mieter - oftmals mit Gasheizung und schlechter Dämmung - würden hier potenziell als Verlierer aussteigen. Auch Menschen mit langen Pendelwegen am Land könnten benachteiligt sein, während bei jenen ohne Pendelwege überkompensiert werde.

AK-Präsident: Beschäftigte keine Gewinner der Steuerreform

Ein Dorn im Auge ist dem AK-Präsidenten besonders die Senkung der Körperschaftssteuer (KöSt). Diese sei unnötig und konterkariere die weltweiten Bemühungen zur Beendigung des Steuerwettbewerbs zwischen den Staaten. Er beurteilt sie als ein "riesiges Steuerzuckerl für wenige Großbetriebe, ohne nachweisbare Wachstumseffekte und ohne wirtschaftlicher bzw. standortpolitischer Notwendigkeit". Bei der KöSt gebe es keine kalte Progression - das Steuergeschenk für Unternehmen sei daher dauerhaft, die Beschäftigten hingegen würden zu den Verlierern der Steuerreform zählen. Der Staat habe die Unternehmen in der Coronakrise großzügig unterstützt, damit sie gut durch diese kommen. Jetzt sollten auch sie sich beteiligen. Kalliauer fordert deshalb höhere Beiträge von Millionenvermögen und internationalen Großkonzernen.

SPÖ-Bundesgeschäftsführer übt Kritik

Von der Senkung der Einkommensteuerstufen hätten jene Menschen, die weniger als 18.000 Euro im Jahr verdienen, nichts, kritisierte SPÖ-Bundesgeschäftsführer Christian Deutsch in einer Aussendung: "Besonders betroffen sind Frauen, Studierende und Teilzeitbeschäftigte, die auch unter der aktuellen Teuerung und den hohen Wohnungs- und Energiekosten leiden." Die Unternehmen bekämen dagegen über die KöSt-Senkung ein Zuckerl. VP-Generalsekretär Axel Melchior replizierte umgehend, dass es unter Kanzler Sebastian Kurz (ÖVP) deutlich mehr Entlastung für arbeitende Menschen als unter seinen SPÖ-Amtsvorgängern gebe.

FPÖ-Umweltsprecher Walter Rauch wiederum meint, dass vor allem Menschen im ländlichen Raum künftig ordentlich zur Kasse gebeten würden, da die CO2-Steuer bis 2025 den regional gestaffelten Ökobonus von 200 Euro pro Jahr übertreffen werde: "Berechnungen ergeben, dass dem Durchschnittshaushalt bei einem Preis von 50 bis 55 Euro Mehrkosten in der Höhe von rund 250 Euro entstehen."

Seitens der NEOS kritisierte Wirtschaftssprecher Gerald Loacker: Dass die Kalte Progression nicht einmal angegangen wird, sei ein Armutszeugnis. Die stark steigende Inflation werde zudem dafür sorgen, dass die Effekte dieser "Reform" rasch wieder verpuffen würden.

Armutskonferenz: Arme Menschen schlimmer von Klimakrise betroffen

Die Klimakrise treffe Arme ärger als Reiche, gleichzeitig aber verursachten die Reichsten im Land die meisten Treibhausgase, argumentiert die Armutskonferenz. Beide Tatsachen machten klar, dass Klimaschutz nur dann erfolgreich sein werde, wenn er das untere Einkommensdrittel entlaste und den Betroffenen nicht weitere Bürden auferlege.

Das sozialliberale Wiener Momentum Institut kritisiert den niedrigen Einstiegspreis für CO2. "Lenkungseffekte kann man so auf absehbare Zeit kaum erzielen", sagte Momentum-Chefökonom Oliver Picek. Die Mieter, die nicht auf andere Heizarten ausweichen könnten, würden außerdem bei der Rückverteilung nicht berücksichtigt. Kritisch sieht Picek auch die Senkung der Körperschaftsteuer, von der nur große Unternehmen profitieren würden. Während die Entlastung von Arbeitseinkommen langfristig von der kalten Progression aufgezehrt werde, belaste die Senkung der KöSt das Budget dauerhaft.

AK glaubt an Verschlechterung durch Steuerreform

Nach Ansicht der Arbeiterkammer bringt die Steuerreform Verschlechterungen für Pendler und für Mieter, die mit Öl- und Gas heizen. "Damit PendlerInnen besser aussteigen, schlagen wir eine Reform des Pendlerpauschale Richtung Pendlerabsetzbetrag vor", sagt AK Steuerexperte Dominik Bernhofer. Für die betroffenen Mieter fordert die AK ebenfalls Nachbesserungen und eine Kostenbeteiligung der Vermieter.

Nicht sehr angetan von der Reform ist der Fachverband der Pensionskassen, weil dabei die Altersvorsorge ganz übersehen worden sei. Obmann Andreas Zakostelsky wünscht sich für die Altersvorsorge die Einführung einer Anlageform auf Basis einkommensteuerbefreiter Eigenbeiträge in betriebliche Pensionen, wenn eine nachhaltige Anlageform gewählt wird. Auch der Interessenverband der Anleger (IVA) hätte sich mehr gewünscht: Einzig die steuerliche Freistellung einer Mitarbeiterbeteiligung bis 3.000 Euro wirke sich direkt aus. Die KöSt-Senkung sei zu gering ausgefallen, fiktive Eigenkapitalverzinsung oder Verbesserungen am bestehenden KESt-System weiter offen.

Die Kammer der Steuerberater und Wirtschaftsprüfer begrüßt die Senkung von Körperschaft- und Lohn/Einkommensteuer. Jede langfristige Maßnahme wie die Senkung der Körperschaftsteuer sei goldrichtig, wenn sie mehr Liquidität und Eigenkapital bringe. So könnten Sicherheitspolster aufgebaut werden, um Krisenzeiten aus eigener Kraft bewältigen zu können.

Steuerreform erhält Lob

Lob für die Steuerreform kommt auch von der Transportbranche und den Land- und Forstwirten. Die Regierung habe den Preispfad für den CO2-Preis "mit Augenmaß" gewählt, sagte Spartenobmann Alexander Klacska. Für die Branche sei die Einführung der CO2-Bepreisung "schmerzhaft, da sie zum überwiegenden Teil derzeit auf fossile Energieträger angewiesen ist". Landwirtschaftskammer-Präsident Josef Moosbrugger sieht in der Steuerreform 2021 gar eine "zukunftsweisende Weichenstellung". Speziell die investierenden Agrar- und Forstbetriebe würden weiter gestärkt.

Das Energieinstitut an der Johannes-Kepler-Universität hat in einer ersten schnellen Analyse berechnet, dass sich die Steuerreform im Zeitraum 2022 bis 2025 positiv auf das Bruttoinlandsprodukt auswirken wird - das BIP soll 2025 um 1 Prozent höher ausfallen, also um mindestens 5 Mrd. Euro. Zu einem Beschäftigungsabbau werde es durch die Preiserhöhungen nicht kommen, insgesamt seien die Auswirkungen aufgrund der Kompensationsmaßnahmen sogar leicht positiv. Durch die Steuerreform würden im Jahr 2025 rund 8 Prozent der CO2-Emissionen eingespart.

(APA/Red)

  • VIENNA.AT
  • Wien
  • Steuerreform: Beschäftigte bleiben laut Arbeiterkammer auf der Strecke
  • Kommentare
    Kommentare
    Grund der Meldung
    • Werbung
    • Verstoß gegen Nutzungsbedingungen
    • Persönliche Daten veröffentlicht
    Noch 1000 Zeichen