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Steuerreform mit Kritik von Opposition und NGOs konfrontiert

Die Steuerreform ist in den Augen der FPÖ "eine reine Mogelpackung zulasten der Bevölkerung".
Die Steuerreform ist in den Augen der FPÖ "eine reine Mogelpackung zulasten der Bevölkerung". ©APA/ROBERT JAEGER (Symbolbild)
Die Steuerreform von ÖVP und Grünen löst bei NGOs nicht gerade Begeisterungsstürme aus. Die Opposition äußerte sich ebenfalls: Die FPÖ ortet bei der Reform "eine reine Mogelpackung zulasten der Bevölkerung", in den Augen der SPÖ ist sie "weder sozial noch ökologisch" und die NEOS sehen "nicht mehr als eine Umverteilungsreform".

Die Mehrkosten für Autofahren und Heizen würden mit dem angekündigten Klimabonus "mit Sicherheit nicht abgedeckt werden", glauben FPÖ-Chef Herbert Kickl und Budgetsprecher Hubert Fuchs. "Offensichtlich wollen Türkise und Grüne die Bürger mit dieser Mogelpackung für dumm verkaufen." Steuern würden das Klima nicht retten können, "sondern nur Anreize mit Hausverstand", kritisierten Kickl und Fuchs eine "Belastungsmaschinerie von ÖVP und Grünen".

Meinl-Reisinger über Steuerreform und Mittelstand

"Die Konzerne und die Bauern können sich auf den Schutz des Spendenkanzlers verlassen. Warum die Grünen dabei mitmachen, ist freilich ein Rätsel", urteilte auch SPÖ-Finanzsprecher Kai Jan Krainer eher harsch. Die Tarifsenkung gleiche gerade einmal die kalte Progression für zwei Jahre aus, das zahlten sich die Arbeitnehmer also selbst. Dass ÖVP und Grüne den sogenannten Agrardiesel wieder einführen wollen, sei "nicht ökologisch, sondern die altbekannte türkise Klientelpolitik".

NEOS-Vorsitzende Beate Meinl-Reisinger kritisierte, dass vor allem der Mittelstand bei dieser Reform "durch die Finger schaut". Der CO2-Preis habe in dieser Form keinerlei Lenkungseffekt sondern sei nur eine zusätzliche Steuer. Die Entlastung der Steuerzahler und - zahlerinnen gleiche nicht einmal die kalte Progression aus. Auch die Lohnnebenkostensenkung reicht für Meinl-Reisinger nicht aus. Insgesamt werde nur die Klientel zufrieden gestellt, die potenzielle Wähler seien.

Platters Position zur Steuerreform

Zufrieden mit dem Verhandlungsergebnis zeigte sich dagegen Tirols Landeshauptmann Günther Platter (ÖVP), derzeit auch Vorsitzender der Landeshauptleutekonferenz. Er sprach auf APA-Anfrage von einer "mutigen Steuerreform, die das Hauptaugenmerk auf den Klimawandel und die Energiewende sowie auf die Entlastung der arbeitenden Menschen in Österreich legt". Ihm sei es wichtig gewesen, dass insbesondere die niedrigen und mittleren Einkommen entlastet und nicht weiter belastet werden, was mit der Reform gewährleistet sei. Eine stärkere Bepreisung von CO2 auf der einen Seite und ein regional abgestufter Klimabonus, der eine Entlastung für alle jene bringe, die auf ihr Fahrzeug angewiesen seien, auf der anderen Seite, sei "der richtige Weg", so Platter.

Familienministerin Susanne Raab (ÖVP) frohlockte in einer Stellungnahme über die Erhöhung des Familienbonus auf 2.000 Euro, der Vorsitzende der Gewerkschaft Öffentlicher Dienst Norbert Schnedl (FCG) freute sich zudem über die Senkung der zweiten und dritten Tarifstufe der Lohn- und Einkommensteuer.

"Fridays for Future" verlangt "sofortige Nachbesserung"

Die geplanten 30 Euro pro Tonne CO2 seien "ein rein kosmetischer Preis, der keinen Lenkungseffekt erzielen wird", empörte sich "Fridays for Future" in einer Aussendung. Diese Reform sei "nicht annähernd das, wofür vor gut einer Woche wieder zehntausende Menschen in Österreich auf die Straße gegangen sind", forderte die Organisation eine "sofortige Nachbesserung" insbesondere bei der Höhe des CO2-Preises und dem Preispfad. "Vergeblich" suche man auch ein Ende der klimaschädlichen Subventionen wie des Diesel- oder Dienstwagenprivilegs sowie der Kerosinbesteuerung, die den Steuerzahler jährlich fast fünf Milliarden Euro jährlich kosteten.

Der WWF bewertet den Einstieg in die CO2-Bepreisung als wichtigen Schritt, fordert aber einen steileren Preispfad und einen größeren Öko-Bonus. Als "verheerendes Signal" sieht der WWF den erneut verschobenen Abbau umweltschädlicher Subventionen.

Steuerreform: CO2-Preis für VCÖ nicht hoch genug

Auch dem VCÖ ist der CO2-Preis zu niedrig. Dies bedeute hohe Kosten für Allgemeinheit und künftige Generationen. Die Klimaschäden durch 1.000 kg CO2 betragen laut Umweltbundesamt 201 Euro, erinnerte der VCÖ. Im Regierungspapier sind in einem ersten Schritt 30 Euro pro Tonne vorgesehen.

Greenpeace ortet Versäumnis von Regierung

Greenpeace ortet einen viel zu niedrigen CO2-Preis ohne Lenkungseffekt und fordert ebenfalls das Ende klimaschädlicher Subventionen, wie etwa des Diesel-Privilegs. Die Regierung habe es bei der Steuerreform verabsäumt, Österreich auf Klimakurs zu bringen. "Es ist ein Armutszeugnis, dass es Österreich nicht gelingt, ein deutlich klimafreundlicheres Modell vorzulegen als etwa das konservative Deutschland", so Greenpeace.

Der ÖAMTC sprach heute von "Licht und Schatten". Positiv sei, dass jene, die auf das Auto angewiesen sind, eine stärkere Entlastung bekommen. Mit dem regionalen Klima-Bonus würden wichtige Entlastungsschritte vor allem für die Bevölkerung im ländlichen Raum gesetzt. Enttäuschend sei, dass die bereits vorhandene CO2-Besteuerung des Autos, beispielsweise jene der jüngsten NoVA-Novelle, nicht berücksichtigt wurde.

Attac ortet bei Steuerreform ein
"Riesengeschenk"

Scharfe Kritik kam von Attac. Die Steuerreform sei ein "Riesengeschenk für Besserverdienende, Konzerne und Vermögende". Die stufenweise Senkung der Körperschaftsteuer koste der Allgemeinheit rund 800 Mio. Euro, die Erhöhung des Familienbonus und die Senkung der mittleren Tarifstufen bei der Einkommenssteuer nutze vor allem Besserverdienenden.

Für GLOBAL 2000 ist der Einstieg in die CO2-Bepreisung in Österreich gut, aber zu zögerlich. Der Rechnungshof habe bereits gewarnt, dass Österreich bis zu 9 Mrd. Euro an Kompensationszahlungen leisten müsse, wenn die Klimaziele verfehlt werden. Die Initiatoren des Klimaschutzbegehrens sprachen von einem "Versagen auf ganzer Linie". Die Regierung habe eine "Greenwashing-Meisterleistung" geliefert.

©APA

Wirtschaftsbund äußerte sich positiv zu Steuerreform

Der Wirtschaftsbund sprach von einem "fairen Mix für einen starken Standort" sowie einer "Entlastung der Betriebe und Klimaschutz mit Hausverstand". Die Industriellenvereinigung betonte, es seien "notwendige Schritte in Richtung Entlastung" gesetzt worden. Mit der schrittweisen Senkung der Körperschaftsteuer auf 23 Prozent bewege sich Österreich in Richtung EU-Durchschnitt und stärke damit den Standort. Dies und der Investitionsfreibetrag seien jedenfalls richtige Maßnahmen, die zur Stärkung von Beschäftigung und Investitionen beitragen, erklärte Georg Knill, Präsident der Industriellenvereinigung.

Lob kam naturgemäß auch von Wirtschaftsministerin Margarete Schramböck (ÖVP). "Mit dem 'Fairantwortungspaket' wird der Wirtschaftsstandort Österreich nachhaltig gestärkt", meinte die Ministerin. Die Steuerreform "vereine Nachhaltigkeit mit Wettbewerbsfähigkeit und heimischen Arbeitsplätzen".

Handelsverband mit positiver Reaktion

Regierungskollegin Elisabeth Köstinger sprach von einer "spürbaren Entlastung für die Landwirtschaft, den Tourismus und eine Stärkung des ländlichen Raums". Der private Handelsverband wiederum begrüßte die Lohn- und Einkommenssteuersenkung. Zufrieden äußerte sich auch die Kammer der Steuerberater und Wirtschaftsprüfer, es sei ein "erster wichtiger Schritt in die richtige Richtung". Besonders positiv bewertet wird die schrittweise Reduktion der Körperschaftssteuer für Unternehmen.

Anders sieht das der wirtschaftsliberale Think Tank Agenda Austria. "Es handelt sich um einen Fleckerlteppich, auf dem möglichst viele Gruppen Platz finden. Aber ein klares, für jedermann nachvollziehbares Konzept fehlt", sagte dessen Leiter Franz Schellhorn. Österreich bleibe ein "Hochsteuerland".

AK und ÖGB nahmen gemeinsam Stellung

In einem gemeinsamen Statement von AK und ÖGB war die Rede von einem ambitionierten Programm, allerdings sei mehr Verteilungsgerechtigkeit notwendig. "Die heute vorgelegte Steuerreform zeigt auf den ersten Blick ein ambitioniertes Programm. Das Ziel, die ArbeitnehmerInnen zu entlasten, begrüßen wir, ebenso die Förderung von klimafreundlichem Verhalten", sagen AK Direktor Christoph Klein und Ingrid Reischl, Leitende Sekretärin des ÖGB. "Auf den zweiten Blick zeigt sich, dass die ArbeitnehmerInnen aber mit den angekündigten Entlastungsmaßnahmen nur das zurück bekommen, was sie ohnehin schon bezahlt haben - nämlich die kalte Progression. Unternehmen erhalten aber mit der Senkung der KöSt und einem Gewinn-und Investitionsfreibetrag echte Geschenke", schränkten sie aber ein.

Umso zufriedener ist der Bauernbund, er sprach von einer "spürbaren Entlastung für die Landwirtschaft". Es seien "viele Maßnahmen zur Entlastung der bäuerlichen Berufsgruppe und der Bevölkerung im ländlichen Raum enthalten".

(APA/Red)

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