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Österreich verliert 23 Mrd. Euro durch schlechte Infrastruktur

Österreichs Wirtschaftsleistung wäre heuer um 8 Prozent höher, wenn die heimische Infrastruktur der internationalen Benchmark entspräche.

“Unsere Modellrechnung auf Basis der BIP-Prognose für 2008 (286 Mrd. Euro) ergibt einen Produktivitätsverlust aufgrund mangelnder Infrastruktur in Höhe von 22,9 Mrd. Euro”, sagte David Ungar-Klein, Herausgeber des “Future Business Austria Infrastrukturreport 08/09”, am Donnerstag bei einer Pressekonferenz in Wien. 2007 waren es noch 6 Prozent und 2006 nur 4 Prozent gewesen.

“Die Bewertung der bisherigen staatlichen Infrastrukturpolitik durch die befragten Manager fällt überaus kritisch aus”, fasste Ungar-Klein das Ergebnis des Infrastrukturberichts zusammen, der zum Start des Infrastruktursymposiums Future Business Austria präsentiert wurde. Demnach halten 79 Prozent der befragten Manager und Experten die Infrastruktur-Politik für “Stückwerk”, nur 18 Prozent können eine koordinierte Politik erkennen.

IHS-Chef Bernhard Felderer hält die von den Managern geschätzten 8 Prozent Produktivitätsverlust sogar für zu niedrig angesetzt. Felderer warnte bei der Präsentation des Infrastrukturreports davor, angesichts der Finanzmarkt- und Wirtschaftskrise konjunkturbelebende Maßnahmen nur unter beschäftigungspolitischen Aspekten zu sehen. “Wenn heute von einem Konjunkturpaket die Rede ist, dann sollte man an die Infrastruktur denken.”

Der Investitionsbedarf sei zwar enorm, aber die Infrastruktur finanziere sich langfristig von selbst, sagte Felderer. “Wenn man das Geld vernünftig investiert, dann ist eine höhere Verschuldung durchaus in Ordnung. Die Bauwirtschaft sei derzeit ausgelastet, das werde sich aber Mitte 2009 aber wohl ändern.

Der IHS-Chef sieht beim Schienenverkehr den größten Nachholbedarf. “Die Schienenwege sind aus dem 19. Jahrhundert. Hier wird der Staat in ganz hohem Maße gefordert sein. Wie er das machen soll, ist mir nicht ganz klar.” Was Österreich fehle, sei ein Gesamtkonzept für die Infrastruktur. “Die Koordinierung durch das BMVIT ist eine schwache.”

Im Rahmen der Erhebungen für den Infrastrukturreport wurden die Forderungen der österreichischen Manager und Experten an die Politik in einer “Regierungsagenda 2008-2013” zusammengefasst und den Koalitionsverhandlern übermittelt. Zentrale Forderungen sind eine Infrastruktur-Strategie für Österreich, kürzere Genehmigungsverfahren, ein stärkerer Fokus auf Informations- und Kommunikationstechnologien (IKT) als “Meta-Infrastruktur” oder die Sicherung des “Hub” Wien im Luftverkehr. “Der Standort steht und fällt aus Sicht der Manager mit der Erhaltung des Hub Richtung Osteuropa”, betontet der Meinungsforscher Peter Hajek.

Für Hajek ist es “ein Alarmsignal, dass sich die Einschätzung der österreichischen Infrastrukturbereiche durch heimische Manager seit vier Jahren tendenziell verschlechtert. Die Straße ausgenommen, verbessert sich Österreichs Infrastruktur gegenüber dem restlichen Europa in den Augen der Manager nicht. ”

Roland Falb, Managing Partner bei Roland Berger Strategy Consultants, unterstrich die Wichtigkeit des internationalen Vergleiches in der Infrastrukturentwicklung. “Auch im Bereich Infrastruktur gilt: Wer stehen bleibt oder nicht sehr viel weiter kommt, fällt auf Dauer zurück. Denn die Mitbewerber schlafen nicht”, so Falb. Dies gelte etwa für Investition in Glasfasernetze, wo Österreichs Nachbarn wesentlich aktiver seien. “Österreich ist, was Breitband-Internet betrifft, mit einer Verfügbarkeit von fast 100 Prozent ausgezeichnet.”. Die tatsächlich Nutzung sei aber vergleichsweise gering: Nur 60 Prozent der Haushalte würden heute Breitband-Internet nutzen. Hier lege etwa der Nachbar Tschechien deutlich besser.

Der stellvertretende Generaldirektor der Telekom Austria, Gernot Schieszler, fordert in diesem Zusammenhang eine investitionsfreundliche Regulierungspolitik. Ein weiterer Ausbau der Glasfasernetze sei nur möglich, wenn es eine Anschubfinanzierung gebe, weil es sich sonst in dünn besiedelten Gebieten nicht lohne. Wesentlich sei auch der Schutz solcher Investitionen. “Wenn wir Leitungen an Dritte vergeben müssen zu einem von anderen festgesetzten Preis, dann werden wir nicht investieren”, verdeutlichte Schieszler.

Auch ASFINAG-Aufsichtsratsvorsitzender Eduard Saxinger plädierte für eine integrierte Betrachtung der Infrastruktur. “Es ist richtig und nachvollziehbar, wenn Österreichs Manager eine Infrastrukturpolitik aus einem Guss erwarten, denn Infrastruktur ist unteilbar.”

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