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Stephansdom wird "generalüberholt"

Die Stephansdom-Sanierer leisten Präzisionsarbeit in luftiger Höhe - die Südturm-Fassade des Wiener Wahrzeichens wird generalüberholt.

Der Südturm des Wiener Stephansdoms ist seit Dezember des Vorjahres durch Werbetransparente verhüllt. Dahinter, auf einem 20 Geschoße umfassenden Baugerüst, herrscht rege Aktivität, wie ein APA-Besuch gemeinsam mit Dombaumeister Wolfgang Zehetner zeigte. Insgesamt dreieinhalb Jahre wird an der Sanierung dieses Bereichs des Turms gearbeitet. Die Kosten betragen bis zu vier Millionen Euro.

Präzisionsarbeit in luftiger Höhe


Die Mitarbeiter der Dombauhütte leisten dort zusammen mit Fremdfirmen Präzisionsarbeit: In weißen Schutzanzügen entfernen sie Verschmutzungen, dann werden Schäden und Risse genauestens dokumentiert. Beginn der Arbeiten am Südturm war im Jahr 1998, als in Teilbereichen akute Einsturzgefahr bestand. Seit vergangenem Herbst ist nun der Süd- und Westteil an der Reihe.


Für die Erhaltung gilt es, Sinterkrusten schonend abzunehmen, den Originalstein zu festigen bzw. zu ergänzen. Bei völliger Zerstörung werden die Teile in langwieriger Steinmetzarbeit ersetzt.

Saurer Regen löst die Fassade auf


Geschädigt wird der aus Meeressedimenten geformte Kalksandstein des Doms vor allem durch sauren Regen bzw. die saure Atmosphäre. Kalk, das Bindemittel des Steins, wird herausgelöst. Es entsteht Gips, der als schwarze Kruste sichtbar wird. „Darunter ist dann aufgelöster Kalkstein, das ist praktisch nur noch Sand“, so Zehetner.


Die Arbeit in Höhen zwischen 60 und 90 Metern ist für die Leute der Bauhütte längst Routine geworden. Trotzdem: „Keine Höhenangst zu haben, ist ein Einstellungskriterium“, betonte Zehetner. Der 50-jährige Architekt hat auch selbst als eine seiner ersten Handlungen den Turm bis zur obersten Spitze bestiegen, als er 1993 Dombaumeister wurde. Auch heute ist er regelmäßig in luftiger Höhe unterwegs.


Im derzeitigen Arbeitsbereich geht es um Bausubstanz vor allem aus dem 15. Jahrhundert. Im Jahr 1433 war der Südturm vollendet, nachdem bereits 1359 der Grundstein gelegt worden war. Der Turm war damals der höchste der Welt, so Zehetner, der Rekord hielt allerdings nur sechs Jahre. Bereits im Jahr 1439 wurde der Stephansdom vom Straßburger Münster mit seinem 142 Meter hohen Nordturm übertrumpft.


Bei der derzeitigen Sanierung wird nebenbei auch an einem EU-Projekt zur Erfassung von Steinmetzzeichen gearbeitet. Aus den eingeritzten Signaturen der Arbeiter lassen sich baugeschichtliche Zusammenhänge rekonstruieren. So weiß man etwa, dass einst ganze Steinmetz-Partien vom Prager Veitsdom zum Stephansdom wechselten.

Arbeiten in und um den Stephansdom


Der Südturm ist keineswegs der einzige Bauteil der mehr als 850 Jahre alten Kirche, an dem gerade gearbeitet wird. Weiterer Schwerpunkt ist die Sanierung des Albertinischen Chors, nächstes Projekt ist die Restaurierung der Fassade der Barbarakapelle. Im Inneren läuft die Restaurierung des barocken Peter- und Paul-Altars.


Das Geld für die Domsanierung stammt zu einem großen Teil aus Spenden: Allein der Verein „Rettet den Stephansdom“ sammelte im Vorjahr mehr als 1,24 Mio. Euro. Daneben leisten der Bund, die Gemeinde Wien und die Erzdiözese ihren Beitrag. Insgesamt müssen laut Kathpress jedes Jahr rund 2,2 Millionen Euro aufgebracht werden.

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