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Steiermark-Wahl 2019: Ausgangslage, Ziele, Chancen der Parteien

Das sind Ziele, Ausgangslage und Chancen der Partien bei der Steiermark-Wahl.
Das sind Ziele, Ausgangslage und Chancen der Partien bei der Steiermark-Wahl. ©APA
Vorgezogene Landtagswahlen in der Steiermark: Vorgezogen wurde die Wahl in ÖVP-FPÖ-Zusammenspiel, unter grüner Mitwirkung - und gegen den Willen des bisherigen ÖVP-Partners SPÖ. Alle zur Ausgangslage, Ziele und Chancen der Parteien.

Holt sich die ÖVP, wie erwartet, Platz 1 zurück, könnte es in der Steiermark auch zum Koalitionswechsel kommen.

Schon vor der Wahl 2015 war der Proporz abgeschafft und die Landesregierung "frei" verhandelt worden - aber damals taten die rot-schwarzen "Reformpartner" schon vor der Landtagswahl kund, dass sie zusammenbleiben würden. Was sie trotz herber Verluste auch taten. Franz Voves, der mit der SPÖ noch knapp Platz 1 halten konnte, trat jedoch zurück - und übergab den Landeshauptmannposten an Hermann Schützenhöfer (ÖVP). Wohl auch, um Schwarz-Blau im Lande zu verhindern - hatte doch die FPÖ mit einem Rekordergebnis zu den beiden Traditionsparteien aufgeschlossen.

Denn in der damaligen Wahl straften die Wähler die "Reformpartner" wegen ihrer teils tiefen Einschnitte ab - und die FPÖ profitierte massiv nicht nur vom Ärger darüber, sondern auch vom damals schon anschwellenden Flüchtlingsstrom. Heuer haben sich die Vorzeichen geändert, erste Umfragen lassen ein ganz anderes Ergebnis erwarten. Die Steiermark dürfte wieder werden, was sie die längste Zeit - bis 2005 - war, nämlich schwarz dominiert. Und die FPÖ wird nach Ibizagate und Spesenaffäre ihren Rekordstand nicht halten können.

Ausgangslage, Ziele und Chancen der Parteien

SPÖ

APA/INGRID KORNBERGER

Den "Schichtwechsel" hat sich SPÖ-Spitzenkandidat Michael Schickhofer (39) auf die Fahnen geschrieben. Im Bemühen, den LH-Sessel zurückzuholen, präsentiert er sich als jung-dynamische Alternative zum ÖVP-Landeschef - dem er unentwegt den Koalitionsbruch bei der Wahl-Vorverlegung vorhält. Laut den Meinungsforschern sollte sich die SPÖ aber darauf einstellen, den 2005 eroberten ersten Platz zu verlieren - und vielleicht erstmals gar auf Platz 3 abzurutschen. Auch ein Abschied aus der Landesregierung droht - wenn ÖVP und FPÖ zusammengehen. In einer Umfrage im August lag die SPÖ bei nur 20 Prozent. Für diesen Fall - ein Ergebnis wie die 21,2 Prozent der Bundes-SPÖ bei der Nationalratswahl - hat Schickhofer "Konsequenzen" angekündigt. An einer solchen Marke scheiterte schon sein Vorgänger: Die SPÖ blieb zwar 2015 Erste, aber mit 29,29 Prozent unter den von Franz Voves genannten 30 Prozent - und damit übergab er den Parteichef an Schickhofer und den Landeshauptmann an die ÖVP. Dabei war die SPÖ unter Voves erfolgreich wie nie zuvor: Der Quereinsteiger holte sich 2005 Platz 1, verteidigte ihn 2010 und 2015. Mit der ÖVP fand er nach gehässigem Hauen und Stechen in den ersten fünf Jahren (angesichts starker Zugewinne der Blauen 2010) den Weg zur harmonischen "Reformpartnerschaft". Deren tief greifende Reformen - u.a. Gemeindezusammenlegungen, Landtags- und Regierungsverkleinerung - missfielen jedoch den Wählern: Nach einem Rekordplus über die - zuletzt 1981 erreichte - 40er-Marke ging es bergab. 2015 rasselten die Regierungsparteien auf den historischen Tiefststand hinunter. Aus diesem herauszukommen, ist für Schickhofer nicht leicht: Die ÖVP unter Bundeschef Sebastian Kurz eilt von Wahlerfolg zu Wahlerfolg. Und aus der eigenen Bundespartei weht ihm scharfer Gegenwind ins Gesicht. Seit der Nationalratswahl-Schlappe kam die SPÖ nicht zur Ruhe. Am 29. September wählte nicht einmal mehr ein Fünftel der Steirer - 19,23 Prozent - mehr rot. Und SPÖ-Kernland war die Steiermark trotz Hochburgen in Industriegebieten ohnehin nie: Für sehr viel mehr als Voves' 41,67 Prozent im Jahr 2005 hatte es nie gereicht, 44,71 Prozent waren 1970 ihr bestes Ergebnis in dem die längste Zeit ÖVP-dominierten Land.

ÖVP

APA/STEIERMARK.AT/STREIBL

Eine prächtige Ausgangslage für die Wahl hat hingegen ÖVP-Landeshauptmann Hermann Schützenhöfer: Er kann - getragen von der bundesweiten ÖVP-Erfolgswelle - so gut wie sicher sein, die 14 Jahre lang rote Steiermark wieder schwarz zu färben (will er sich doch "keine türkise Krawatte" umbinden). Die Meinungsforscher verheißen ihm satte Zugewinne und Platz 1 - samt der Möglichkeit, zwischen SPÖ und FPÖ als Koalitionspartner wählen zu können. Mit der FPÖ (und den Grünen) hat Schützenhöfer schon einmal die Wahl vorverlegt. Die Bundes-FPÖ sieht er kritisch, aber mit dem steirischen Parteichef hat er eine "ordentliche Gesprächsbasis". Den Ton in den Regierungsverhandlungen wird wohl er angeben. Und mit der ÖVP in seiner zweiten Wahl wieder aus dem historischen Tief (28,45 Prozent) herauskommen, in das sie 2015 mit einem herben Minus fiel - mit dem ersten Plus seit dem Jahr 2000: Damals konnte Waltraud Klasnic um 11,05 Prozentpunkte zulegen - ehe 2005 die ÖVP nicht nur im Stimmenanteil (wie schon 1953), sondern erstmals auch in Mandaten hinter die SPÖ zurückfiel und den Landeshauptmann verlor. Schützenhöfer übernahm damals die Partei - schloss ein Regierungsübereinkommen mit der SPÖ und begnügte sich mit der Rolle des Landeshauptmann-Stellvertreters. Die blieb ihm auch 2010 noch - aber 2015 stieg er zum Landeshauptmann auf. Dies obwohl auch die ÖVP (wie die SPÖ) für die "Reformpartner"-Maßnahmen abgestraft wurde und Zweite blieb. Aber Voves trat zurück und übergab den LH-Sessel Schützenhöfer - auch aus Freundschaft. Die verscherzte sich der ÖVP-Chef jetzt, als er gegen den Willen der SPÖ den Wahltermin um ein halbes Jahr vorzog - angesichts guter Umfragewerte und des erwarteten ÖVP-Siegs bei der Nationalratswahl. Da legte die ÖVP auch in der Steiermark stark zu, um 7,41 Punkte auf 38,90 Prozent - Erste war sie ohnehin schon 2017. Auch im Landtag kann die ÖVP jetzt wieder mit der dominierenden Rolle rechnen, die sie die längste Zeit hatte. Ergebnisse wie im Westen gab es in der Steiermark jedoch nie: Nur in vier der 17 Wahlen reichte es für eine schwarze Absolute, 53,02 Prozent im Jahr 1945 war der beste Wert.

FPÖ

APA/ERWIN SCHERIAU

Beim Wahlziel bereits zurückgesteckt hat FPÖ-Spitzenkandidat Mario Kunasek. Angesichts der Turbulenzen im Bund - Stichwort Ibizavideo und Spesenaffäre - hat der ins Land heimgekehrte Ex-Verteidigungsminister etwas Abstand genommen davon, Platz 1 als Devise auszugeben. Mehr als 20 Prozent sind jetzt sein Wunsch - und Platz 2 vor der SPÖ wäre ihm (mit Blick auf die Landesregierung) besonders wichtig. Bei seiner ersten Wahl war Kunasek bereits nah dran: Dank Ärger über Gemeindezusammenlegungen sowie aufgrund ihres Anti-Ausländer-Kurses holten die Blauen 2015 mit dem Rekordplus (16,10 Punkte) ihren Topwert von 26,76 Prozent - und rückten eng wie nie zuvor an SPÖ und ÖVP heran. Chancen, dieses Ergebnis zu halten, sehen die Meinungsforscher jetzt nicht mehr. Bei der Nationalratswahl verlor die FPÖ in der Steiermark 10,96 Punkte auf 18,46 Prozent, auch bei der Vorarlberg-Wahl rasselte sie um fast zehn Prozentpunkte hinunter. Selbst wenn die Abstrafung bei der Landtagskür nicht so harsch ausfällt, kann sich Platz 2 wohl nur ausgehen, wenn es für die SPÖ - die dieses Duell bei der NR-Wahl gewann - sehr schlecht läuft. Allerdings war die Steiermark immer ein gutes Pflaster für die Blauen. Bei der Nationalratswahl 2013 war sie sogar die stärkste Partei im Lande, 2017 noch Zweite. Auf Landtagsebene gab es gleich zu Beginn weit über zehn Prozent für die FPÖ, auch seit 1991 regelmäßig - mit einem Einbruch nur während der groben Turbulenzen unter Schwarz-Blau im Bund. Damals flog die FPÖ mit 4,56 Prozent sogar aus dem Landtag. So drastisch wird es jetzt nicht kommen. Um die Verluste zu begrenzen, setzt Kunasek auch auf die 2015 bewährte Strategie und warnt beständig vor einem neuen Flüchtlingsstrom. Aber selbst wenn die FPÖ ihre alte Stärke nicht hält, könnte sie die SPÖ aus der Landesregierung verdrängen - wenn die ÖVP es will.

GRÜNE

APA/DIE GR†NEN STEIERMARK/PODESSER.NET/PHILIPP PODESSER

Schlicht "stärker werden" ist das Ziel der Grünen in der Steiermark - nachdem ihnen bei der Nationalratswahl ein Plus um 10,19 Punkte auf 12,98 Prozent im Lande und insgesamt der triumphale Wiedereinzug gelang. Aber bei den Steiermark-Wahlen blieben sie meist unter den Erwartungen. Auch 2015 holten sie mit 6,68 Prozent ein vergleichsweise bescheidenes Ergebnis. Der Einzug in die Landesregierung (in der sie in vielen Ländern schon sitzen) war in der Steiermark nie ein Thema. Und dürfte es auch diesmal mangels Mehrheit nicht werden. Die Meinungsforscher rechnen allerdings mit einem deutlichen Plus - und somit könnte die neue Spitzenkandidatin Sandra Krautwaschl gleich ein Rekordergebnis einfahren. Denn die 6,68 Prozent im Jahr 2015 waren schon die höchste Zustimmung, die die Grünen in der Steiermark je hatten. Zuvor pendelten sie zwischen vier- und fünfeinhalb Prozent. Mit Ausnahme der Wahl 1991 konnten sie sich - nach dem ersten Einzug 1986 - aber immer im Landtag halten, dies vor allem dank ihrer Hochburg Graz, wo sie regelmäßig das nötige Grundmandat holten. Nach dem mäßigen Erfolg 2015 - mit Lambert Schönleitner - setzen die Grünen heuer auf die Umwelt-Vordenkerin und "Öko-Aktivistin" Krautwaschl. Die Autorin des Buches "Plastikfreie Zone" lebt selbst weitgehend plastikfrei - und verkörpert quasi das auch als Landtagswahl-Schwerpunkt erkorene grüne Erfolgsthema Klimaschutz.

KPÖ

APA/KARIN ZEHETLEITNER

Die KPÖ zittert nunmehr schon zum dritten Mal um den Verbleib im Landtag - in dem sie 2005 österreichweit einzigartig ein Comeback feierte. Geschafft hatte dieses "steirische Phänomen" der höchst beliebte Grazer Wohnbaustadtrat Ernst Kaltenegger - mit einem Sensationsergebnis von 6,34 Prozent und dem dritten Platz. Das konnten seine Erben zwar so nicht halten, aber auch mit Nachfolgerin Claudia Klimt-Weithaler gelang es, sowohl 2010 als auch 2015 das Grazer Grundmandat zu verteidigen - und mit 4,41 bzw. zuletzt 4,22 Prozent im Landtag zu bleiben. Auch heuer kämpft Klimt-Weithaler wieder um den Erhalt der zwei Mandate - und die Meinungsforscher halten dies nicht für ausgeschlossen. Bei der Nationalratswahl gab es für die KPÖ in der Steiermark zwar nur 1,25 Prozent - aber das lässt keine Schlüsse auf die Landtagswahl zu. Immerhin stimmt aus Sicht der steirischen KPÖ die Richtung - denn sie legte am 29. September zu, wenn auch nur um 0,16 Prozentpunkte.

NEOS

APA/PETER KOLB

2015 noch klar - mit nur 2,64 Prozent - gescheitert, können NEOS heuer davon ausgehen, endlich auch den steirischen Landtag zu erobern. Da es in der Steiermark keine landesweite Prozent-Hürde gibt, ist dafür ein Grundmandat nötig. Das können NEOS im Wahlkreis Graz und Umgebung schaffen: Bei der Nationalratswahl holten sie dort fast doppelt so viele Stimmen wie für ein Landtags-Mandat nötig sind - und insgesamt legten sie in der Steiermark um 2,11 Punkte auf 7,10 Prozent zu. Den Spitzenkandidaten haben sie ausgewechselt: Mit Physikstudent Nikolaus "Niko" Swatek - der 2017 schon den Grazer Gemeinderat eroberte - setzen die Pinken zum Sprung in ihren sechsten Landtag an. Im Burgenland (das im Jänner wählt), Kärnten und Oberösterreich haben sie es noch nicht geschafft.

(APA/Red)

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