AA

Stark getrübte Stimmung in der Vorarlberger Industrie

Die Stimmung in Vorarlbergs Industrie hat sich deutlich eingetrübt
Die Stimmung in Vorarlbergs Industrie hat sich deutlich eingetrübt ©IV | Canva
Die Vorarlberger Industrie zeigt sich aktuell sehr pessimistisch für die Zukunft.

Die Stimmung in Vorarlbergs Industrie hat sich deutlich eingetrübt und ist im zweiten Quartal 2022 auf den niedrigsten Stand seit 2012 abgesunken - mit Ausnahme der außerordentlichen Situation zu Beginn der Coronapandemie. Die deutliche Aufwärtsstimmung nach dem Corona-Schock habe ein abruptes Ende gefunden, stellte Martin Ohneberg, Präsident der Industriellenvereinigung Vorarlberg (IV), am Dienstag angesichts der Ergebnisse einer Quartalsumfrage fest.

Jetzt auf VOL.AT lesen

Im Hinblick auf die Zukunft seien die Unternehmen sehr pessimistisch, sagte Ohneberg. Es herrsche hoher Kostendruck, nicht immer könnten die Steigerungen bei Rohstoff- und Energiekosten weitergegeben werden. "Das schmälert die Ertragslage der Vorarlberger Industrie massiv", so der IV-Präsident. Andererseits spürten die Unternehmen auch eine Abkühlung der Auftragslage. An der Umfrage beteiligten sich 38 Vorarlberger Unternehmen mit über 27.000 Beschäftigten.

Viele Brandherde

Der Geschäftsklimaindex der Vorarlberger Industrie - der Mittelwert der Einschätzung zur aktuellen Geschäftslage und jener in sechs Monaten - erreichte mit einem Wert von 14,70 Punkten einen so tiefen Stand wie zuletzt vor zehn Jahren. "Mit den zahlreichen und gewichtigen Brandherden - von der hohen Inflation, den Rohstoffkosten, der Lieferkettenproblematik, der Energiekrise, dem Krieg in der Ukraine bis zu unklaren Einschränkungen durch Covid im Herbst - kommen viele Faktoren zeitgleich auf die Wirtschaft zu, die ein hohes Ausmaß an Unsicherheit schaffen und so den Ausblick auf die kommenden Monate trüben", sagte Ohneberg.

Die aktuelle Geschäftslage wurde von 65 Prozent der befragten Unternehmen noch als gut bezeichnet, während die Geschäftslage in sechs Monaten nur von 4 Prozent als gut eingeschätzt wurde. 46 Prozent der Firmen erwarteten eine schlechtere Ertragslage im zweiten Halbjahr 2022.

Energie: Langfrister Plan gefordert

In Sachen Energiesicherheit forderte Ohneberg einen langfristigen Plan - ohne bewusst in Kauf genommenen Wohlstandsverlust. Für Betriebe müssten die Voraussetzungen für den Umstieg auf andere Energieträger als Gas geschaffen werden. Konkret nannte der IV-Präsident "die finanzielle Unterstützung bei der Umrüstung", darüber hinaus forderte er auch entsprechende rechtliche Rahmenbedingungen "wie die Anpassung der Emissionsgrenzen".

"Abschluss mit Hausverstand"

Für die Herbstlohnrunde hoffte Ohneberg auf einen "Abschluss mit Hausverstand". Die von der Bundesregierung gesetzten Maßnahmen müssten berücksichtigt werden. Wenn sich Arbeitnehmer und Arbeitgeber nicht zueinander hin bewegten, könne das die Wettbewerbsfähigkeit gefährden, warnte Ohneberg. "Es braucht einen Schulterschluss in dieser einmaligen Situation, indem Arbeitnehmer und Arbeitgeber zu einer verträglichen Lösung für den Wirtschaftsstandort kommen - ohne Inszenierung und Drohgebärden", so der IV-Präsident.

Die Branchenergebnisse im Detail

Maschinen- und Metallindustrie

„Für Vorarlbergs dominierende Maschinen- und Metallindustrie zeichnet sich für die derzeitige Geschäftslage noch ein gutes Bild, die Erwartungen erschlechtern sich aber stark für die Geschäftslage in sechs Monaten“, so der Geschäftsführer der IV-Vorarlberg, Christian Zoll. Während im letzten Quartal noch 65 Prozent die Produktionstätigkeit mit steigend bewertet haben, tun dies nun nur noch ein Prozent. 61 Prozent der Befragten sehen eine verschlechternde Geschäftslage in sechs Monaten, 63 Prozent eine verschlechternde Ertragssituation in sechs Monaten.

Nahrungs- und Genussmittelindustrie

„Die Nahrungs- und Genussmittelindustrie hat für die derzeitige Geschäftslage noch einen optimistischen Blick, aber auch hier zeichnet sich ein schlechtes Bild für die Lage in sechs Monaten“, so Zoll weiter. 75 Prozent der Befragten bewerten die derzeitige Geschäftslage, die Auslandsaufträge und den uftragsbestand als gut. Die Geschäftslage in sechs Monaten bewerten 92 Prozent als gleichbleibend, die Ertragssituation im selben Zeitraum sehen allerdings 67 Prozent der Befragten als schlecht an.

Textilindustrie

Ein etwas durchwachseneres Bild zeigt sich in der Textilindustrie. Während die derzeitige Geschäftslage und der Auftragsbestand als durchschnittlich wahrgenommen wird, zeigt sich wenig Optimismus in der Lage in sechs Monaten,“ so Christian Zoll. Von lediglich fünf Prozent wird die aktuelle Geschäftslage als gut beurteilt, von 13 Prozent wird bereits jetzt die Ertragssituation als schlecht gesehen. Bei der Geschäftslage in sechs Monaten sehen 69 Prozent eine gleichbleibende Situation, 31 Prozent eine verschlechternde. Bei der Ertragssituation in sechs Monaten hingegen gehen 29 Prozent von einer Verschlechterung aus.

Elektro- und Elektronikindustrie

„In der Elektro- und Elektronikindustrie ist die Stimmungslage aktuell ebenfalls nicht besonders erfreulich“, so Michael Amann, Geschäftsführer der Sparte Industrie der Wirtschaftskammer Vorarlberg. 65 Prozent sehen die aktuelle Geschäftslage noch als gut und 35 Prozent schon als schlecht, in Summe ist das bereits um 20 Prozentpunkte schlechter als im letzten Quartal. Auch die Verkaufspreise in 3 Monaten sieht man insgesamt um 34 Prozentpunkte schlechter als im Vorquartal und ebenfalls herausfordernd ist die derzeitige Ertragssituation mit -42 Prozentpunkten gegenüber dem letzten Quartal.

Verpackungsindustrie

Seit einem Jahr ist der Bereich „Verpackungsindustrie“ Teil dieser Konjunkturumfrage. Dieser zeigt sich vergleichsweise am wenigsten pessimistisch von allen Bereichen dieses repräsentativen Stimmungsbildes der Vorarlberger Industrie. Zwar ist die Einschätzung der Verkaufspreise in drei Monaten stark gesunken, ebenfalls ist auch die Einschätzung der Produktionstätigkeit in drei Monaten schlechter. Aber in den anderen Bereichen gibt es durchwegs neutrale bis leicht optimistische Einschätzungen, zum Beispiel sehen derzeit fast zwei Drittel die Auslandsaufträge als gut und erwarten mit +25 Prozentpunkten eine Mehrheit der befragten Unternehmen Kostensteigerungen über höhere eigene Verkaufspreise zumindest teilweise weitergeben zu können.

(VOL.AT)

  • VIENNA.AT
  • Vorarlberg
  • Stark getrübte Stimmung in der Vorarlberger Industrie