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stadtTheater walfischgasse schließt

Intendantin Ammersfeld zieht sich zurück
Intendantin Ammersfeld zieht sich zurück
Ab Mittwoch spielt Anita Ammersfeld zum letzten Mal in einer Produktion des von ihr geleiteten stadtTheaters walfischgasse. "Man soll aufhören, wenn es am schönsten ist. Es ist ein sehr gutes Gefühl, erfolgreich zu scheiden", sagt die Intendantin im Gespräch mit der APA. Am 8. Mai fällt der letzte Vorhang, ehe an die Wiener Staatsoper übergeben wird. Ab Herbst werden hier Kinderopern gezeigt.


Den Umbau der in Konkurs gegangenen ehemaligen “Kleinen Komödie” hatte 2005 die Firma Frankstahl des Ammersfeld-Gatten Erwin Javor bezahlt. Dass nun nach der zehnten Saison Schluss ist, habe aber keine pekuniären Ursachen, versichert Ammersfeld: “Am Geld liegt’s sicher nicht.” Der Großteil des 1,3 Mio. Euro Jahresbudgets wurde mit Karten- und Vermietungseinnahmen bestritten, dazu kamen zuletzt 300.000 Euro jährlich von der Gemeinde Wien. In der gleichen Größenordnung wurde einer familieneigenen Firma Miete abgeführt – so wie es künftig auch die Staatsoper machen wird.

“Ich habe alles erreicht, was mit dem Haus zu erreichen ist”, sagt die Theaterleiterin. “Aber es hat enorme Kraft gekostet.” Das Konzept, auf ein vielfältiges Publikum zu setzen, sei voll aufgegangen. “Man sollte nie in eine einzige Richtung gehen. Das Geheimnis liegt in der Vielfalt. Wir hatten junges und älteres, urbanes, weltoffenes und kritisches Publikum.” In der vergangenen Saison erreichte man 43.000 Menschen. Über 1.400 Wahl-Abos wurden verkauft. “In den vergangenen Tagen wurde ich immer wieder von Besuchern angesprochen, die nun nicht wissen, in welches Theater sie künftig gehen sollen.”

Am ehesten würden wohl das Theater in der Josefstadt, Kammerspiele und Akademietheater von dem künftig heimatlosen Stadttheater-Publikum profitieren, glaubt Ammersfeld, für die Konzerte von Herman van Veen und Uraufführungen von Peter Turrini oder Felix Mitterer zu den Höhepunkten des vergangenen Jahrzehnts zählen.

In der vorletzten Premiere, dem mit Tony Award und Pulitzer-Preis ausgezeichneten und mit Meryl Streep und Philip Seymour Hoffman verfilmten Stück “Zweifel” von John Patrick Shanley steht Ammersfeld als geistliche Schwester auf der Bühne. Die strenge Direktorin einer katholischen Klosterschule in der Bronx verdächtigt ihren liberalen Vorgesetzten, Pater Flynn, des Missbrauchs an einem schwarzen Schüler.

“Es ist ein wahnsinnig spannendes Stück, das abläuft wie ein Krimi. Bis zum Schluss weiß man nicht, ob er schuldig ist oder nicht”, schwärmt Ammersfeld, die sich sehr auf die Premiere freut: “Ich werde das sicher nicht mit Wehmut spielen.” Das ursprünglich im New York der 60er-Jahre spielende Stück habe ungebrochene Aktualität: “Wer meint, die einzig gültige Wahrheit zu besitzen, kann verheerende Folgen auslösen – in der Religion, in der Politik oder in der Gesellschaft.”

Den Stadttheater-Schlusspunkt setzt dann ab 4. März die adaptierte Eröffnungsproduktion “Freunde, das Leben ist lebenswert” von Charles Lewinsky. “So schließt sich der Kreis. Es ist ein gutes Gefühl, so aufzuhören, wie man begonnen hat.” Sie selbst werde im nächsten halben, Dreiviertel Jahr sicher “erst einmal durchatmen” und sich dann jenen vielen anderen Projekten widmen, die liegen geblieben sind. “Vielleicht werde ich auch wieder einmal eine Freie Produktion machen. Ich sage ja nur meiner Intendanz Adieu, nicht meiner künstlerischen Existenz.”

Die Eignung der Räumlichkeiten in der Walfischgasse für Kinderopern-Produktionen steht für sie außer Zweifel: “Ich glaube, dass unser Haus eine wirklich gute Akustik hat. Wir hatten auch zweimal Opern mit Live-Orchester im Haus. Da hat es keine Probleme gegeben.”

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