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Stadtnah am Wasser

"Die Großzügigkeit eines Atriums und der halböffentliche Platz vor den Wohnungen vermitteln luxuriöses Wohngefühl." (Ulf Hiessberger, Architekt)
"Die Großzügigkeit eines Atriums und der halböffentliche Platz vor den Wohnungen vermitteln luxuriöses Wohngefühl." (Ulf Hiessberger, Architekt)
Feldkirch - Neues Wohnviertel. Rar sind die Grundstücke, wo Stadtentwicklung noch möglich ist. 63.000 Quadratmeter, zusammenhängend, im Grünen und am Wasser gelegen, unmittelbar an die Innenstadt Feldkirchs anschließend, lassen weiterdenken.
Wohnpark Gisingen, Haus E

Die Spinnerei Hämmerle schreibt heute noch schwarz e Zahlen. Der wunderschöne Industriebau bildet den nördlichen Endpunkt des seit 2002 entstehenden neuen Wohnquartiers. Den Anfang eines städtebaulichen Vorzeigeprojektes machte das Nahversorgungszentrum mit Supermarkt und Wohnbebauung. Gohm & Hiessberger Architekten dachten damals schon zukünftige Entwicklungen mit. Sie spannen zwischen dem vorgeschlagenen schwarzgrauen Schiefer-Schindelgebäude und dem stimmungsvollen eingeschoßigen Textilindustriebau einen Platz auf und beziehen damit eine spätere Umnutzung ein. Weitere Rücksichtnahmen: Der Ill-Kanal, noch immer Energielieferant aus Wasserkraft mit seiner außergewöhnlichen Lebensraumqualität; drei unter Denkmalschutz stehende Werkmeisterhäuschen und zwei Villen, wobei das ehemalige Buchhalterhaus zu einem Kindergarten umgebaut wurde.Drei Jahre später konnten die Architekten wieder den städtebaulichen Wettbewerb zum Hämmerleareal für sich entscheiden. Nach ihrem Plan wechseln sich quadratische siebenstöckige Punkthäuser, die ans Wasser gerückt sind, mit langgestreckten, etwas niedrigeren, der Straßenlinie folgenden Baukörpern ab. Elf Wohnbauten mit zirka 270 Einheiten werden im Endausbau das neue Wohnviertel ausmachen, fünf davon sind schon gebaut, die zwei hohen wiederum von Gohm & Hiessberger.

Warum sind die Wohnungen des zuletzt fertig gestellten abgerundeten Quadratturms so gefragt? „Es sind ja alle Wohnungen bereits verkauft, aber die weiche Form und Innen das Spiel mit den Rundungen war vielleicht besonders ansprechend“, meint Ulf Hiessberger. Und das ist nachvollziehbar, wenn man im zentralen Atrium nach oben blickt. Die Ellipsenform der Halle mit dem hochglanzlackierten Weiß der Stahlblech-Brüstungen und den Deckenuntersichten in Le Corbusier- Gelb, lassen das Licht vom Dachfenster tief in den Innenhof fallen. Ein Gefühl von Luxus. Nichts stört den großzügigen Raum, von dem aus in den sieben Geschoßen die Wohnungen betreten werden. Das Stiegenhaus ist separiert und an die Nord-Ostecke gesetzt. Alle Wohnungen werden nach Süden und/ oder Westen orientiert. „Es gibt noch einen Trick, um alle Wohnungen attraktiv zu halten. Wir bieten auch Dreizimmerwohnungen auf kleiner Nutzfläche. So ist weniger zu zahlen, aber die Möglichkeit eines Arbeitsoder Kinderzimmers inkludiert“, verrät Markus Gohm.

Die Geländer der Balkone und Loggen sind tiefer gelegt, sodass man durch ein Glasband die Aussicht auf das Wasser, die Bergkulisse und ins Grüne genießen kann. Die Standardausstattung der Eigentumswohnungen ist solide, als Beispiel sei Eichenparkett genannt, doch es kann wunschgemäß modifiziert werden. Das hat sich wohl auch der Musiker Jack Stroeher genehmigt. Er legte zwei Wohnungen in der obersten Etage zusammen. So entsteht eine scheinbar endlos lange Westterrasse mit fließendem Übergang zum Oberwasserkanal. Das Pendant findet sich im Wohnraum: Ein überlanges Regal mit 35.000 Schallplatten. Es ist dies aber nicht die einzige Sammelleidenschaft des Bewohners.

Ökologiepunkte werden mit Korkdämmung, Wärmepumpe, Solaranlage für Warmwasser, welche zwei Häuser versorgt, gesammelt. Auch die Tiefgarage funktioniert für beide Bauten. Die Abfahrt tarnt sich in gleicher Form wie die länglichen, dunklen Kuben für Fahrräder und Mülltrennung. Die rhythmische Abfolge von Punkthäusern, Längsbaukörpern und eben diesen Nebenbauten erzeugt ein Zirkulationssystem mit Wegen und Höfen. Ein Grünraum zum Werkskanal und die Parksituation zur Hämmerlestraße bieten große Naturerlebnisqualität.

Das gesamte Gelände wird mittels Fuß- und Radweg von der Innenstadt bis zum Schul- und Sportzentrum Oberau verbunden. Eine große Fläche hinter dem Supermarkt ist für den öffentlichen Kinderspielplatz reserviert. Damit öffnet sich das Quartier in städtischer Weise. Busanbindung, Sportmöglichkeiten wie die Eishalle, Kindergärten und Schulen sind optimal erreichbar. Zukunftsmusik, doch höchst wünschenswert, ist eine weitere Illquerung für Fußgänger und Radfahrer. Das ergäbe die Verbindung zur Landesradroute auf der anderen Seite des Flusses, und dadurch mit dem Stadtteil Nofels und dem Illspitz und umgekehrt eine Achse für den Bezirk Tosters hin zum Nahversorger.

In Planung ist zurzeit der nächste Abschnitt mit Mietwohnungen. Eine letzte Etappe, die zum anthrazitfarbenen Anfangspunkt der Bebauung anschließt, soll ebenso realisiert werden. Selten gibt es die Chance für einen derart hohen Grad an Verdichtung. Gut, dass umsichtig entwickelt und gestaltet wurde. Das Areal war wohl das letzte zusammenhängende Grundstück, so nah an Feldkirchs Altstadt und so idyllisch in der Natur gelegen.

Daten & Fakten

Objekt: Wohnpark Gisingen, Haus E

Bauherrschaft: Nägele Wohn- und Projektbau GmbH, Sulz

Architektur: Gohm & Hiessberger Architekten, Feldkirch

Landschaftsarchitektin: Dott. arch. Nicoletta Piersantelli, Feldkirch

Farbkonzept: Monika Heiß, Thaur

Wettbewerb: 2005

Planungszeit: 2010–2011

Bauzeit: 2011–10/2012

Grundstück: 6346 m2

Nutzfläche: 1898 m2

Bebaute Fläche: 440 m2

Umbauter Raum: 10.450 m2

Konstruktion: Massiv, Beton/Ziegel

Wohneinheiten: 26 davon 12 x 2,5-Zi. (64,4 m2), 12 x 3-Zi. (79,0 m2), 2 x 4-Zi. (109,3 m2)

Wohnpark: 1. Etappe (A+B+C): 73 Wohnungen 2. Etappe (D+E): 24+26=50 W. Haus A, B, D Walser + Werle Haus C, E Gohm & Hiessberger

Ausführung: Baumeister: Gobber, Bregenz; Elektroplanung: Elektro-Technik-Theurer, Lauterach; HSL Planung: Kienreich, Lauterach; Fenster: Zech Fenster, Götzis; Spengler: Ganath, Feldkirch; Zimmerei: Summer Holzbau, Röthis; Fassade: Farben Krista, Frastanz; Trockenbau: Ing. Kurzemann, Dornbirn; Schlosser: M+S Metalltechnik, Koblach; Verglasungen: ATW Alu Technik Wolf, Dornbirn; Gartengestaltung: Pfleger Garten-Landschaft, Nüziders

(VN/ Leben & Wohnen)

Für den Inhalt verantwortlich:
vai Vorarlberger Architektur Institut
Mehr unter architektur vorORT auf v-a-i.at

Mit freundlicher Unterstützung durch Arch+Ing

Architektur vor Ort
Schauplatz der Architekturführung des vai ist am Freitag, 22. März, das ehemalige Hämmerleareal in Feldkirch-Gisingen. Den neuen Wohnpark und das in diesem Artikel vorgestellte Haus E können Interessierte mit den Architekten und Bauherren besichtigen. 17 Uhr, Hämmerlestraße 52, Feldkirch. Info: v-a-i.at

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