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Sporthändler klagen über "Totalausfall" in Wintersaison

Bei der Sportausrüstung gab es nach dem Lockdown-Ende einige Nachziehkäufe.
Bei der Sportausrüstung gab es nach dem Lockdown-Ende einige Nachziehkäufe. ©APA (Sujet)
Die Sportfachhändler in den Tourismusregionen melden für die Wintersaison 2020/21 aufgrund der Corona-Pandemie und fehlender Gäste "fast einen Totalausfall".

Seit Jahresbeginn machten Sportartikelgeschäfte in Wintersportorten bis zu 95 Prozent weniger Umsatz als im Vorjahreszeitraum. Branchenvertreter drängen nun auf eine schnelle Auszahlung des von der Regierung kürzlich eingeführten Ausfallsbonus, damit die Händler wirtschaftlich überleben können.

Liquiditätsengpässe laut Branchenvertreter dramatisch

"Die Liquiditätsengpässe sind aktuell dramatisch", sagte Michael Nendwich, Sprecher des Sportartikelhandels in der Wirtschaftskammer, bei einem Hintergrundgespräch. In den Lagern der Händler würden noch rund 350.000 Paar Ski stehen, die nicht verkauft oder verliehen werden können und nun bezahlt werden müssen. Die Wiedereröffnung des Handels nach sechswöchigem Lockdown am 8. Februar war laut dem WKÖ-Branchensprecher vor allem für städtische Sportartikelhändler wichtig, in Tourismusgebieten ist die Lage "unverändert angespannt". Die touristischen Sporthändler würden in Normaljahren mindestens 65 Prozent ihres Umsatzes in den Monaten Dezember bis März erwirtschaften.

Die Sportfachhändler in Wintersportorten sind sehr stark von ausländischen Touristen abhängig, die seit November aufgrund der Corona-Lockdowns nicht Urlaub in Österreich machen konnten. Die Umsätze mit Gästen aus Deutschland, Niederlande und England beliefen sich laut Branchenschätzungen in Vorkrisenzeiten auf einen Erlösanteil von 70 Prozent. Neben dem Warenverkauf sind für Händler auch Ski- und Snowboard-Verleih, Service und Depot wichtige Umsatzbringer. Diese Dienstleistungsumsätze sind unwiederbringlich verloren, bei Sportausrüstung gab es nach dem Lockdown-Ende einige Nachziehkäufe.

Ausfall der Wintersaison sorgt für "nachhaltigen Schaden"

Der Ausfall der Wintersaison verursache bei den Sportfachhändlern in Tourismusregionen "einen nachhaltigen Schaden", sagte der Intersport-Österreich-Geschäftsführer Thorsten Schmitz. Auch könne man wegen der Coronapandemie derzeit keiner abschätzen, wie die nächste Sommer- und Wintersaison laufe werde. Um die Liquidität der Betriebe zu sichern, müssten die angekündigten Coronahilfen der Regierung so schnell als möglich fließen, so der Intersport-Österreich-Geschäftsführer.

Auch Sport-2000-Chef Holger Schwarting erwartet bei Sportfachhändlern in Wintersportorten trotz Coronahilfen "einen Substanzverlust". Die Familienbetriebe würden die Coronakrise derzeit nur mit Hilfe der Hausbank und Privatzuschüssen durchstehen. Schwarting plädiert dafür, bei künftigen Hilfen eine stärkere Unterscheidung zwischen Sporthändlern in Städten und in Tourismusgegenden zu machen. "Wenn Corona noch länger andauert, müssen wir diese Gruppe anders schützen."

Lager der Sporthändler sind voll

Die Lager der Händler sind derzeit voll mit nicht verkaufen Alpinski, Skischuhen, Snowboards und Bekleidung. Sport 2000 und Intersport wollen bei den Skiherstellern für die Wintersaison 2021/22 nur 15 bis 20 Prozent der normalen Menge ordern. Laut Branchenschätzungen stammt in Normaljahren rund die Hälfte der weltweit verkauften Ski von Austro-Herstellern. Die Skihersteller Atomic, Blizzard, Head und Kästle mit Sitz in Österreich sind in ausländischer Hand. Fischer und der Tourenski-Hersteller Hagan haben noch österreichische Eigentümer. "Wir müssen einen negativen Dominoeffekt auf unsere Weltmarktführer aus der österreichischen Ski-Industrie unbedingt vermeiden - sonst droht auch hier der Verlust von heimischer Wertschöpfung und Arbeitsplätzen", warnte WKÖ-Branchensprecher Nendwich.

In touristischen Regionen gibt es rund 750 Sportartikelgeschäfte, der Großteil befindet sich in Westösterreich. 94 Prozent der Betriebe sind familiengeführte Einzelunternehmen. Der Umsatz der touristischen Sporthändler mit Warenverkauf, Verleih und Service stürzte 2020 aufgrund der Coronakrise um mehr als ein Drittel auf 608 Mio. Euro ab, geht aus einer aktuellen Branchenstudie des Sportökonomie-Instituts SportsEconAustria hervor. In Vorkrisenzeiten belief sich der Umsatzanteil der Sportfachhändler in Tourismusregionen auf 44 Prozent des gesamten Sportartikelmarktes in Österreich (2,2 Mrd. Euro). "Neben der Hotellerie und der Seilbahnwirtschaft ist der Sportartikelhandel der dritte wesentliche Faktor im touristischen Dienstleistungsnetzwerk", so SportsEconAustria-Leiter Christian Helmenstein.

(APA/Red)

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