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SPÖ: Nach Kern ist gar nichts mehr

SPÖ-Bundeskanzler Christian Kern.
SPÖ-Bundeskanzler Christian Kern. ©APA/Hans Punz
Gastkommentar von Johannes Huber. Die Partei ist schon heute kaum noch existent. Siehe Wien.

Vor allem in bürgerlichen Kreisen, die gut informiert sein wollen, sind zwei Dinge klar: Dass die Neue Volkspartei von Sebastian Kurz bei der Nationalratswahl auf Platz eins kommt; und zwar ganz eindeutig. Und dass in der SPÖ dann Verteidigungsminister Hans Peter Doskozil das Ruder übernehmen wird. Ersteres ist möglich; letzteres jedoch unwahrscheinlich. Grund: Die Sozialdemokratie wird sich nach einer Wahlniederlage viel eher in Luft auflösen und allenfalls nur noch einen Abwickler benötigen. Schluss. Aus. Fertig.

Wenn man genauer hinschaut, erkennt man, an wie vielen Orten sie schon heute kaum noch existiert; wenn überhaupt. Machen wir’s schnell: In Vorarlberg und Tirol ist sie eine Kleinpartei. In Salzburg, Ober- und Niederösterreich auf dem Weg dorthin. In der Steiermark hat sie – obwohl stärkste Partei – die Führung freiwillig abgegeben. Einzig in Kärnten und im Burgenland kann sie sich noch behaupten. Doch was ist das schon? Bevölkerungs- und damit auch wählermäßig ist das österreichweit fast nichts.

Bleibt Wien. Die einzig wirklich große Landesorganisation der Roten. Zumindest auf dem Papier. Praktisch aber schaut es so aus, dass der scheidende Vorsitzende Michael Häupl seit Monaten bemüht ist, einen Nachfolger durchzusetzen, der nicht Michael Ludwig (Wohnbaustadtrat) heißt. Und dass er dabei, wenn schon keine Mehrheit, dann eine so große Minderheit hinter sich weiß, dass immer auch eine gewisse Spaltungsgefahr mitschwingt.

Wenn man versucht, zu skizzieren, wie die SPÖ dasteht, dann darf man natürlich die Gewerkschafter nicht vergessen. Doch auch sie werden immer kleiner und bedeutungsloser, verlieren Mitglieder und damit Einfluss. Dass der Name des Präsidenten (Erich Foglar) nur Insidern geläufig ist, ist bezeichnend. Dass sich der Chef der Eisenbahner (Roman Hebenstreit) noch am ehesten Gedanken darüber macht, wie die Arbeitnehmervertretung im 21. Jahrhundert ausschauen sollte, ebenso; seine Gruppe gilt nicht gerade als Inbegriff des Fortschritts, ist es nach Gewerkschaftsverhältnissen nun aber.

Unterm Strich ist die sozialdemokratische also eine sehr, sehr kümmerliche Partei geworden. Ja, man muss es in aller Deutlichkeit sagen: Sie hat zwar noch eine Adresse und ein paar Mitarbeiter, ist im Übrigen aber einzig und allein Christian Kern. Und das bedeutet folgendes: Entweder überrascht er bei der Nationalratswahl und bleibt in weiterer Folge; dann kann sie diesen Zustand bewahren. Oder er verliert so stark, dass er zurücktreten muss; dann ist auch sie nicht mehr das, was wir von ihr kennen.

Dann gibt es de facto auch keine Partei mehr, die zum Beispiel Hans Peter Doskozil übernehmen könnte. Wobei das in seinem Fall sowieso ein Problem wäre: Wie Ludwig in Wien polarisiert er darüber hinaus. Zumindest die letzten Linken wären folglich weg. Und dann würde die Partei nicht einmal mehr als Mehrheitsbeschafferin für eine ÖVP- oder FPÖ-geführte Regierung taugen.

Johannes Huber betreibt den Blog dieSubstanz.at – Analysen und Hintergründe zur Politik.

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