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SPÖ macht auf FPÖ

Kann Michael Ludwig der FPÖ den Wind aus den Segeln nehmen?
Kann Michael Ludwig der FPÖ den Wind aus den Segeln nehmen? ©APA/GEORG HOCHMUTH
Gastkommentar von Johannes Huber. Auf das Alkoholverbot auf dem Praterstern folgt das Essverbot in der U-Bahn. Das ist populistisch, schwer abzulehnen und daher wirkungsvoll. Es bringt jedoch ein Problem mit sich.

Seit Michael Ludwig die Wiener SPÖ und – als Bürgermeister – das Rathaus führt, scheint es für die Freiheitlichen nicht mehr ganz so gemütlich zu sein. Der 57-Jährige übernimmt Forderungen von ihnen; da bleibt ihnen weniger, sich zu profilieren. Dabei hätten sie gewarnt sein müssen: Schon als Wohnbaustadtrat hat er dafür gesorgt, dass Fremde nur schwer Zugang zum Gemeindebau bekommen. Zuletzt setzte er auch noch ein Alkoholverbot auf dem Praterstern durch, und nun wird unter seiner Gesamtverantwortung ein Essverbot in der U-Bahn eingeführt. Das eine haben Heinz-Christian Strache und Co. schon lange gefordert, beim anderen tun sie sich schwer, dagegen zu halten. Zum Essverbot fällt dem Abgeordneten Leo Kohlbauer auf Facebook lediglich ein, dass es „von den wahren Problemen“ ablenke: „Verfehlte Willkommenskultur“ habe die U-Bahn „zu einem Ort verwandelt, an dem man sich unwohl und nicht mehr sicher fühlt“. Ein Argument gegen das Essverbot ist das nicht; im Gegenteil. Punkt für Ludwig und Genossen: Kohlbauer attestiert ihnen, wenigstens etwas zu tun.

Der Bürgermeister lässt eine populistische, um nicht zu sagen sehr freiheitliche Politik machen. Wobei es Kritikern nie leicht fällt, inhaltlich etwas einzuwenden. Als sich auf dem Praterstern noch Betrunkene herumtrieben, war das für die Passanten nicht lustig; vielen war das äußerst unangenehm. So ähnlich ist das, wenn man in einem Waggon steht und der Mann oder die Frau nebenan eine Pizzaschnitte, eine Leberkässemmel oder was auch immer Geruchsintensives in sich hineinschiebt. Das ist schlicht und ergreifend widerlich. Und so könnte man jetzt auf der anderen Seite zwar einiges anführen gegen ein Verbot. Zum Beispiel, dass die Bevormundung, die damit einhergehe, unerträglich sei. Oder dass als Nächstes wohl verboten werde, laut zu sprechen (bzw. zu telefonieren) oder gar zu lachen, weil das unbeteiligte Fahrgäste ebenfalls stören kann. All das ändert aber nichts daran, dass man über dieses Essverbot ganz offen gestanden halt doch ein bisschen froh ist.

Das Problem für die SPÖ ist nur, dass sie sich mit dieser gewissen Law-and-Order-Politik zu einer Getriebenen der FPÖ macht: Gefühlte Missstände gibt es viele. Da sind der Phantasie keine Grenzen gesetzt. Siehe Kopftücher. Oder Fremdsprachen in öffentlichen Einrichtungen. Eine bestimmte Masse wird sich in jedem Fall finden, die irgendetwas befremdlich findet. Gerade auch in einer multikulturellen Stadt wie Wien, in der fast die Hälfte der Bevölkerung über einen Migrationshintergrund verfügt, liegt das auf der Hand. Also wird die SPÖ, einmal angefangen, wohl noch sehr viele Verbote ausrufen müssen, um wenigstens eine deutliche Mehrheit der Wähler zufriedenzustellen. Und zwar ohne Gewähr eben, dass das überhaupt möglich ist.

Johannes Huber betreibt den Blog dieSubstanz.at – Analysen und Hintergründe zur Politik.

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