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SPÖ-Kern im ORF-Sommergespräch: Regierung "lupenrein rechtspopulistisch"

Christian Kern kritisierte die Regierungsarbeit im ORF-Sommergespräch nicht nur einmal.
Christian Kern kritisierte die Regierungsarbeit im ORF-Sommergespräch nicht nur einmal. ©APA/HERBERT NEUBAUER
Am Montagabend nahm SPÖ-Vorsitzender Christian Kern beim ORF-"Sommergespräch" Platz. Dabei wurde die Regierungsarbeit von ÖVP und FPÖ mehrmals scharf kritisiert und unter anderem als "lupenrein rechtspopulistisch" deklariert.
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SPÖ-Vorsitzender Christian Kern hat am Montagabend im ORF-“Sommergespräch” einmal mehr das “Drüberfahren” der türkis-blauen Regierung bei der Arbeitszeitflexibilisierung kritisiert. “Das ist ein Diktat, das bringt uns nicht weiter”, sagte der Ex-Kanzler. Scharfe Kritik übte er auch am Migrationskurs von ÖVP und FPÖ. Sich selbst sieht er trotz innerparteilicher Sticheleien fest im Sattel.

Kern bekräftigt Kritik an Regierungs-“Diktat” bei Arbeitszeit

Die SPÖ, aber auch die Gewerkschaft hätte durchaus über die Arbeitszeitflexibilisierung mit sich reden lassen, gab Kern zu verstehen. Es habe ja auch schon in der Vergangenheit abweichende Regelungen gegeben, aber nur mit Einbindung des Betriebsrates. Die per 1. September in Kraft getretene Neuregelung sei aber ohne Konsens und ohne Gespräche passiert. “Das ist ein Drüberfahren.” Für die nun anstehenden Lohnverhandlungen erwartet Kern, dass die Gewerkschaften reagieren werden. Damit komme man in eine “Spirale der Eskalation”.

Angesprochen auf die innerparteiliche Kritik am Kurs der SPÖ – etwa durch den burgenländischen Landesrat und Ex-Minister Hans-Peter Doskozil, der vor dem Betreiben einer “grün-linken Fundi-Politik” gewarnt hatte – sagte Kern, niemand wolle in der SPÖ eine solche. Den Fokus mehr auf die Klimapolitik zu legen, sei aber weder grün noch rot, sondern “grundvernünftig”.

Führungsfrage in der SPÖ für Kern “sonnenklar”

Diskussionen um seine Person als Parteichef wischte Kern vom Tisch: “Die Führungsfrage in der SPÖ, die ist sonnenklar.” Die Frage, wo seine Schmerzgrenze für die Wiederwahl beim kommenden Parteitag Anfang Oktober liege, wollte Kern nicht beantworten. Und auch anderen Spekulationen rund um seine Person erteilte er neuerlich eine Absage: So seien Mutmaßungen, er selbst könnte bei der EU-Wahl als Spitzenkandidat antreten, “totaler Mumpitz”.

In Sachen Migration grenzte sich Kern klar von der Regierung ab: “Wenn jetzt der Regierungschef gemeinsam mit dem Herrn (italienischer Innenminister Matteo, Anm.) Salvini, einem Typen, der am Rande des Faschismus spaziert in Italien (…) sagt, wir nehmen keine Schiffe mehr an, dann machen wir uns verantwortlich für das Sterben.” Man brauche beim Flüchtlingsthema nachhaltige Lösungen, dazu werde die SPÖ auch kommende Woche ihr Migrationspapier finalisieren und dieses dann am Bundesparteitag beschließen. “Da gehört auch der Klimawandel dazu”, denn alleine im Jahr 2017 seien rund 25 Mio. Menschen vor Naturkatastrophen geflohen, 6 Mio. Menschen vor Gewalt und Verbrechen, so Kern.

Regierung würde ständig die Gesellschaft spalten

Seine Kritik an der “lupenrein rechtspopulistischen” ÖVP-FPÖ-Regierung erneuerte der SPÖ-Chef im ORF-Sommergespräch: Der Rechtsstaat sei “eine Pflanze, die geschützt werden muss”. “Um den Schriftsteller (Michael, Anm.) Köhlmeier zu zitieren: Das Problem ist, das Böse, das Unglück, kommt selten mit einem Schlag ins Leben der Menschen. Sondern es nähert sich erst auf leisen Sohlen und dann in kleinen Schritten.” Und die Regierung nehme “Demokratie und Rechtsstaat nicht so gebührend ernst wie das notwendig ist”, sagte Kern. Gleichzeitig relativierte er seine Kritik: “Diese Regierung besteht selbstverständlich nicht aus Nazis, das ist ja absurd und lächerlich, das zu behaupten.”

Man habe es aber etwa (bei den rechten und rechtsextremen Aufmärschen) im deutschen Chemnitz gesehen, wie schnell sich die Dinge ändern können: “Wenn an dieser Spirale gedreht wird, es kommt irgendwann der Punkt, wo man es nicht mehr stoppen kann, das ist wie bei Goethes Zauberlehrling.” Die Regierung würde ständig die Gesellschaft spalten und Sündenböcke suchen – ob beim Ausländer-Thema, bei den Beamten, bei politisch Andersdenkenden oder auch bei der Pressefreiheit: “Jeden Tag wird hier verbreitet, durch FPÖ und andere Kanäle, dass hier gelogen wird, die Leute hinters Licht geführt werden”. Die Presse sei aber ein Korrektiv, das man brauche, so Kern.

BVT-Causa “Anschlag auf Rechtsstaat”

Und auch in der Causa BVT fand Kern scharfe Worte, er sprach von einem “Anschlag auf unseren Rechtsstaat”. “Das ist eine Unterwanderung unseres Staates durch Elemente, gegen die der Verfassungsschutz in der Vergangenheit ermittelt hat, die aus rechtsextremen Kreisen kommen”, sagte der SP-Chef.

626.000 sahen Kern

Kern hat in seinem ORF-“Sommergespräch” am Montagabend im Schnitt 626.000 Zuschauer erreicht, teilte der ORF am Dienstag mit. Der Marktanteil für den Chef der größten Oppositionspartei betrug 21 Prozent. In Spitzen waren bis zu 666.000 Zuseher dabei. Im Vergleich zur Ausgabe von 2017, die Kern im Sommer-Wahlkampf als Bundeskanzler bestritt, was das deutlich weniger Reichweite.

Am 4. September 2018 hatte er durchschnittlich 943.000 Zuschauer und 30 Prozent Marktanteil erzielt. Im Ranking der bisherigen heurigen “Sommergespräche” erreichte er nach FPÖ-Chef Heinz Christian Strache die zweitgrößte Reichweite.

ORF-Sommergespräche: Finale mit Kurz

Die ORF-“Sommergespräche” gehen kommenden Montag (10. September) ins Finale, wenn ÖVP-Obmann und Bundeskanzler Sebastian Kurz bei Nadja Bernhard und Hans Bürger Platz nimmt.

(APA/Red)

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