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Spiegelgrund-Opfer geehrt

Nur wenige überlebten die Spiegelgrund-Hölle. Vier Zeitzeugen wurden jetzt geehrt.

Am Spiegelgrund, von 1940-45 die zweitgrößte „Kinderfachabteilung“ des Deutschen Reiches, war die Hölle auf Erden. Immer wieder wurde es umbenannt, da man versuchte, mit verharmlosenden Namen eine Spezialklinik vorzutäuschen, in der kranke, behinderte und vermeintlich erblich belastete Kinder und Jugendliche behandelt wurden.

Hölle auf Erden
In Wirklichkeit fanden am Spiegelgrund etwa 700 bis 800 Euthanasiemorde an geistig behinderten Kindern statt. Kindern wurden Überdosien Schlafmittel verabreicht, vor allem Luminal. Gewichtsverlust, hohes Fieber und Anfälligkeit für Infektionen waren die Folge. Kurz vor dem Tod informierten die Ärzte die Eltern über eine besorgniserregende Verschlechterung des Gesundheitszustandes. Wenig später langten die Todesmeldungen mit der “offiziellen” Todesursache, wie z.B. Lungenentzündung und dem Hinweis, dass das Kind durch einen “sanften Tod erlöst” worden wäre, ein.
Viele Opfer verhungerten, da man ihnen bewusst viel zu wenig Nahrung gab, noch dazu fett- und fleischarm. Den Leichen wurden später Rückenmark und Gehirn für experimentelle Zwecke entnommen.
Federführend war der Leiter der Säuglingsabteilung, Heinrich Gross. Er wurde dafür nie rechtskräftig verurteilt. Insgesamt wurden in der Anstalt Steinhof, dem heutigen Otto-Wagner-Spital, rund 7.500 PatientInnen von den Nazischergen ermordet.

Nur wenige Kinder konnten dieser Hölle entfliehen. Nachdem 2006 25 Überlebende vom “Spiegelgrund” für deren wichtige Aufklärungs- und Zeitzeugenarbeit über die Gräueltaten des Nazi-Regimes mit dem Goldenen Verdienstzeichen des Landes Wien ausgezeichnet wurden, meldeten sich weitere Überlebende.

Die Wiener Gesundheits- und Sozialstadträtin Mag. Sonja Wehsely verlieh am Donnerstag, den 17. April 2008, das Goldene Verdienstzeichen des Landes Wien an die Zeitzeugen Henriette Churavy, Rudolf Karger, Edeltraud Luchinetti und Johann Ribolits.„Sie haben in ihrem frühen Stadion ihres Lebens schreckliches erlitten. Sie mussten als Kinder traumatisierende Gewalterfahrungen sammeln, die durch nichts wieder gut zu machen sind.”

“Gott gibt uns Kraft”
“Ihnen sind von österreichischen Staatsbürgern Dinge angetan worden, die man sich, wenn man es selbst nicht erlebt hat, gar nicht vorstellen kann. Ich möchte mich ganz persönlich bei ihnen bedanken dafür dass sie nach Jahrzehnten bereit sind diese Ehrung des Landes Wiens in Empfang zu nehmen”, so Wehsely.
Edeltraud Luchinetti hielt schließlich eine rührende Rede vor den Anwesenden: „Gott schenkte uns Kraft. Aber viele haben es nicht überlebt, besonders welche, die für Forschungszwecke dienten. Mein Bruder, zerebralgeschädigt, ist gestorben. Sein Tod kommt einem Mord gleich. Für alle diese Gotteskinder nehme ich gedanklich diese Ehrung in Empfang.”

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