Kroatische Medien sind voll von verschiedenen Thesen über die möglichen Gründe für den Rücktritt Sanaders. Dabei dominieren drei Thesen: Krankheit, Druck und Streit. Laut einigen Medien ist Sanader ernsthaft krank. Und sollte er selbst nicht krank sein, so könnte jemand in seiner Familie große gesundheitliche Probleme haben. Laut Semso Tankovic, Vertreter der bosniakischen, slowenischen und albanischen Minderheiten im Parlament, hat Sanader während eines Treffens mit Minderheitenvertretern seinen Schritt mit gesundheitlichen Gründen erklärt. “Er hat uns gesagt, dass sein Arzt ein langsameres Tempo empfohlen hat”, sagte Tankovic gegenüber der Tageszeitung “Novi list” (Donnerstag-Ausgabe)
Anderen Medien zufolge hätte Sanader Druck von zwei Seiten gespürt: Der Europäischen Union, die mit den Ergebnissen seiner Arbeit nicht zufrieden gewesen sei, und von “Feinden”, die über “schreckliche Geheimnisse” bescheid wüssten. Angeblich werde er von einigen Abtrünnigen seiner Partei HDZ (Kroatische Demokratische Gemeinschaft) “erpresst”, die ihn nicht mehr im Amt haben wollten.
Wiederum andere Zeitungen berichten von einem angeblichen Streit innerhalb der HDZ als Grund für den Rücktritt. Dabei gehe es um eine Untersuchung über den Einkauf von Lkw für die kroatische Armee. Im Mittelpunkt steht der ehemalige Innenminister Berislav Roncevic, der nach einer Reihe aufsehenerregender Auftragsmorde, die vor neun Monaten das Land erschütterten, durch Tomislav Karamarko ersetzt wurde.
Roncevic, der in der ersten Regierung Sanaders (2003-2007) Verteidigungsminister war, soll zu viel für einige Lkw bezahlt haben. In der Sache habe ihn Präsident Mesic bereits 2005 beschuldigt, und die HDZ unternehme alles, um die Untersuchung zu stoppen. Ein von der HDZ dominierter Parlamentsausschuss entschied im vergangenen Monat, dass es keinen Geldmissbrauch gegeben habe. Laut einigen Medien ist die Polizei aber immer näher an Roncevic dran. “Extremisten” innerhalb der HDZ wollten ihn angeblich weiter schützen, Sanader jedoch nicht, und dies sei der Grund für den Rückzug des Premiers gewesen, mutmaßen Medien.