Spektakulärer Erbstreit endet mit vier Milliarden(!) für den Fiskus

Der im Alter von 79 Jahren verstorbene Münchner Industrielle Heinz Hermann Thiele hatte sein Milliardenvermögen offenbar langfristig geregelt. Er sei ein Deutscher, lebe in Deutschland und zahle auch seine Steuern in Deutschland, betonte Thiele zu Lebzeiten. Ein Umzug ins Ausland oder steuerlich motivierte Konstruktionen lehnte er ab.
Stattdessen plante er eine deutsche Familienstiftung, die sein Firmenvermögen zusammenhalten und seinen engsten Angehörigen zugutekommen sollte. Die Gründung der Heinz Hermann Thiele Familienstiftung erfolgte laut amtlichen Unterlagen bereits am 7. Juni 2018. Ihre Anerkennung durch die Behörden zog sich jedoch bis April 2023 hin – also nach Thieles Tod. Dies führte zu juristischen Auseinandersetzungen über seinen letzten Willen.
Streit um Einfluss und Millionenvergütung
Besonders Thieles Witwe, Nadia Thiele, suchte nach dem Tod des Unternehmers mehrfach den Rechtsweg. Laut Testament war sie als Vorerbin eingesetzt, sollte das Vermögen später jedoch der Stiftung übergeben. Sie fühlte sich bei der Ausgestaltung übergangen und forderte mehr Mitspracherecht – vergeblich.
Auch die Vergütung des Testamentsvollstreckers Robin Brühmüller, die über 200 Millionen Euro betragen haben soll, wurde zum Gegenstand eines Verfahrens. In einer Strafanzeige erhob Nadia Thiele den Vorwurf der Untreue und des Betrugs. Die Staatsanwaltschaft stellte die Ermittlungen jedoch rasch ein.
Ein weiterer Streitpunkt betraf Thieles Sohn Henrik. Er hatte bereits 2017 im Familienkreis auf seinen Pflichtteil verzichtet und dafür eine Ausgleichszahlung von 25 Millionen Euro erhalten. Nach dem Tod des Vaters wollte er diesen Verzicht rückgängig machen. Das Landgericht München wies die Klage 2023 ab. Der Verzicht sei wirksam, die Vereinbarung rechtmäßig.
Einigung vor Jahresende
Im Dezember 2024 einigten sich die Witwe und der Testamentsvollstrecker schließlich vertraulich. Seither wird das Vermögen von der Familienstiftung verwaltet – unter Kontrolle von Tochter Julia Thiele-Schürhoff, Robin Brühmüller und dem ehemaligen Fresenius-Manager Stephan Sturm.
Vier Milliarden für den Staat
Mit der Klärung der Erbfolge wurde der Weg für die Erbschaftsteuer frei. Im April 2025 zahlten die Erben rund vier Milliarden Euro an das Finanzamt Kaufbeuren, wie die "Bild" berichtet – die bisher höchste bekannte Erbschaftsteuerzahlung in Deutschland.
Alle 16 deutschen Bundesländer nahmen zusammen im Rekordjahr 2023 "nur" 7,9 Milliarden Euro aus der Erbschaftssteuer ein.
Nach dem Grundgesetz steht das Steueraufkommen den Ländern zu. Besonders der Freistaat Bayern profitiert, da Thieles letzter Wohnsitz dort lag. Doch auch andere Länder erhalten durch den Länderfinanzausgleich Anteile. So wird etwa Sachsen mit über 100 Millionen Euro aus dem Nachlass bedacht. Auch Berlin soll laut Berichten profitieren, doch eine Bestätigung durch die Senatsverwaltung für Finanzen blieb mit Verweis auf das Steuergeheimnis aus.
Heinz Hermann Thiele - Vom Sachbearbeiter zum Milliardär
Als Thiele im Februar 2021 überraschend verstarb, zählte er mit einem geschätzten Gesamtvermögen von 15 Milliarden Euro zu den reichsten Männern Deutschlands. Dabei hatte der Deutsche seine Karriere als Sachbearbeiter begonnen.
Thieles Karriere begann 1969 bei Knorr-Bremse in München – damals ein mittelständisches Unternehmen für Lkw- und Zugbremsen. Als promovierter Jurist stieg er innerhalb weniger Jahre zum Geschäftsführer auf. Nach und nach übernahm er die Aktienmehrheit und formte Knorr-Bremse zu einem weltweit führenden Technologiekonzern.
Unter seiner Leitung entwickelte sich das Unternehmen zu einem Global Player mit Milliardenumsätzen. Später sicherte sich Thiele auch Anteile am Bahntechnikkonzern Vossloh und stieg schließlich während der Corona-Pandemie bei der angeschlagenen Lufthansa ein. Mit einem Anteil von über 15 Prozent wurde er zum zweitgrößten Aktionär des Luftfahrtunternehmens.
Parallel zu seinen Industriebeteiligungen investierte Thiele frühzeitig in Immobilien. Er erwarb große Ländereien im Ausland, darunter Avocado-Plantagen in Südafrika und eine Rinderzucht in Uruguay.
Sein Vermögen wurde zuletzt auf rund 15 Milliarden Euro geschätzt. Die "Frankfurter Allgemeine Zeitung" bezeichnete ihn einst als den "mächtigsten Kapitalisten der Republik".
(VOL.AT)