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Spanien verfehlt Defizit-Ziel noch klarer als befürchtet

Spanien steckt womöglich bereits in der Rezession.
Spanien steckt womöglich bereits in der Rezession. ©dapd
In dem schuldengeplagten Euro-Staat Spanien klafft ein noch tieferes Budgetloch als bisher angenommen. Der Fehlbetrag könnte 2011 acht Prozent der Wirtschaftsleistung überstiegen haben, räumte Wirtschaftsminister Luis de Guindos am Montag ein. Damit wird das Ziel von sechs Prozent noch weiter verfehlt als bisher vermutet.
Guindos warnte im Rundfunk zudem, die viertgrößte Volkswirtschaft der Euro-Zone stecke womöglich bereits in der Rezession. Dies signalisierte auch die Markit-Umfrage unter Industriemanagern, die für Dezember eine stärker schrumpfende Geschäftstätigkeit anzeigte.

Regierung muss 35 Milliarden Euro einsparen

Die mit einer absoluten Mehrheit ausgestattete Regierung von Ministerpräsident Mariano Rajoy steht vor einer wahren Mammutaufgabe: Sie muss 35 Milliarden Euro einsparen, will sie ihr Defizitziel von 4,4 Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP) in diesem Jahr einhalten. Rajoy schlug bereits vorige Woche erste Pflöcke ein, um das ehrgeizige Ziel zu erreichen. Neue Steuererhöhungen sollen rund sechs Milliarden Euro in die knappe Staatskasse spülen, Ausgabenkürzungen sollen zusätzlich knapp neun Milliarden Euro einbringen.

Vertrauen der Investoren gewinnen

Hinzu kommen weitere Ausgabenbremsen für die öffentliche Hand und Strukturreformen etwa am Arbeitsmarkt, mit denen die lahmende Wirtschaft angekurbelt und die Wettbewerbsfähigkeit des Landes verbessert werden soll. “Die Regierung hat eine sehr offensive Reformagenda für die nächsten Wochen und Monate”, sagte Guindos dem Sender Cadena Ser. Glaubhafte Sparanstrengungen gelten als entscheidend für das Vertrauen der Investoren an den Kapitalmärkten, wo sich Spanien bei bevorstehenden Emissionen von Staatsanleihen schon bald frisches Geld besorgen will.

Auswirkungen auf Finanzmärkte

Die bevorstehende Refinanzierung spanischer und auch italienischer Anleihen im Volumen von mehreren Hundert Milliarden Euro lastet bereits auf der Stimmung an den europäischen Finanzmärkten. Sollten die Emissionen neuer Papiere schlecht laufen, könnte dies negative Reaktionen auslösen, warnte Mark Priest, Aktienhändler bei ETX Capital. Spanien wagt sich bereits am 12. Jänner wieder an den Kapitalmarkt und wird Staatsanleihen mit dreijähriger Laufzeit anbieten.

Am selben Tag will sich Italien über Geldmarktpapiere mit frischem Geld versorgen und am 13. Jänner Papiere mit fünfjähriger Laufzeit anbieten. Beide hoch verschuldete Staaten sind 2011 ins Visier der Märkte geraten. Die Europäische Zentralbank (EZB) kauft bereits seit dem Sommer Staatsanleihen dieser Mittelmeerländer auf und drückt damit de facto ihre Renditelast. Die EZB hat aber bereits angekündigt, dass sie diese Stützungskäufe nicht auf Dauer durchhalten kann und will.

Euro im 15-Monats-Tief

Angesichts der ungelösten Probleme in der Schuldenkrise konnte sich der Euro zu Wochenbeginn nicht von seinem 15-Monats-Tief der Vorwoche lösen und notierte weiterhin unter der Marke von 1,30 Dollar. Zur japanischen Währung rutschte er sogar weiter ab und markierte mit 99,45 Yen ein Elf-Jahres-Tief. Die Renditen der zehnjährigen spanischen Anleihen lagen kaum verändert bei 5,15 Prozent und diejenigen der italienischen Titel pendelten weiter um die Marke von sieben Prozent.

Defizit fördert rasche Reformen

Nach Ansicht des EZB-Direktoriumsmitglieds Jose Manuel Gonzalez-Paramo hat die Euro-Krise auch ihr Gutes: Sie sorge dafür, dass Reformen in Euroland schneller vorankämen, sagte er der französischen Zeitung “La Tribune”: “Wir müssen mit Zuversicht auf die Zukunft des Euro blicken.”

(APA)

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