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Spätfrost in der Türkei lässt Haselnüsse um 35 % teurer werden

Spätfrost in der Türkei hat die Haselnuss-Ernte stark verringert und verteuert damit Aufstriche wie Nutella und Schokolade weltweit
Spätfrost in der Türkei hat die Haselnuss-Ernte stark verringert und verteuert damit Aufstriche wie Nutella und Schokolade weltweit ©Canva
Ein Kälteeinbruch an der türkischen Schwarzmeerküste hat die Haselnuss-Ernte um rund 36 Prozent geschmälert. Seit Jahresbeginn stiegen die Großhandelspreise um mehr als ein Drittel – mit Folgen für Schokolade, Aufstriche und Müsli.

Die Türkei deckt rund 60 Prozent des weltweiten Haselnussbedarfs. Ende April zerstörten Nachtfröste Blüten und Triebe. Landwirtschaftsminister Ibrahim Yumakli sprach von "einem der ärgsten Agrarfröste in der Geschichte der Türkei". Der staatliche Getreiderat erwartet nur noch 450.000 Tonnen – ein Minus von 36 Prozent gegenüber dem Vorjahr.

Doppelbelastung für die Schokoladenbranche

Der Preissprung trifft Hersteller, die neben Kakao traditionell große Mengen Haselnüsse beziehen. Ritter Sport verarbeitet jährlich mehrere Tausend Tonnen Kerne, überwiegend von der Schwarzmeerküste. "Wir registrieren mithin eine massive (Doppel-)Belastung auf der Rohstoffseite", erklärt ein Sprecher. Auch Lindt & Sprüngli sowie die Müslimarke Kölln spüren den Kostendruck.

Snack- und Aufstrichanbieter unter Zugzwang

Seeberger bezieht seine Haselnüsse aus Italien, spürt die Knappheit dennoch: "Die aktuelle Entwicklung ist auch Ausdruck der zunehmenden Klimarisiken für die Landwirtschaft", so das Unternehmen. Am härtesten betroffen ist Ferrero. Der Nutella-Hersteller kauft Schätzungen zufolge rund ein Drittel der Welternte, verneint jedoch Lieferunterbrechungen und verweist auf zusätzliche Bezugsquellen in Italien, Chile und den USA.

Rekordpreise am Rohstoffmarkt

Nach Angaben des Marktanalysten Alexander Sterk kostet eine Tonne türkischer Haselnusskerne aktuell etwa 9400 Euro. "Der Haselnusspreis ist derzeit sehr hoch", sagt Sterk. Handel und Verarbeiter hielten sich mit Neuabschlüssen zurück; einige Firmen änderten Rezepte, um den Anteil der teuren Nuss zu reduzieren.

Mandeln als Alternative

Rainer Lückenhausen vom Hamburger Handelshaus Schlüter & Maack geht davon aus, dass Produzenten verstärkt auf Mandeln ausweichen, "die preislich interessanter sind". Weitere extreme Preissprünge erwartet er kurzfristig nicht, warnt jedoch: Der Klimawandel könnte die Erträge in den kommenden Jahren jederzeit erneut belasten.

Existenzdruck für Bauern an der Schwarzmeerküste

Viele Haselnussbauern sind nicht gegen Ernteausfälle versichert. "Der Winter war hart hier. Der Schnee im April hat alles ruiniert", schildert eine Erntehelferin der Nachrichtenagentur DHA. Der offizielle Mindesteinkaufspreis liegt in dieser Saison bei rund 4,20 Euro pro Kilo – auf Eurobasis knapp 17 Prozent über dem Vorjahr. Aufgrund der Lira-Abwertung entspricht das sogar einem Plus von mehr als 50 Prozent.

Ausblick

Die Ernte läuft noch bis in den September. Experten rechnen damit, dass Abnehmer in Europa ihre Lager rasch auffüllen. Ob sich die Preise danach stabilisieren, hängt vom Wetter und der nächsten Blüte ab. Sicher ist: Der Klimawandel erhöht das langfristige Risiko von "Climateflation".

(VOL.AT)

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