Southside Festival 2025: Samstag mit starken Momenten und schwachem Finale

Der frühe Vogel hört die gute Musik – zumindest, wenn er am Samstag um 12.30 Uhr vor der White Stage stand. Dort eröffnete Anina, Gewinnerin des diesjährigen Southside Gamechanger Contest für FLINTA-Acts, den zweiten Festivaltag. Die Newcomerin überzeugte mit spürbarer Freude an der Performance, das Publikum zeigte sich schon zu dieser frühen Stunde erstaunlich stimmungsvoll.

Nicht viel später betrat Kate Nash die Bühne – und tanzte gleich mitten durchs Publikum. Ihre Songs handeln von Selbstbestimmung und vor allem von Feminismus. Dabei bewies die Künstlerin, dass man dafür nicht unbedingt vulgär sein muss wie Ikkimel tags zuvor. Zwar löst Kate Nash damit nicht den selben Hype um ihre Figur aus, brachte aber bereits am frühen Nachmittag viele Menschen zum Tanzen und strahlen.

Waghalsige Einlagen und politische Statements
Blackout Problems brachten die Red Stage am frühen Nachmittag zum Beben. Die Indie-Rockband aus München lieferte nicht nur musikalisch ab, sondern sorgte mit einer artistischen Einlage für Begeisterung: Der Gitarrist kletterte kurzerhand aufs Bühnengerüst – an der gleichen Stelle, wo am Vortag Bibiza noch betont brav erklärte, dass der Bühnengraben für ihn tabu sei.

Positiv überrascht zeigt sich das Publikum wenig später von Olli Schulz & Band. Der Singer-Songwriter brachte nicht nur viel Wortwitz, sondern auch eine Message mit. Gegen die AFD und für mehr Zusammenhalt wurde auf der Bühne einmal mehr plädiert. Schulz lieferte mit seinen Songs den perfekten Soundtrack für den Samstagnachmittag.
Stranger-Things-Star Joe Keery
Mit DJO betrat ein US-amerikanischer Schauspieler die Bühne, der längst auch als Musiker ernst genommen wird: Joe Keery, bekannt aus der Netflix-Serie Stranger Things, überzeugte mit einem fein abgestimmten Set zwischen Indiepop, Funk und 80s-Vibes. Es schien das Publikum belohnte ihn allerdings mehr für sein Aussehen als für seine Songs. War das Kreischen in den vorderen Reihen doch recht laut zu hören, sobald der Sänger vom Mikrofon aufblickte und ins Publikum lächelte.

Spätestens bei Von Wegen Lisbeth wird es dann richtig voll. Die Berliner Indie-Pop-Band punktete trotz Verspätung und technischen Problemen mit sympathischer Bühnenpräsenz, eingängigen Texten und einer treuen Fangemeinde, die jeden Song mitsingt.
Biffy Clyro, Rise Against und AnnenMayKantereit
Gegen Abend schlug die Stunde der lauten Gitarren. Biffy Clyro, der erste große Rock-Act des Abends, heizten mit wuchtigen Riffs und druckvollen Refrains das Infield ordentlich an. Die Schotten lieferten eine kraftvolle Show mit überraschenden Ausflügen in balladenähnliche Klanglandschaften. Die optimale Einstimmung für die nächste Band, denn im Anschluss übernahmen Rise Against auf der Blue Stage das Ruder und verwandeln die Bühne einmal mehr in ein politisches Statement. Die US-Band nutzt ihre Songs, um auf soziale Ungleichheit, LGBTQ-Rechte und Tierschutz aufmerksam zu machen. Ihre Show war energiegeladen und begleitet von viel Pyrotechnik.


Die ersten Headliner des Abends waren AnnenMayKantereit, die nach einer eineinhalbjährigen Livepause auf dem Zwillingsfestival zum ersten Mal wieder ein Lebenszeichen von sich gaben. Das Gelände war dicht gefüllt, jede Zeile wurde mitgesungen und Henning May strahlte bis über beide Ohren. Wie auch schon beim letzten Southside-Auftritt positionierte sich die Band zwischendurch für drei Songs mitten im Publikum. Mit im Gepäck war dieses Mal allerdings ein ganzes Orchester und zahlreiche Content Creator, die die Band aus dem Fotograben promoteten. Natürlich wurden auch alle Hits zum Besten gegeben und am Ende unter großem Jubel noch eine Tour für 2026 angekündigt.

Wo bleiben die großen Headliner?
Bis in die letzten Ecken gefüllt war das Gelände im Anschluss überraschender Weise vor der Blue Stage, wo Aligatoah als Late-Night-Headliner auftrat. Um nicht den Glauben an den guten Musikgeschmack des Publikums zu verlieren, kann man nur hoffen, dass sich der rege Andrang einzig aus dem Mangel an musikalischen Alternativen erklären lässt. In Summe war der Festival-Samstag trotz einiger Highlights dann nämlich doch recht schwach. Ob die Tatsache, dass das Festival – im Gegensatz zu den letzten Jahren – nicht ausverkauft war, nur auf das etwas schwächelnde Line-up oder auf den Mangel an neuen, wirklich großen Rock-Acts zurückzuführen ist, oder ob das der Beginn vom Ende der großen Rockfestivals ist, wird sich in den nächsten Jahren zeigen.