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Societe Generale wohl schon im November informiert

Im milliardenschweren Betrugsfall bei der Societe Generale gerät die Führung der französischen Großbank zunehmend unter Druck. Das Institut sei schon im November über fragwürdige Transaktionen ihres Händlers Jerome Kerviel alarmiert worden, sagte Staatsanwalt Jean-Claude Marin am Montag.

Kerviel selbst habe zudem erklärt, bei der Bank sei es wiederholt zu Verstößen gegen die internen Handelsregeln gekommen. Kerviel hat jüngsten Erkenntnissen zufolge mit fast 50 Mrd. Euro jongliert, was lange Zeit unerkannt blieb.

In dem vorliegenden Fall, bei der Societe Generale ein Schaden von 4,9 Mrd. Euro entstanden sei, habe der 31-Jährige aber allein gehandelt, sagte der Staatsanwalt. Societe-Generale-Chef Daniel Bouton bekräftigte unterdessen, sein Rücktrittsangebot liege weiter auf dem Tisch. Er hatte dies bereits in der Vorwoche angeboten, der Societe-Generale-Verwaltungsrat lehnte das aber ab.

Unterdessen sagte Wirtschaftsministerin Christine Lagarde, die zweitgrößte Bank des Landes stehe nicht unter Fusions-Zwang. Nach Bekanntwerden des Betrugsfalls hatte es Spekulationen gegeben, Societe Generale könne von BNP Paribas übernommen werden. An den Finanzmärkten wurde am Montag zudem spekuliert, die britische HSBC könne an Societe Generale interessiert sein.

Die Citigoup stufte Societe Generale zu Wochenbeginn auf “verkaufen” von “Kaufen” zurück und halbierte das Kursziel auf 65 Euro. Der Aktienkurs gab weitere fünf Prozent auf 70 Euro nach. Ein Anwalt von Kleinaktionären erklärte, er habe die Societe Generale wegen des Umgangs mit dem Fall verklagt. Die Terminbörse Eurex warnte nach Angaben von Staatsanwalt Marin die Societe Generale schon im November 2007 vor Positionen von Kerviel. Zwar habe die Bank den Händler darauf angesprochen. Kerviel habe aber ein gefälschtes Dokument vorgelegt, das eine Abdeckung der Risiken vorgetäuscht habe. Die Societe Generale hatte nach eigenen Angaben bis vor zehn Tagen keine Kenntnis von den nicht genehmigten Geschäften. Erst bei einer Befragung seiner Vorgesetzten sei die Sache aufgeflogen.

Kerviel sagte dem Staatsanwalts zufolge zudem, auch seine Kollegen hätten illegale Geschäfte gemacht. Seit Ende 2005 seien wiederholt interne Beschränkungen zum Handelslimit überschritten worden. In dem vorliegenden Fall habe Kerviel nach eigenen Worten aber allein gehandelt und eingeräumt, seine Geschäfte verschleiert zu haben. Dabei habe der 31-Jährige die Bank nicht schädigen, sondern seine Händler-Reputation aufpolieren wollen. Der Anwalt Kerviels sagte Reuters, sein Mandant habe “nicht einen Cent” für sich genommen. Es gehöre nun einmal zur Arbeit von Händlern, dass sie Risiken eingingen.

Frankreichs Notenbankchef Christian Noyer erklärte, er habe die Regierung erst mit Verzögerung über den Fall informiert. Damit habe er verhindern wollen, dass durch undichte Stellen im voraus Informationen an die Öffentlichkeit gelangen, während die Societe Generale die Geschäfte Kerviels nach dessen Suspendierung abgewickelt habe. Er sei am 20. Jänner über die Vorfälle informiert worden und habe die Regierung am 23. Jänner in Kenntnis gesetzt. Die Societe Generale hatte über den Fall erstmals am 24. Jänner berichtet und erklärt, die Positionen seien am 19. und 20. Jänner entdeckt und in den Tagen darauf verkauft worden.

Am Sonntagabend hatte die Bank erstmals Details offen gelegt. Demnach soll Kerviel Positionen im Wert von etwa 50 Mrd. Euro aufgebaut und durch fiktive Transaktionen verborgen haben. Er habe Hunderttausende verborgene Geschäfte abgewickelt und Absicherungen vorgetäuscht, so dass Verluste dem Anschein nach ausgeglichen worden seien, hieß es. “Der Spiegel” hatte berichtet, Kerviel habe dabei auch eine Riesenwette auf den Dax abgeschlossen. Demnach habe er zu Jahresbeginn schätzungsweise 140.000 Dax-Futures gekauft. Wegen der jüngsten Talfahrt an den Börsen habe die Bank mit den Terminkontrakten aber massive Verluste eingefahren.

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