- Globales Geldvermögen wuchs 2021 zum dritten Mal in Folge zweistellig
- Österreicher:innen wenden sich verstärkt dem Kapitalmarkt zu
- Wendepunkt 2022: Haushalte werden 10 Prozent ihres Vermögens verlieren Aussichten bleiben auch in den kommenden Jahren trüb
- Bedenkliches Schuldenwachstum vor allem in den Schwellenländern
Das globale Geldvermögen wuchs im vergangenen Jahr um etwas mehr als 10 Prozent und beträgt damit nunmehr 233 Billionen Euro.
Haupttreiber dieser Entwicklung war ein wahres Kursfeuerwerk an den Börsen, das für einen Boom der Aktienmärkte sorgte. Dies geht aus dem aktuellen "Allianz Global Wealth Report" hervor, der alljährlich Geldvermögen und Verschuldung der privaten Haushalte in rund 60 Ländern analysiert. Dem Report zufolge markiert 2022 jedoch einen Wendepunkt: Der Angriffskrieg Russlands hat den Post-Corona-Aufschwung abgewürgt, die Inflation ist ungebremst hoch, Energie und Lebensmittel sind knapp und die Verschärfung der Geldpolitik setzt Wirtschaft und Märkte unter Druck.
Vermögen wird schrumpfen! Die fetten Jahre sind vorbei
Frei nach dem gleichnamigen Film des Vorarlberger Regisseurs Hans Weingartner wird es jetzt dann wohl heißen: "Die fetten Jahre sind vorbei". Die Folgen des Ukraine-Kriegs mit hoher Inflation sowie die Verschärfung der Geldpolitik dürften erstmals seit langem das Vermögen der Menschen weltweit schmälern. Nach deutlichen Zuwächsen von jeweils über zehn Prozent in den vergangenen drei Jahren sei für das laufende Jahr mit einem Rückgang des globalen Geldvermögens um mehr als zwei Prozent zu rechnen, teilte der Versicherer Allianz am Mittwoch mit. Das wäre der erste nennenswerte Vermögensverlust seit der Finanzkrise 2008. Preisbereinigt könnten die Haushalte ein Zehntel ihres Vermögens einbüßen. "Die Inflation ist eine Plage für die Mittelschicht", sagte Allianz-Chefvolkswirt Ludovic Subran, die Krise stelle auch "den sozialen Kontrakt auf die Probe".
Plus 5,7 Prozent: Österreich beim Vermögenszuwachs auf Rang 2
Mit einem durchschnittlichen privaten Netto-Geldvermögen von 67.930 Euro pro Kopf liegt Österreich auf Rang 19 der reichsten Länder der Welt. Das Vermögen stieg im Vergleich zu 2020 an, wenngleich man im Ranking im Jahr davor auf Platz 16 gelandet war. Mit einem Plus von 5,7 Prozent verzeichnete Österreich 2021 den zweitstärksten Vermögenszuwachs seit der Finanzkrise.
USA an der Spitze
Wenn es um das Gesamt-Nettogeldvermögen geht, liegen die USA mit 87.546 Milliarden Euro unangefochten vor China (21.957 Milliarden) und Japan (12.800 Milliarden) an der Spitze. In Europa ist Großbritannien mit 6918 Milliarden vor Deutschland (5779 Milliarden) und Frankreich (4667 Milliarden) die Nummer 1.
Die Schweiz - Top und Flop
Österreichs Nachbar Schweiz liegt mit einem Nettogeldvermögen von 2061 Milliarden Euro auf Rang 12. Und mit einem Bruttogeldvermögen 345.980 Euro pro Kopf sind die Eidgenossen sogar weltweit die absoluter Spitze. Doch es gibt für die Schweiz auch einen Wehrmutstropfen: Mit 108.870 Euro haben Schweizer pro Kopf gesehen auch die höchsten Schulden weltweit.
Österreicher investierten in Aktien und Investmentfonds
"Die Vermögensbilanz des vergangenen Jahres ist nicht nur auf die boomenden Märkte, sondern auch auf ein verändertes Sparverhalten der Österreicher:innen zurückzuführen", berichtet Allianz Österreich-CEO Rémi Vrignaud. Die heimischen Sparer erwarben Aktien und Investmentfonds in Höhe von 9,6 Milliarden Euro - das entspricht einer Steigerung in Höhe von 44 Prozent. Dadurch stieg der Anteil von Kapitalmarktprodukten an den frischen Spargeldern auf 40 Prozent. Im Gegensatz dazu fiel die Dotierung von Bankeinlagen um 40 Prozent auf 12,2 Milliarden Euro, womit diese nur noch mit knappem Vorsprung die beliebteste Sparform sind. "Wichtig wird sein, dass die Menschen in Österreich das neu gewonnene Vertrauen in die Kapitalmärkte angesichts einer veränderten Zinslandschaft und der Bedrohung durch eine mögliche Wohlstandsreduktion nachhaltig beibehalten", so Vrignaud.
Privates Vermögen in Höhen von 60 Billionen Euro
Weltweit erhöhte sich das private Vermögen in den vergangenen drei Jahren in Summe um 60 Billionen Euro. Drei Regionen stachen 2021 besonders hervor: Asien (ohne Japan) und Osteuropa mit einer Wachstumsrate von jeweils 11,3 bzw. 12,2 Prozent und Nordamerika mit plus 12,5 Prozent. Westeuropa entsprach laut Allianz dagegen mit einem Wachstum von 6,7 Prozent mehr dem Bild einer reichen, entwickelten Region. Bei den Vermögensklassen legten vor allem Wertpapiere um 15,2 Prozent zu. Aber auch die frischen Spargelder, von denen 63,2 Prozent auf Bankeinlagen entfallen, blieben mit 4,8 Billionen um 40 Prozent über dem Niveau der Vor-Corona-Zeit.
Realer Vermögensverlust droht
Die Allianz geht aber davon aus, dass das für längere Zeit die letzten guten Nachrichten betreffend Geldvermögen sein werden. Für 2022 prognostiziert der Allianz Report einen Rückgang um mehr als 2 Prozent. In realer Rechnung könnten die Haushalte nach Ansicht der Allianz-Experten sogar ein Zehntel ihres Vermögens einbüßen. In den Jahren 2023 bis 2025 dürfte das jährliche nominale Wachstum des Geldvermögens etwa plus 4,6 Prozent betragen und damit weniger als die Hälfte des zuletzt gewohnten Levels, prognostiziert die Allianz.
"Das Ende einer Ära"
"2021 bedeutet das Ende einer Ära", ist Ludovic Subran, Chefvolkswirt der Allianz, überzeugt. "Die letzten drei Jahre waren ein wahrer Geldsegen für die meisten Sparer. Die kommenden Jahre werden anders sein. Die Inflationskrise stellt uns insgesamt auf die Probe und die Politik steht vor der Herausforderung, die Energiekrise zu meistern, die grüne Transformation zu sichern und Wachstum zu schaffen - während zugleich die Geldpolitik kräftig auf die Bremse tritt", betont Subran. Es gäbe jetzt für Fehler keinen Spielraum mehr, der Schlüssel seien innovative und zielgerichtete Maßnahmen auf der nationalen Ebene sowie europäische Einigkeit auf der supranationalen Ebene.
Rückkehr der Schulden
Beunruhigend sei auch der kräftige Anstieg der Schulden am Vorabend einer globalen Rezession, meinen die Autor:innen des Allianz Vermögensreports. Ende 2021 erreichten die Verbindlichkeiten der Haushalte weltweit 52 Billionen Euro, der Anstieg um 7,6 Prozent war der höchste seit 15 Jahren. Dank des kräftigen Anstieges der nominalen Wirtschaftsleistung ist die Schuldenquote dennoch auf 68,9 Prozent zurückgegangen (2020: 70,5 Prozent). Sorgen bereiten vor allem die Schwellenländer, deren Anteil an den globalen Schulden sich zuletzt mehr als verdoppelte und jetzt bei 27,6 Prozent liegt. "Auch wenn die Schuldenhöhe noch moderat erscheint, ist die Gefahr einer Schuldenkrise, angesichts der strukturellen Herausforderungen dieser Länder, nicht von der Hand zu weisen", mahnt der Allianz Report.