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So bleibt Häupl ewig

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Gastkommentar von Johannes Huber. Wie man einen Bürgermeister und Parteivorsitzenden nicht stürzt? Der Donaustädter Bezirksvorsteher Ernst Nevrivy macht’s vor. 


Die Wiener SPÖ hat ein Riesenproblem, und das hängt ein Stück weit auch mit ihrem Vorsitzenden, Bürgermeister Michael Häupl (SPÖ) zusammen: In den südöstlichen Randbezirken rennen ihr die Leute nach rechts davon, in den meisten übrigen nach links. Das eine Mal profitieren die Freiheitlichen davon, das andere die Grünen. Von der Sozialdemokratie bleibt derweil immer weniger übrig. Auch inhaltlich: Häupl hat die letzten Urnengänge nur noch damit überstanden, dass er sich als Heinz-Christian Strache-Verhinderer angeboten hat. Motto: „Wer nicht ihn an der Spitze haben möchte, muss mich wählen.“ Das ist ein bisschen wenig – und kann auf Dauer auch nicht reichen.

All das muss man vorausschicken, um zu erkennen, dass der Handlungsbedarf in dieser Partei ebenso groß ist, wie das Unvermögen des Bürgermeisters und Vorsitzenden, darauf zu reagieren; ja, dass es für eine Erneuerung nicht nur hoch an der Zeit, sondern möglicherweise schon zu spät ist.

Doch ist es klug vom Donaustädter Bezirksvorsteher Ernst Nevrivy, seit Monaten in aller Öffentlichkeit darauf zu drängen? Nein. So wie er es anlegt, ist die Sache schlicht und ergreifend zum Scheitern verurteilt: Erstens, das inhaltliche Angebot des 48-Jährigen beschränkt sich darauf, die Freiheitlichen zu kopieren. Das jedoch würde diesen nur noch mehr Anhänger bringen: Wer zum Schmied gehen kann, braucht keinen Schmiedl. Und daneben würde die SPÖ all jene endgültig an die Grünen verlieren, die sie zuletzt nur noch zur Verhinderung einer blauen Machtübernahme gewählt haben. Sprich: Am Ende wäre Nevrivy allein zu Haus.

Die schier unlösbare Herausforderung würde lauten: Wie kann man sowohl Rechte als auch Linke überzeugen? Oder: Was muss man anbieten, damit man vom Bobo und vom Hackler gleichermaßen getragen wird? Zumindest personell hat man das ja lange Zeit sehr gut hinbekommen: Wie schon sein Vorgänger Helmut Zilk war auch Michael Häupl einer, der fast alle ansprechen konnte. Irgendwann einmal aber ist ihm die Leidenschaft dafür abhandengekommen. Kein Wunder: Nach 28 Jahren Zugehörigkeit zur Stadtregierung (davon 22 als Bürgermeister) darf man müde werden. Nur sollte man sich dann eben auch rechtzeitig um eine Nachfolge bemühen.

Darauf hat Häupl vergessen. Was genau genommen ein weiterer Grund wäre, ihn zu verabschieden. Ernst Nevrivy, der das ziemlich unverhohlen verlangt, wird jedoch auch damit nicht durchkommen: Ein ungeschriebenes Gesetz der Macht im Allgemeinen und der SPÖ im Besonderen lautet, einen Sturz ruckzuck und letzten Endes vor allem auch hinter verschlossenen Türen durchzuführen. In einer Sitzung müsste also einer aufstehen und sagen: „Lieber Michael, es geht nicht mehr.“ Eine Mehrheit müsste sich dem unverzüglich anschließen und nebenbei auch den neuen Chef präsentieren. Dann wäre die Sache erledigt.

Bei der Methode Nevrivy jedoch muss man sich fast schon wundern, dass ihm noch keine Mehrheit ein Verfahren wegen parteischädigendem Verhalten angehängt hat: In jedem Medium, das ihn darum bittet, zieht er über den Zustand der Wiener SPÖ her. Und das ist etwas, was die Genossen gar nicht mögen; im Gegenteil, es führt viel eher dazu, dass sie sich wieder hinter Häupl scharen.

Johannes Huber betreibt den Blog dieSubstanz.at – Analysen und Hintergründe zur österreichischen Politik

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