Slowakei wohl unter den letzten Ländern mit offener Grenze

Die Slowakei war eines jener Länder, die als erste Maßnahmen gegen die Ausbreitung des neuen Coronavirus gesetzt haben: Schulen wurden geschlossen, drei Tage nachdem die erste Infektion bestätigt wurde. Die Grenzen wurden früh geschlossen. Der slowakische Soziologe Michal Vasecka erwartet, dass die Slowakei aber auch "eines der letzten Länder in der EU sein wird, das seine Grenzen wieder öffnet".
Die Grenzschließungen und anderen Maßnahmen wurden noch von der Vorgängerregierung eingeführt, was dazu führe, dass die mit schweren Korruptionsvorwürfen konfrontierte linksgerichtete frühere Regierungspartei Smer in Umfragen seit den Wahlen Ende Februar wieder leicht zulege. Die Coronavirus-Pandemie sorge aber - wie überall - auch für hohe Popularitätswerte der neuen Regierung von Ministerpräsident Igor Matovic, die seit etwa einem Monat im Amt ist. "Die Zustimmung ist beispiellos", sagt Vasecka vom Bratislava Politik Institut (BPI), der auch an der Bratislava International School of Liberal Arts (BISLA) und der Pan-Europäischen Universität Bratislava unterrichtet.
Nur 20 Corona-Tote in der Slowakei
Die rasche Reaktion auf die Pandemie habe außerdem dafür gesorgt, dass die Zahlen der Erkrankungen und Sterbefälle relativ gering sei. Laut der John Hopkins Universität gab es in dem 5,4 Millionen Einwohner zählenden Land bisher rund 1.400 Covid-19-Infizierte und weniger als 20 Todesopfer. Die Slowakei sei damit eine "Insel der Gesundheit", meint Vasecka. Die Regierung habe sich vor allem von Epidemiologen und Medizinern beraten lassen und weniger von Ökonomen. "Sie haben sich um die Wirtschaft nicht sehr gekümmert und viele Menschen sind deswegen nervös geworden."
Der Experte sieht Matovic und seine Regierung kritisch. Einige Regierungsmitglieder seien auf die Aufgabe nicht vorbereitet gewesen, das Regierungsprogramm strotze von Fehlern. Der Premier selbst sei sehr unberechenbar und nutze Facebook wie der US-Präsident Donald Trump Twitter. Matovic verwende außerdem nicht selten eine sehr brutale und unangemessene Sprache. Expertenkritik etwa wies er einmal als "Klugscheißer" zurück. Oder über die Festnahme eines Smer-Politikers sagte er: "Das ist mein erster Skalp und weitere werden folgen."
Stimmung gegen Roma und Pendler
Vor allem Angehörige der Roma-Minderheit und Pendler seien Stigmen ausgesetzt, berichtete Vasecka. Die Regierung gehe mit der Armee gegen Roma vor. Statt wie üblich nur die Infizierten zu isolieren, seien nach wenigen positiven Tests gesamte Roma-Siedlungen von der Armee umstellt und Tausende Menschen unter Zwangsquarantäne gestellt worden. Auf etablierte Nichtregierungsorganisationen sei dabei nicht zurückgegriffen worden. Nachdem sich das Virus nicht verbreitete, wurde die Quarantäne in einer Roma-Siedlung in der Region Kosice am Samstagabend wieder aufgehoben.
Auch die Haltung gegenüber Pendlern sei "harsch". "Sie sind oft stigmatisiert als jene, die das Virus irgendwann einmal in die Slowakei bringen könnten." Vasecka glaubt dennoch an die Bereitschaft der Regierung zur Lösung der Pendlerfrage. Zuletzt sei aber in der Slowakei die Diskussion aufgekommen, dass die slowakischen Pflegerinnen in Österreich oft schwarzarbeiten müssten und missbraucht würden. Forderungen nach einer Verbesserung der Arbeitsbedingungen und einem besseren Schutz der Pflegerinnen seien aufgekommen.
Kampf gegen die Korruption
Ein positives Beispiel für die bisherige Regierungsbilanz sieht Vasecka im Kampf gegen Korruption. Viele Menschen würden vor Gericht gestellt werden und im Gefängnis landen, nach den Jahren des "Raubes" durch die Smer-Regierung, erwartet Vasecka. Der Kampf gegen Korruption war auch Matovics Wahlkampfslogan und für viele seiner Wähler ausschlaggebend für ihre Wahl.
(APA/red)