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Sitzung über Bankabgabe in Zypern erst am Montag

Bestürzung und Wut in Zypern.
Bestürzung und Wut in Zypern. ©EPA
Das Parlament in Zypern hat die Sitzung über die umstrittene Bankabgabe im Rahmen der Euro-Rettungshilfen auf Montag verschoben. Die Abgeordneten würden erst zu Wochenbeginn über die vereinbarte Einmal-Steuer informiert und darüber abstimmen, meldete die staatliche zypriotische Nachrichtenagentur am Sonntag.
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Zuvor habe bereits der zypriotische Präsident Nicos Anastasiades eine informelle Sitzung von Abgeordneten, die für Sonntag früh geplant war, verschoben. Am Montag ist in Zypern Feiertag, die Banken des Inselstaates haben nicht geöffnet.

Ursprünglich wollte Anastasiades noch am Wochenende die Volksvertreter über die Sonderabgabe in Kenntnis setzen und über das dafür nötige Gesetz sofort nach den Beratungen abstimmen lassen.

Mehrere Parteien der insgesamt 56 Abgeordnete zählende Kammer, in der keine Partei eine absolute Mehrheit hat, sind am Sonntag zusammengekommen, um ihre Position zu der Bankabgabe zu formulieren. Drei Parteien haben bereits ihren Widerstand dagegen angekündigt.

Euro-Zone bricht Tabu

Mit dem Zugriff auf die Kundeneinlagen bricht die Euro-Zone ein Tabu. Guthaben von unter 100.000 Euro sollen einmalig mit 6,75 Prozent belastet werden, Beträge darüber mit 9,9 Prozent. Die Abgabe soll dem Staat 5,8 Milliarden Euro einbringen. Von der EU erhält Zypern zehn Milliarden Euro, die hauptsächlich in die von der Pleite bedrohten Banken des Landes fließen sollen.

Allein die Ankündigung, die Abgabe zu erheben, sorgte am Samstag in Zypern für Aufruhr. Genossenschaftsbanken, die normalerweise am Samstag arbeiten, blieben geschlossen, um einen Ausverkauf zu verhindern. An Geldautomaten ließ sich zwar Bargeld abheben, weitere Transaktionen waren allerdings nicht möglich. Nun prüft die Regierung die Möglichkeit, die Banken der Insel auch am Dienstag geschlossen zu halten, um einem massenhaften Ansturm auf die Geldinstitute zuvorzukommen.

“Katastrophe”

“Katastrophe”: So lautete an diesem Samstag das auf Zypern am häufigsten zu hörende Wort. Als in den frühen Morgenstunden bekannt wurde, dass ausnahmslos alle Bankeinlagen mit einer Sonderabgabe von 6,75 bis 9,9 Prozent belastet werden sollen, versuchten Hunderte Bürger Geld am Automaten oder in einer der Genossenschaftsbanken abzuheben, die auch am Samstag geöffnet sind.

Sie bekamen zu hören, dass das Onlinesystem nicht in Betrieb sei. Kurz darauf wurden die Filialen geschlossen. Die Geldautomaten gaben bis um 11 Uhr auch kein Geld aus. Wer danach seinen Kontostand abfragte, musste feststellen, dass die der Abgabe entsprechende Summe bereits fehlte: Sie wurde eingefroren, auch wenn der betreffende Parlamentsbeschluss erst in den nächsten Tagen erwartet wurde. Auch Überweisungen und Online-Banking waren am Samstag nicht möglich.

“Sie bestrafen uns einfache Zyprioten”

Entsprechend ist die Wut der Bürger. Die meisten fühlen sich getäuscht, nachdem die zypriotische Regierung in allen Tönen versichert hatte, dass die Bankguthaben nicht angetastet würden. “Wir arbeiten, legen etwas zurück, und jetzt nehmen sie unser Geld. Das ist ungerecht, sehr ungerecht”, so eine Frau im staatlichen zyprischen Fernsehen RIK. Der Ingenieur Andreas Stylianou aus Nikosia sagte der Nachrichtenagentur dpa in Anspielung auf die Versicherung von Eurogruppenchef Jeroen Dijsselbloem, man habe Zypern nicht bestraft: “Aber sie bestrafen uns einfache Zyprioten”. Zypern sei das Versuchskaninchen in einem nie da gewesenen Experiment, sagte der Zahnarzt Marinos Ikonomou der dpa.

“Zypern erniedrigt”

Die Kritik auf Zypern am Rettungspaket aber ist groß. Die europäische Solidarität sei dahin, Zypern sei erniedrigt worden, sagte Parlamentspräsident Giannakis Omirou in einer ersten Stellungnahme im Staatsfernsehen. Er brach einen Arbeitsbesuch in London vorzeitig ab. Als katastrophal bezeichnete das Abkommen auch der Vorsitzende des Justizausschusses im zypriotischen Parlament, Nikolas Papadopoulos. Er warnte im Fernsehen vor einem Zusammenbruch des Bankensystems, wenn das Vertrauen der Kunden verloren gehe. Die kommunistische Oppositionspartei AKEL will gar die Frage nach einem Austritt aus der Währungsunion oder einen Volksentscheid auf die Tagesordnung setzen. Europa habe sich neokolonialistisch verhalten, so Parteisprecher Andros Kyprianou in einer Pressekonferenz Samstagmittag.

Sorgen bereitet die Zwangsabgabe aber auch den Griechen im Mutterland: Viele hatten nach dem Ausbruch der griechischen Schuldenkrise ihr Geld nach Zypern überwiesen. “Ein Großteil der 450.000 Euro auf meinem Konto stammt von meinem in Griechenland lebenden Bruder, der es in Sicherheit bringen wollte”, sagte ein Zypriot im staatlichen Rundfunk der Insel. Kontoinhaber mit Guthaben auf den Filialen zypriotischer Banken in Griechenland konnte die Regierung in Athen bereits beruhigen: Sie seien von der Maßnahme nicht betroffen, hieß es in einer Stellungnahme von Finanzminister Ioannis Stournaras.

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