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"Sie entscheiden nichts: Ich bin der Herrgott!"

Die Richterin ließ dem aggressiven Pensionisten sein schlechtes Benehmen durchgehen.
Die Richterin ließ dem aggressiven Pensionisten sein schlechtes Benehmen durchgehen. ©VOL.AT
Vorbestrafter 86-Jähriger trat auch vor Gericht verbal aggressiv auf. Der betagte Angeklagte wurde wegen gefährlicher Drohung zu einer Geldstrafe verurteilt.

Von: Seff Dünser (NEUE)

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Die Richterin sah davon ab, den Angeklagten wegen ungebührlichen Verhaltens des Saales zu verweisen. Dabei berücksichtigte sie wohl das hohe Alter und die augenscheinliche verminderte Zurechnungsfähigkeit des 86-Jährigen. Sein schlechtes Benehmen vor Gericht wirkte sich auch nicht auf die Strafe aus, die dennoch milde ausfiel. Dem psychisch angeschlagen wirkenden Greis wurde bei der Hauptverhandlung am Landesgericht Feldkirch Narrenfreiheit gewährt. Er war laut, überheblich, fiel auch der Richterin ins Wort und beleidigte Zeugen. Der Angeklagte trat aggressiv auf, wenn auch nicht in dem Ausmaß, wie ihm das im Strafantrag der Staatsanwaltschaft vorgeworfen wurde.

1620 Euro

Der betagte Vorbestrafte wurde im Sinne der Anklage wegen gefährlicher Drohung schuldig gesprochen. Dafür wurde der Pensionist zu einer Geldstrafe von 720 Euro (180 Tagessätze zu je vier Euro) verurteilt. Hinzu kommen 900 Euro aus einer offenen Vorstrafe wegen Nötigung. Damit beträgt die Gesamtstrafe 1620 Euro. Das Urteil ist nicht rechtskräftig.

Dass er dem Gericht 1620 Euro zu bezahlen hat, kommentierte der Angeklagte so: „Das ist das, was ich an einem Nachmittag verbrauche.“

Stieftochter bedroht

Nach Überzeugung der Richterin hat der 86-Jährige im April in einer Unterländer Gemeinde seine 64-jährige Stieftochter bedroht. Demnach hat er gesagt, er werde an einem großen Feiertag sein Maschinengewehr aus seinem Bankschließfach holen und damit auch sie mit in den Tod nehmen. Die Strafrichterin ging dennoch nicht von einer Morddrohung aus, sondern nur von einer Drohung mit einer Körperverletzung.

Nach der Urteilsbegründung wurde der alte Mann doch noch freundlich „Sie haben gut gearbeitet“, sagte er zur Richterin. Zuvor jedoch hatte der Angeklagte zur Richterin gesagt: „Sie entscheiden nichts, ich bin der Herrgott!“ Danach relativierte er seine Selbsteinschätzung und merkte an, er sei katholisch und füge sich den Entscheidungen des Herrgotts.

Der schwerhörige Senior kam während der Verhandlung zum Richterpult vor und rief: „Sie können entscheiden, wie Sie wollen! Sie können mir auch die Höchststrafe oder zehn Jahre geben! Auch 50.000 Euro sind mir wurscht!“

Richterin bestellte Taxi

Die Richterin ließ sich trotz allem nicht aus der Ruhe bringen. Sie kam nach der Verhandlung seiner Bitte nach, erwies dem Angeklagten einen besonderen Dienst und bestellte ihm telefonisch das gewünschte Taxi.

(NEUE)

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