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Sicher Klettersteige mit Kindern begehen: Was Bergführer Hanno Dönz Urlaubern beibringt

Sicherheit beim Klettersteiggehen, gerade mit Kindern, ist essenziell: Der Bergführerverband Vorarlberg bietet darum spezialisierte Kurse an, um Familien wie Moni, Jörg und ihrer Tochter Lina das nötige Wissen und die Techniken zu vermitteln.

Klettersteige sind beliebt. Und doch bergen sie ein großes Verletzungspotential. Hanno Dönz ist Obmann des Bergführerverbandes Vorarlberg. In Kursen bringt er Interessierten die richtige Technik bei und erklärt, welche Besonderheiten vor allem beim Begehen von Klettersteigen mit Kindern zu beachten sind. VOL.AT durfte bei einem solchen Kurs dabei sein.

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Klettersteige mit Kindern: Sicherheit geht vor

Gespannt hören Lina, Moni und Jörg dem Bergführer Hanno Dönz zu. ©Schad/VOL.AT

Lina ist zehn Jahre alt. Sie ist sportlich, mutig und liebt den Urlaub in den Bergen. Genau wie Mama Moni und Papa Jörg. Die Familie ist schon zum wiederholten Male im Urlaub im Montafon. Neben Wanderungen liebt die Familie auch das Klettersteiggehen. Damit dabei nichts schiefgeht, haben Moni und Jörg entschieden, einen Bergführer - in dem Fall Hanno Dönz - hinzuzuziehen. "Wenn man anfängt sich ein wenig einzulesen, wird schnell deutlich, wie gefährlich das Klettersteiggehen mit Kindern sein kann", erzählt Moni. Sie habe sich online umfangreich informiert und dann Respekt bekommen. Nicht, weil sie ihrer Tochter den anspruchsvollen Sport nicht zutraut, sondern weil sie bezweifelt, den richtigen Umgang mit der Ausrüstung einwandfrei zu beherrschen.

Professionelle Kurse: Lernen von den Besten

Hanno Dönz ist Obmann des Bergführerverbandes Vorarlberg und bildet zahlreiche Menschen aus. ©Schad/VOL.AT

"Das ist eigentlich ein perfektes Beispiel, wie es laufen sollte", meint Hanno Dönz. Der Bergführerverband ist der Meinung, niemand gehört ohne Erfahrung und ein echtes Training mit Profis in den Klettersteig. Deshalb werden in Kooperation mit Montafon Tourismus im Sommer zahlreiche Kurse für anfängliche Schnupperer oder auch für erfahrene Bergziegen angeboten.

Für die Familie aus Deutschland ist der Tag mit Hanno keine Premiere. Bereits vor zwei Jahren haben sie an einem Einsteigerkurs im Montafon teilgenommen. "Der musste wegen Gewitter aber leider abgebrochen werden", erinnert sich Jörg zurück. In Deutschland ist die Familie im Alpenverein. "Ein Freund von mir ist dort Ausbilder. Er hat uns vieles gezeigt und beim Kauf des richtigen Materials beraten", so der Deutsche. Nun aber geht es an die Praxis. Und damit trotz guter Ausrüstung nichts schiefgeht, kommt dabei Hanno Dönz ins Spiel.

Von der Theorie in die Praxis: Lina übt das Gelernte. ©VOL.AT/Schad

Ausrüstung und Technik: Worauf es wirklich ankommt

"Ihr seid super ausgestattet. Das ist zwar gut, häufig aber auch das Problem", erklärt der Bergführer. Viele Menschen würden sich dank guter Ausrüstung, die teilweise für kleines Geld gekauft oder geliehen werden kann, in Sicherheit wiegen. "Wenn ich meine Ausrüstung dann aber nicht fachgerecht bedienen kann, hilft mir auch das beste Material nichts", so der Montafoner. Sein Kurs beginnt mit einer Theorie-Einheit. Dabei betont er noch einmal: Das Verwenden genormter Klettersteigausrüstung ist unabkömmlich. "Gerade letzte Woche habe ich erst einen Vater mit seinem Sohn im Übungsklettersteig Rifa getroffen, die lediglich mit zwei Seilenden und Karabinern im Steig kletterten. "Der Mann hat versucht mir weis zu machen, dass man früher ja immer so geklettert sei. Von der Begründung bin ich kein Fan. Damals ist, wer im Klettersteig gestürzt ist, gestorben. Heute muss das nicht mehr sein. Wer an die alten Narrative glauben möchte, soll direkt ungesichert gehen. Dann weiß man wenigstens, dass man im Falle eines Sturzes tot ist und wiegt sich nicht in falscher Sicherheit", so der Bergführer verärgert.

Wenn man mit Kindern Klettersteige begehen möchte, gibt es einiges zu beachten. ©Schad/VOL.AT

Auch, wenn die Familie gut ausgerüstet ist, sieht Hanno bei Linas Klettersteig-Set ein anderes Problem. "Der Bandfalldämpfer ist darauf ausgelegt, ab circa 250 bis 300 Kilogramm Belastung auszulösen. Diese Kraft entsteht durch den Sturz eines Erwachsenen. Manr rechnet bei einem leichten Sturz in etwa das Dreifache des Körpergewichtes. Wenn du allerdings stürzt, bringst du gerade einmal das Gewicht eines schweren Erwachsenen auf die Sicherung", erklärt er. Lina wirkt etwas besorgt und gibt zu, nur 30 Kilogramm zu wiegen. Früher habe es deshalb Klettersteigsets speziell für Kinder gegeben. "Wir vom Bergführerverband würden das auch weiterhin befürworten. Heute sind sie aber verboten, weil auch Erwachsene, die auf die günstigeren Kindersets zurückgegriffen haben."

Sicherheit mit Kindern

Um dennoch gibt Hanno Dönz leichte Entwarnung für Kinder. "Das Set stürzt vor dem Absturz. Das ist das Wichtigste." Außerdem gehe man mit Kindern ohnehin nur Klettersteige, in denen die Gefahr eines senkrechten Sturzes nicht gegeben ist. "Sollte man das aber wollen, gibt es heute gute Möglichkeiten, Kinder nach zu sichern", so der Bergführer. Wer mit dem Sportklettern vertraut ist, kann auf seine übliche Ausrüstung zurückgreifen. Für weniger erfahrene Menschen gibt es spezielle Seilsets von verschiedenen Herstellern. Sie werden auf steilen Passagen an einem Fixpunkt, etwa einem Sicherungsanker, eingehängt und sichern das Kind mittels Seil ähnlich wie beim Sportklettern. "Rein theoretisch würde die Sicherung damit ausreichen. Weil Kinder aber durch Gewohnheiten und Imitieren lernen, sollten sie einfach wie gewohnt mit ihrem Klettersteig-Set die Passage bewältigen und das Seil nur als Back-Up sehen", rät Hanno Dönz. Sollte es einmal überhaupt kein Weiterkommen geben, kann mit dem Seil auch abgelassen werden.

Auch der Notfall will geübt sein: Moni lässt Lina ab.

Um solche Techniken zu lernen, reicht in Hannos Augen ein Video nicht. Man müsse es in der Praxis üben und einen Experten dabei haben, der gegebenenfalls eingreifen kann. Kurse für Interessierte gibt es sowohl beim Alpenverein, als auch bei den Tourismus-Destinationen und dem Bergführerverband. Neben dem Material ist das Wetter ein großer limitierender Faktor, den es laut dem Bergführer ständig zu beobachten gilt. Für manche Menschen sind Klettersteige außerdem ganz tabu. Dazu gehören Menschen, die nicht schwindelfrei sind, Kinder in Kraxen oder Menschen ohne gute Berg- und Wandererfahrung.

Vom Übungsklettersteig ins hochalpine Gelände: Praxiserfahrung sammeln

Veraltetes Material stellt eine Gefahr dar. Hanno erklärt, worauf es beim Helm ankommt. ©Schad/VOL.AT

Ein häufiger Grund für Bergrettungseinsätze in Klettersteigen ist laut Hanno Dönz Erschöpfung. Die Menschen seien zwar in der Lage vereinzelt herausfordernde Stellen zu meistern, wenn diese aber am Ende kommen, wenn die Kräfte schon nachgelassen haben, kommt oft die Angst und Unsicherheit. Eine geneuae Planung und Beurteilung der Route ist daher unerlässlich.

Hanno Dönz erklärt, warum es sinnvoll ist, die Karabiner gegengleich einzuhängen.

Für Lina, Moni und Jörg geht es nach den Übungseinheiten im Rifa-Übungsklettersteig am Nachmittag weiter ins hochalpine Gelände. Gemeinsam mit Hanno bestreiten sie dort den Vaude Klettersteig Gargellener Köpfe. Dort können sie all die erlernte Theorie, inklusive der sorgsamen Tourenplanung- und einschätzung mittels Topografie, anwenden. Der Profi schaut ihnen dabei über die Schulter und korrigiert im Zweifelsfall etwaige Fehler. Danach steht Abenteuern auf eigene Faust nichts mehr im Wege. Und trotzdem sind sich Moni und Jörg einig: "Wenn Fragen aufkommen, ziehen wir wieder einen Bergführer zu Rate. Das Risiko eines Absturzes ist es nicht wert, einzugehen."

(VOL.AT)

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