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Seselj-Fall: Urteil heute erwartet

Das UNO-Tribunal für Kriegsverbrechen im ehemaligen Jugoslawien (ICTY) wird am heutigen Freitagnachmittag ein Urteil über den serbischen Ultranationalisten Vojislav Seselj wegen Missachtung des Gerichts verkünden.
Der Chef der Serbischen Radikalen Partei (SRS) war einer der ersten Insassen des Tribunalsgefängnisses in Scheveningen. Er muss sich in Den Haag nicht nur wegen Kriegsverbrechen, sondern in einer zweiten Anklage auch wegen Verstoßes gegen die Tribunalsregeln verteidigen.

Die zweite Anklage wurde Anfang des Jahres erhoben. Seselj wird angelastet, in seinem 2007 in Belgrad erschienenen Buch Informationen über drei geschützte Zeugen veröffentlicht zu haben, obwohl er wusste, dass dies ausdrücklich untersagt ist. In dem Buch wurden zwar nicht die Namen angegeben, allerdings die Berufe. Veröffentlicht wurden auch die Namen von Familienangehörigen und weitere Angaben, die die Identität der Zeugen preisgeben könnten. Seselj, der seit Februar 2003 zu den bekanntesten Insassen des Tribunalsgefängnisses zählt, plädierte auch in diesem zweiten Prozess auf unschuldig. Ihm droht eine Haftstrafe von bis zu sieben Jahren und/oder eine Geldstrafe von bis zu 100.000 Euro.

In der Hauptanklage muss sich Seselj wegen Kriegsverbrechen in Kroatien, Bosnien-Herzegowina und der Vojvodina verantworten. Das seit Ende 2007 laufende Verfahren war am 11. Februar bis auf weiteres vertagt worden. Auf Antrag der Anklage beschloss der Tribunalssenat, die noch zu befragenden Zeugen zunächst nicht anzuhören, weil ihre Sicherheit nicht gewährleistet werden könne. Eine Entscheidung über die Fortsetzung des Hauptprozesses wird nach der Verkündung des Urteils vom Freitag erwartet.

Seselj ist nicht die erste Person, der Missachtung des UNO-Tribunals angelastet wird. Wegen desselben Vorwurfs musste sich vor dem UNO-Tribunal heuer auch schon Florence Hartmann, Sprecherin der früheren Chefanklägerin Carla del Ponte, verteidigen. Das Urteil in diesem Fall ist noch ausständig. Missachtung des Gerichts wurde in den vergangenen Jahren auch einigen Zeugen aus dem Kosovo angelastet, die sich weigerten, in Verfahren gegen ehemalige Angehörige der albanischen “Befreiungsarmee des Kosovo” (UCK) auszusagen. Mit der Anklage wegen Missachtung des UNO-Tribunals waren häufig auch Journalisten konfrontiert. Erst im Mai wurde eine Anklage gegen acht kroatische Journalisten erhoben, die in ihren Artikeln die Identität von geschützten Zeugen veröffentlichten.

Die Urteile des UNO-Tribunals zum Vorwurf der Missachtung des Gerichts sind bisher eher mild ausgefallen und lauteten häufig auf Freispruch, wenige Monate Haft oder eine Geldstrafe. Die höchst mögliche Strafe, sieben Jahr Haft, wurde bis dato nicht ausgesprochen.

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