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Sergio Mendes gab sich der Wiener Gemütlichkeit hin

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Dem Wiener Konzerthaus wurde im Rahmen des Jazzfestes Wien eine ganz besondere Ehre zu Teil - Sergio Mendes himself betörte das Publikum mit seinen eingängigen Melodien und seiner unglaublichen Aura.

Bei der sehnsüchtig erwarteten Zugabe zog am Dienstagabend fast so etwas wie Erleichterung durch das Wiener Konzerthaus: “Mas Que Nada”, der vor zwei Jahren mit Hilfe der Black Eyed Peas wieder in die Hitparaden geschlüpfte Hit von Sergio Mendes, riss das Publikum doch noch von den Sitzen. Zuvor hat der brasilianische Meisterarrangeur im Rahmen des Jazz Fest Wien ein doch ziemlich lasches Konzert gespielt, das einen Streifzug durch die Geschichte der gehobenen brasilianischen Populärmusik bot – und statt südamerikanischer Hitze Wiener Gemütlichkeit verströmte.

Sergio Mendes lieferte mit dem Album “Timeless” den Soundtrack zum Sommer 2006. Nun, rechtzeitig zu den heißen Tagen 2008, erschien der Nachfolger “encanto” (Universal). Und dass dieser in den USA über eine Kaffeehauskette vertrieben wird, hätte ein guter Hinweis sein können, sich vor dem Konzert ein wenig Koffein zu gönnen. Hatte Mendes beim Jazz Fest Wien 2006 das Publikum mitgerissen, brauchte es am Dienstagabend viel Selbstaufgabe einiger weniger, sich zwischen die Sitzreihen zu stellen und etwas autistisch vor sich hinzutanzen. Der Rest blieb, trotz wackelnden Schultern und nickenden Köpfen, eisern sitzen.

Der Abend hatte mit einem Problem verstärkter Konzerte zu kämpfen, das meistens nicht stört – gestern aber war es schlicht zu laut für die Kapazität des Großen Saales im Konzerthaus. Zum undifferenzierten Klang kamen dann noch, ziemlich überraschend bei der doch sehr Percussion-orientierten Musik, doch deutliche Schwankungen im rhythmischen Fundament dazu. Mit großer Band ist Mendes, der das von Jorge Ben Jor komponierte “Mas Que Nada” zu seinem Markenzeichen-Song machte, angetreten, die auch optischen Unterhaltungswert hatte: Die drei guten Vokalistinnen hatten durchaus etwas von Stewardessen-Charme beim Flug durch die brasilianische Musikgeschichte, und die beiden Percussionisten durften bei Solo-Auftritten auf allerlei Gerätschaften herumtrommeln. Mendes selbst verschanzte sich hinter seinem Keyboard, spielte gut gelaunte Soli und sang seinen Part mit Hingabe.

Grammy-Preisträger Mendes, am 11. Februar 1942 als Sohn eines Arztes in Niteroi nördlich von Rio geboren, hat mit “Herb Alpert Presents Sergio Mendes & Brazil 66” bereits in den 60er Jahren in wenigen Monaten mehr als eine Million Platten verkauft. Auch gestern ließ er, zum 50. Jubiläum der “Bossa nova”, die legendäre Zeit von “Brazil ’66” wieder aufleben. Doch im Publikum scheint man mehr will.i.am gekannt zu haben als Herb Alpert: Wiedererkennungs-Applaus gab es für die alten Nummern keinen – übrigens auch nicht für das Cover von “Fool On The Hill”.

Die von will.i.am aufgefettete Version von “Mas Que Nada”, die auch gestern wieder mit Unterstützung eines Rappers erklang, war “ein so einzigartiger Song”, hatte Mendes im Vorfeld des Konzertes zur APA gesagt, dass das vorangegangene Album stark von der Nummer gelebt hat. “Jetzt wollte ich ein Album machen, auf dem statt nur einem gleich zwölf großartige Songs sind. Es sind viele Geschmacksrichtungen drauf, von Rio de Janeiro bis Bahia.” Gestern beim Konzert hat Mendes noch viel mehr musikalische Geschmacksrichtungen geboten. Gemundet hat dem Wiener Publikum aber vor allem wieder eine – aber was soll’s, oder, wie die Brasilianer sagen: “Mas que nada”.

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