Serbisches Nationalmuseum: Streit mit Wien
An die Öffentlichkeit gelangte der Streit Anfang dieser Woche, als fünf Mitglieder des Verwaltungsausschusses des Nationalmuseums aus Protest gegen die Geldknappheit zurücktraten. Anlass der Auseinandersetzung ist offenbar ein Vertrag mit der Belgrader Vertretung von Kunsttrans über die Aufbewahrung von Kunstgegenständen aus dem Museumsbestand während des 2006 gestarteten Umbaus des Museums.
Die monatliche Miete für das von Kunsttrans errichtete Depot soll das Museum 35.251 Euro kosten. Diese Miete sei zu hoch, teilte das Kulturministerium unter Berufung auf ein inzwischen angefertigtes Gutachten am Dienstagabend mit. Vor allem aber sei bei der Auftragsvergabe das vorgeschriebene Verfahren nicht eingehalten worden. Das Kulturministerium vertritt die Ansicht, dass das Nationalmuseum vor dem Abschluss des Vertrages mit Kunsttrans auch andere Angebote hätte einholen müssen und will nun vor Gericht die Annullierung des Vertrages beantragen.
Djordje Brankovic, Leiter von Kunsttrans Beograd, bestreitet die Angaben des Kulturministeriums. Der Vertrag seiner Firma mit dem Nationalmuseum sei “2006 entsprechend dem vorgeschriebenen Verfahren in enger Zusammenarbeit mit dem Kulturministerium und mit seiner Zustimmung” abgeschlossen worden. Kunsttrans habe das Depot errichtet, nachdem man die Regierungsgarantie erhalten habe, dass der Vertrag erfüllt werde, so Brankovic heute gegenüber der APA. Nachdem das Depot im Dezember 2007 fertig gewesen sei und der Umzug der Kunstgegenstände begonnen habe, habe das Kulturministerium jedoch nicht mehr reagiert und auch nicht die vereinbarte monatliche Miete bezahlt. Im Juni 2008 habe die Belgrader Kunsttrans-Tochter den Gerichtsweg eingeschlagen, um die fälligen Mieten einzuklagen.
Der Umbau des Nationalmuseums, der laut früheren Plänen bis Mai 2010 beendet werden soll, war ursprünglich auf rund 25 Mio. Euro veranschlagt. Die Kosten sind nach Angaben des Kulturministeriums inzwischen auf knapp 30 Mio. Euro angestiegen. Dabei warten zahlreiche im Museum aufbewahrten Kunstgegenstände nach Angaben seines zurückgetretenen Verwaltungsausschusses schon seit gut einem Jahr verpackt auf den Umzug in das Kunsttrans-Kunstdepot. Sowohl wertvolle Gegenstände der Vinca-Kultur aus dem fünften und sechsten vorchristlichen Jahrtausend als auch Gemälde von Rubens, Renoir, Picasso und Modigliani sollen dadurch gegenwärtig unter nicht idealen konservatorischen Bedingungen aufbewahrt werden. “Das Kulturministerium hat den Umbau des Nationalmuseums um 15 Monate hinausgeschoben”, ist Brankovic überzeugt.
Das Kulturministerium hatte nach der vorgezogenen Parlamentswahl im Vorjahr im Regisseur Nebojsa Bradic einen neuen Leiter bekommen, der andere Ansichten hinsichtlich der Zukunft des Nationalmuseums vertritt als sein Amtsvorgänger Vojo Brajovic.
Finanzstreitigkeiten hat das Kulturministerium neuerdings auch mit dem Belgrader Nationaltheater sowie der Belgrader Philharmonie. Die Leiter der beiden Institutionen sind wegen Finanzproblemen, die ihre Aktivitäten gefährden, in den vergangenen Wochen zurückgetreten. Wie der Philharmoniedirektor Ivan Tasovac daraufhin erklärte, liege das Problem eigentlich in der Unterlassung des Staates, die Kulturprioritäten festzulegen. An Geldern fehle es nämlich nicht, sie fließen nur anderswohin, glaubt Tasovac.