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Schweiz: "Wirtschaft mehr als wenige Manager mit überrissenen Löhnen"

Initiative 1:12 deutlich abgelehnt - Schweizer gegen Gehaltsbremse für Spitzenmanager.
Initiative 1:12 deutlich abgelehnt - Schweizer gegen Gehaltsbremse für Spitzenmanager. ©APA (Themenbild)
Die Schweizer haben am Sonntag deutlich Nein zur 1:12-Initiative gesagt. Beinahe zwei Drittel der Urnengänger und alle Kantone lehnten den Vorstoß der Jungsozialisten (Juso) ab.
Schweiz gegen Gehaltsbremse
Abschied von Gehaltsexzessen?

Die Online-Ausgabe der liberalen “Neuen Zürcher Zeitung” (NZZ) kommentierte: “Die Schweizer Wirtschaft ist mehr als wenige Manager mit teilweise nicht nachvollziehbaren Löhnen.”Es spreche gegen die simple Juso-Initiative und für die direkte Demokratie, in der nicht einfach “emotional” entschieden werde, wie beispielsweise die deutsche Kanzlerin Angela Merkel (CDU) glaube.

Verzicht auf “Experimente mit Lohnvorschriften”

Obwohl der Schweizer Souverän, also die Stimmbürger, nicht immer immun gegen Populismus seien, “bleibt er pragmatisch und verzichtet auf Experimente mit Lohnvorschriften, die nicht einmal dunkelrot regierte Länder einzuführen wagen”, schrieb das Blatt weiter.

Longchamp: Polarisierung ausschlaggebend

Der Politologe Claude Longchamp, Leiter des Meinungsforschungsinstituts gfs.bern, fasst den deutlichen Ausgang so zusammen, dass die weltanschauliche Polarisierung zwischen Links und Rechts ausschlaggebend war. Das habe sich auch im Stimmverhältnis gezeigt. Ein Lohndiktat vom Staat ist für die Gegner schlicht unvorstellbar. Zum rechten Lager zählt Longchamp in diesem Fall auch eher links orientierte bürgerliche Kreise.

Das überzeugendste Argument der Initiativ-Gegner war die Befürchtung, dass internationale Konzerne mit Lohnverhältnissen von über 1 zu 12 ihre Geschäftssitze und hoch dotierten Kader ins Ausland verlagern würden. Als Folge davon hätten nicht nur die Sozialwerke und Kantone unter tiefen Steuereinkommen gelitten.

Schweizer Presse über “Nein” zu Gehaltsbremse

Der Online-“TagesAnzeiger” analysierte weiter, der Standort Schweiz hätte beträchtlich an Attraktivität eingebüßt. Dass das Anliegen fairer Lohnverhältnisse hingegen mehr als nur ein Hirngespinst einiger weniger Kapitalismusgegner ist, zeige der Ja-Stimmenanteil von immerhin knapp 35 Prozent.

Kritischer sieht es die liberale “NZZ”. Den Initianten habe der Urnengang die Grenzen ihrer Politik und ihres Politmarketings aufgezeigt. “Der Abstimmungssieg war nie das ausschließliche Ziel des Volksbegehrens. 1:12 war von Beginn weg auch – vielleicht sogar primär – ein Marketing-Vehikel”, um die zerstrittene Truppe der Jungsozialisten wieder schlagkräftig zu machen.

Bernhard: Juso-Ansatz zu radikal

Für Laurent Bernhard, Politologe an den Universitäten Bern und Zürich, war die öffentliche Diskussion über Managergehälter in den vergangenen Monaten das vielleicht wichtigste innenpolitische Thema des Jahres. Eine Mehrheit der Eidgenossen sei zwar der Meinung, dass Lohnexzesse bekämpft werden müssten, doch nicht mit dem radikalen Ansatz der Juso.

Schweizer stimmen über Mindestlohn ab

Voraussichtlich nächstes Jahr stimmen die Eidgenossen über die Mindestlohn-Initiative ab. Der Ausgang der 1:12-Initiative ist für Bernhard kein gutes Signal für diese Vorlage. “Denn es verdeutlicht, dass die Schweiz in wirtschaftlichen Belangen ein liberales Land bleibt. Daran wird sich nicht viel ändern.”

(APA/red)

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