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"Schwanensee" an der Staatsoper: Erfolgreicher Auftakt in Wien

Triumph trotz verletztem Flügel: "Schwanensee" an der Staatsoper
Triumph trotz verletztem Flügel: "Schwanensee" an der Staatsoper ©APA
"Schwanensee" wird wieder an der Wiener Staatsoper aufgeführt. An Theatralik mangelt es Tschaikowskis "Schwanensee" dabei nicht.
Bilder von der Probe
Schwanensee im neuen Look

Bei der Premiere 50 Jahre nach Uraufführung von Rudolf Nurejews Adaption des Ballettklassikers am Sonntagabend an der Wiener Staatsoper hielt das Drama auch in der Realität Einzug, als sich mit Olga Esina die Titelheldin des Abends während des dritten Akts verletzte. Trotzdem oder gerade deshalb war sie der Star eines umjubelten Abends.

Schwanensee an der Oper

Während einer dieser technisch brillant ausgeführten, anmutigen Drehungen ist es passiert. Gemerkt hat man es freilich nicht, zu professionell, zu willensstark ist Olga Esina, die in einer der wohl schwierigsten (Doppel-)Rollen der Ballettwelt bereits vor dem dramatischen Höhepunkt allen die Show gestohlen hatte: Ob zart und verletzlich als verzauberte Schwanenkönigin Odette oder verführerisch und dämonisch als den Prinzen Siegfried täuschender, “schwarzer Schwan” Odile – mit beeindruckender Natürlichkeit, gleitenden, schwanenähnlichen Armbewegungen und dem Anschein, als hätte sie nie eine andere Rolle getanzt, festigte Esina an diesem Abend ihren Status als Erste Solotänzerin des Wiener Staatsballetts und ließ sich trotz schwerer Zerrung in der Wade das tragische Finale samt romantischem Pas de deux und letzter, inniger Umarmung der Liebenden nicht nehmen.

Reichlich Applaus in der Oper

Die Geschichte des in einen Schwan verzauberten Mädchens, das nur durch die Liebe des Prinzen erlöst werden kann, ist eines der schönsten, meistaufgeführten Werke der Ballettliteratur. Seit 1964 mehr als 200 Mal am Haus des Rings und bei Gastspielen getanzt, kehrte Nurejews Adaption nach Petipa und Iwanow nun erstmals seit 2009 mit neuer Ausstattung an die Staatsoper zurück. Nach “Don Quixote” und “Der Nussknacker” war es die dritte abendfüllende Choreografie des Jahrhundertballettmachers, die Ballettdirektor Manuel Legris mit seiner Compagnie und Studierenden der Ballettakademie der Staatsoper einstudierte – und eine weitere Gelegenheit, deren kontinuierlich gesteigerte Qualität unter Beweis zu stellen.

Szenenapplaus begleitete die Ensembleleistung, wobei vor allem Alice Firence, Kiyoka Hasimoto, Greig Matthews und Masayu Kimoto als Gruppe der Prinzgefährten mit absoluter Synchronität, aber auch mit Präsenz als Solisten punkteten. Schauspielerisch stachen auch Dagmar Kronberger als Prinzenmutter und Eno Peci als energischer, kraftvoller Zauberer Rotbart in teuflischem Federkleid hervor.

Wackelige Landungen oder Drehungen

Umso mehr fallen dann Fehler auf, wie die eine oder andere wackelige Landung nach Sprung oder Drehung durch Vladimir Shishov. Der Erste Solotänzer hat den durch Nurejew aufgewerteten Siegfried schon bei der 200. Aufführung von “Schwanensee” an der Staatsoper getanzt, wirkte während der ersten beiden Akte jedoch zittrig, was ihn neben Esina noch mehr verblassen ließ. Das mag der doppelten Anspannung geschuldet gewesen sein, wurde die Premiere doch für eine ORF-Ausstrahlung am 19. Juni mitgefilmt.

Vielleicht für das Fernsehen, bestimmt aber für künftige Gastspiele wurde der Publikumshit auch äußerlich rausgeputzt: In satten Blautönen gehalten, passt sich der von Ludwig II. inspirierte, malerische Hintergrund der Mailänder Bühnen- und Kostümbildnerin Luisa Spinatelli Szenerie und Tageszeit an – inklusive Böses erahnen lassende Wolken, romantisches Mondlicht und ein in Nebel gehülltes Schloss Neuschwanstein. Getanzt wurde mal auf der ausladenden Terrasse, dann im Ballsaal, die Hofdamen in luftigen Kleidern, die Kavaliere figurbetont in Leggins und Jäckchen. Die Schwäne glänzten traditionell im Tutu, wobei sich deren Königin nur durch den Kopfschmuck von ihnen unterschied.

“So ist Ballett”

Beinahe schien es, als würde der traumhafte Abend für Augen und Ohren (Dirigent: Alexander Ingram erhielt viel Applaus für sein Staatsoperndebüt) auch unabhängig von Nurejews Wahl des Untergangs des Prinzen tragisch enden, als Staatsoperndirektor Dominique Meyer vor dem 4. Akt besorgt vor den Vorhang trat. Ob Esina die kommenden Aufführungen wird tanzen können, ließ Legris bei der Premierenfeier auf der Hinterbühne noch offen. “Aber so ist Ballett”, meinte er zur APA, “schon während der Proben haben sich einige Tänzer verletzt.” Damit auch sie noch glänzen können, kündigte Legris nach acht Folgeterminen sogleich zehn weitere Aufführungen für die Saison 2014/15 an.

Die Verletzungen der vergangenen Wochen ließ sich einer an diesem Abend nicht anmerken: Bundestheaterholding-Chef Georg Springer gönnte sich einen Wechsel vom krisengebeutelten Burgtheater ans andere große Haus am Ring und feierte den Erfolg der Compagnie auf der Hinterbühne mit. Während andernorts ein neuer Direktor gesucht wird, fühlt sich der hiesige bestätigt. “Legris hat in dieser Stadt Enthusiasmus für Ballett geschaffen”, bekräftigte Meyer: “Wien ist eine Ballettstadt!”

(APA)

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