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Schwacher Häupl, starker Kern

©APA
Gastkommentar von Johannes Huber. Die Machtverhältnisse in der SPÖ haben sich schlagartig geändert. Dem neuen Bundeskanzler und Parteivorsitzenden kann das nur recht sein.

Gegen das, was der Wiener Bürgermeister und SPÖ-Chef Michael Häupl in den vergangenen Tagen erlebt hat, war die Schlappe harmlos, die er gemeinsamen mit seinen Freunden bei der Gemeinderatswahl im Oktober 2015 erlitt: Zunächst schaffte er es nicht, dem Kanzler und Bundesparteivorsitzenden Werner Faymann zu „helfen“, wie er es selbst angekündigt hatte. Und dann scheiterte er auch noch dabei, seinen Wunschkandidaten Gerhard Zeiler als Nachfolger durchzusetzen.

Das sind gleich zwei überraschende – und damit umso größere – Niederlagen in sehr kurzer Zeit. Häupl ist angeschlagen, wie noch nie. Doch wo ein Verlierer, da auch ein Sieger: Christian Kern, dem neuen Hoffnungsträger der Sozialdemokratie, der nächste Woche voraussichtlich Werner Faymanns Ämter übernimmt, können diese Entwicklungen nur recht sein.

Die sozialdemokratische Österreichkarte hat bis vor kurzem so ausgeschaut: Vorarlberg, Tirol, Salzburg, Ober- und Niederösterreich waren weiß, Kärnten, die Steiermark und das Burgenland rosarot. Einzig und allein die Bundeshauptstadt bildete eine tiefrote Insel. Daraus hat sich denn auch die Sonderstellung von Micheal Häupl abgeleitet: Der 66-Jährige war der starke Mann der SPÖ.

Kein Wunder also, dass er sich vor bald zwei Wochen damit beauftragen ließ, Werner Faymanns Führungskrise zu lösen. Zustande gebracht hat er es dann aber nicht; es waren vielmehr (verhältnismäßig) kleine Funktionäre, wie der Salzburger Landesvorsitzende Walter Steidl und der Bau-Holz-Gewerkschafter Josef Muchitsch, die Faymanns Rücktritt erzwangen. Dieselben Leute setzten in weiterer Folge ÖBB-Chef Christian Kern als neuen Kanzler und Parteivorsitzenden durch. Wieder hatte Häupl nichts zu melden.

Dem Wiener Bürgermeister droht damit selbst Ungemach: Zumal ohnehin klar ist, dass er sich noch vor der Gemeinderatswahl (spätestens) 2020 zurückziehen wird, ist das Rennen um seine Nachfolge eröffnet. Grund: Seine Autorität ist dramatisch gesunken. Daher sind alle, die sich als Kandidaten sehen, gezwungen, selbst anzufangen, sich in Stellung zu bringen und Netzwerke zu bauen.

Für den neuen Kanzler und Bundesparteivorsitzenden ist das sehr angenehm: Christian Kern ist im Unterschied zu seinen Amtsvorgängern nicht mehr allein vom Wohlwollen des ohnehin allzu launischen Michael Häupl abhängig. Es genügt, wenn er sich mit den übrigen Landesparteichefs abstimmt; ein einziger kann ihm jedenfalls nichts anhaben. Und das ist zumindest eine gute Basis für eine erfolgreiche Zeit an der oberste Spitze.

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