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Schubumkehr in der Flüchtlingspolitik

©APA/AFP
Gastkommentar von Johannes Huber. Österreich hat endlich angefangen, nicht mehr jeden über die Grenze zu lassen. Das ist gut so.


Die Verlogenheit der österreichischen Flüchtlingspolitik war ja schon gar nicht mehr auszuhalten: Man schert sich nicht weiter darum, wer daherkommt, lässt Asylverfahren jahrelang dauern und die betroffenen Männer und Frauen in der Zeit nicht arbeiten – mit einer Ausnahme: Sie dürfen auf den Strich gehen.

All das ist zynisch und menschenverachtend zugleich. Und das muss natürlich zu Konflikten mit der Bevölkerung führen, die die jeweils verantwortliche Innenministerin oder der jeweils verantwortliche Innenminister aufgreift und im Grunde genommen auch noch verschärft. Nichts anderes tat Johanna Mikl-Leitner (ÖVP) im vergangenen Jahr jedenfalls, als sie bei der ersten Flüchtlingswelle Zelte errichten ließ und bei der zweiten von einem Notstand sprach. Ein solcher ist freilich ausgeblieben, obwohl die weiteren Wellen bis zum heuten Tag noch viel größer geworden sind.

Das zeigt, dass die Politik an Lösungen erst gar nicht interessiert ist. Sie duldet vielmehr katastrophale Verhältnisse, die zur allgemeinen Überzeugung führen müssen, dass Österreich nicht mehr Asylwerber aufnehmen kann. Dabei hat ausgerechnet der oberste Flüchtlingskoordinator, Christian Konrad, festgestellt, dass „das Boot noch lange nicht voll“ sei und die Herausforderungen daher bewältigbar seien.

Doch nun gibt es immerhin eine Entwicklung, die einen hoffen lässt: Österreich nimmt seit einigen Tagen nicht mehr jeden auf. Das mag darauf zurückzuführen sein, dass es immer schwerer wird, so gut wie alle Menschen nur nach Deutschland durchzuwinken, aber das ist letzten Endes nebensächlich. Entscheidend ist die Tatsache, dass in Kärnten Hunderte Migranten, die eine falsche Staatsbürgerschaft angegeben haben, nach Slowenien zurückgeschickt worden sind.
Das ist gut so. Wer eine ernsthafte Flüchtlingspolitik betreiben will, muss sehr genau darauf achten, dass nur Menschen Asyl bekommen, die es brauchen. Frauen und Männer also, die verfolgt werden oder denen aufgrund von Krieg und anderen Katastrophen der sichere Tod droht. Sie müssen geschützt werden. Und zwar nur sie. Bei allen anderen handelt es sich ausschließlich um Migranten, die man aufnehmen kann, aber nicht muss.

Diese Unterscheidung ist ganz im Sinne der Genfer Flüchtlingskonvention und mit jahrzehntelanger Verspätung aufgrund der Not endlich auch in der österreichischen Politik angekommen. Ein erster Schritt, dem weitere folgen müssen: Asylverfahren dürfen nicht mehr Monate dauern; sie müssen nach wenigen Wochen abgeschlossen sein. Und dann darf man die (meist) jungen Leute nicht mehr ihrem Schicksal überlassen; es ist notwendig, dafür zu sorgen, dass sie ausgebildet werden und eine ordentliche Karriere starten können.
Was im Übrigen nichts mit Gutmenschentum zu tun hat, sondern mit purem Eigeninteresse: Österreich kann nicht genug Nachwuchskräfte bekommen, will es sich seinen Wohlstand und vor allem auch seine Pensionen auch in 20, 30 Jahren noch leisten können.

Johannes Huber betreibt die Seite dieSubstanz.at – Analysen und Hintergründe zur österreichischen Politik

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