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"Schoolshooting": Eine Sonderform des Amoklaufs

Das "Schoolshooting" stellt eine Sonderform des Amoklaufs dar. / Symbolbild
Das "Schoolshooting" stellt eine Sonderform des Amoklaufs dar. / Symbolbild ©AP
Amokläufe und andere Arten von Waffengewalt kommen besonders oft in Bildungseinrichtungen vor. Die sogenannten "Schoolshooting" sind eine Sonderform des Amoklaufs, da diese nicht so oft aus "blindwütiger Raserei" begangen werden.
18-Jähriger soll “Amoklauf” geplant haben
Verdächtiger wurde festgenommen
19-Jähriger von Schrotkugeln getroffen und verletzt

Der Begriff Amok stammt aus dem Malaiischen und bedeutet wütend und rasend. Man bezeichnet damit eine psychische Ausnahmesituation, die von Unzurechnungsfähigkeit, blindwütiger Aggression und absoluter Gewaltbereitschaft gekennzeichnet ist. Die Täter sind überwiegend männlich.

Die Weltgesundheitsorganisation WHO definiert Amok als “willkürliche, anscheinend nicht provozierte Episode mörderischen oder erheblichen (fremd)zerstörerischen Verhaltens”. Kennzeichnend für eine als Amok definierte Gewalttat ist die Gefährdung mehrerer Menschen, die verletzt oder sogar getötet werden. Nach Erkenntnissen von Polizeipsychologen waren Amokläufer eher unauffällig, zeigten ihre Gefühle nicht und neigten zu Selbstüberschätzung.

Soziale Kompetenz meist unterentwickelt

Amokläufer haben meist eine aggressionsgehemmte Persönlichkeit und sind konfliktunfähig. Typisch ist eine allmähliche Entwicklung gewalttätiger Gedanken und Fantasien. Soziale Kompetenz und die Fähigkeit, Ärger und Stress zu verarbeiten, sind oft unterentwickelt.

Vor “Schoolshootings” haben sich fast alle Täter bereits gedanklich mit der Gewalttat beschäftigt und diese oft auch geplant, berichten Experten. Aus Untersuchungen in den USA, wo Schulen besonders häufig Schauplätze für buchstäbliche Massaker wurden, weiß man, dass Opfer teilweise bewusst ausgewählt und regelrecht hingerichtet worden sind, oder es existierten sogar “Todeslisten”. Die jugendlichen Täter fühlten sich ausgegrenzt und wollten sich an einer abweisenden Welt durch ein blutiges Finale rächen, in dem sie dann selbst untergehen.

Perspektivenlosigkeit als möglicher Auslöser

Der 18-Jährige, der am Mittwoch vor einem Schulzentrum in Mistelbach einen 19-Jährigen mit einer Schrotflinte angeschossen haben soll, hatte laut Staatsanwaltschaft Korneuburg einen Amoklauf geplant. “So etwas passiert nicht von heute auf morgen”, erklärte der Psychologe Cornel Binder-Krieglstein. “Meist ist es der Endpunkt einer Reihe von Vorfällen im Leben des Amokläufers.

“Der Amokläufer will eine Vernichtungssituation herstellen, wie er sie zum Beispiel durch Ablehnung, Mobbing oder eine zerbrochene Beziehung selbst erlebt hat”, sagte Binder-Krieglstein im Gespräch mit der APA. Falls auch psychische Erkrankungen bestehen, etwa Wahnvorstellungen oder eine narzisstische Störung, erfolge eine Verarbeitung der Erlebnisse auf diese Weise. Von außen sei das nicht ersichtlich. Mögliche Auslöser eines Amoklaufs könnten dann Perspektivenlosigkeit oder Fragen nach dem Sinn darstellen.

“Amokläufer strebt nach nie erhaltener Aufmerksamkeit”

“Häufig haben Amokläufer das Gefühl, schlecht behandelt zu werden. Der Amoklauf soll dann eine besonders große Situation werden, die groß und bunt in den Medien ist. Er strebt möglicherweise nach Aufmerksamkeit und Bewunderung, die er nie bekommen hat”, erläuterte der Psychologe. Darauf deute auch das Tragen besonderer Kleidung oder das Posieren mit Waffen hin.

Der 18-jährige Schütze soll sich zuletzt mit Schießereien an Schulen beschäftigt haben und bei der Tat einen dunklen Mantel getragen haben. “Ohne den Fall aus Mistelbach genau zu kennen, deuten einige Punkte darauf hin, dass es in die Richtung geht”, meinte Binder-Krieglstein.

Entsprechende Ausbildung um bei Konflikten zu vermitteln

In Sachen Prävention komme der Schulpsychologie eine wichtige Rolle zu. “Und zwar möglichst niederschwellig, das heißt, das Angebot muss gut erreichbar, leistbar und unstigmatisiert sein. Man muss über Dinge sprechen können, die einen belasten, auch wenn es nicht um Schulisches geht. Frauen nehmen solche Möglichkeiten übrigens leichter an”, erläuterte der Experte. In Österreich werde zwar die klinisch-psychologische Diagnostik von der Krankenkasse bezahlt, jedoch nicht die Behandlung, die mitunter nötig wäre: “Kassenplätze sind rar gesät.”

Sinnvoll seien Peer-Systeme an Schulen, bei dem Jugendliche entsprechend ausgebildet werden, um ihren Kollegen Beistand zu leisten oder bei Konflikten zu vermitteln, betonte Binder-Krieglstein. Zudem müsse nach derartigen Taten immer auch die Frage nach der Verfügbarkeit der Waffe gestellt werden, so der Psychologe.

APA/red

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