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Schmerzmessung zahlt sich aus

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Ein Viertel der Österreicher hat chronische Schmerzen. Der Anteil liegt bei Frauen und bei betagten Menschen besonders hoch. Viele halten Schmerzen sogar für selstverständlich.

Oft werden die Beschwerden von den Betroffenen selbst, Ärzten oder Pflegepersonal ignoriert und als “selbstverständlich” in bestimmten Lebenssituationen hingenommen. Doch ein Projekt des Österreichischen Hilfswerkes, das am Mittwoch in Wien vorgestellt wurde, zeigt: Schmerzmessung durch den Patienten und intensive Zusammenarbeit zwischen Ärzten und Pflegepersonal auf der Basis dieser Daten zahlt sich aus.

“Jeder vierte bis fünfte Österreicher leidet an chronischen Schmerzen. Betroffen davon sind 18 Prozent der Männer und 28 Prozent der Frauen. 43 Prozent der Patienten sind über 50 Jahre alt”, sagte Michael Bach, Präsident der Österreichischen Schmerzgesellschaft, bei einer Pressekonferenz in Wien.

Was noch bedenklicher ist, so der Psychiater vom Krankenhaus Steyr: “29 Prozent der Bevölkerung sagen, dass Schmerzen zum Leben ‘gehören’, man muss sie einfach ertragen.” 50 Prozent der Betroffenen fühlen sich gar stigmatisiert.

Auf der Basis dieser Zahlen startete das Österreichische Hilfswerk eine groß angelegte Aktion. Immerhin betreut die Organisation im ganzen Land per Pflegedienst regelmäßig zwischen 14.000 und 15.000 Patienten zu Hause, von denen 30 Prozent Schmerzpatienten sind. Jeder Patient erhielt ein “Schmerzlineal” (Skala mit zehn Stufen) und ein Schmerztagebuch zum Eintragen von Beschwerden. 1.200 Angehörige des Pflegedienstes wurden speziell ausgebildet. Das Pflegepersonal informierte mit neu entwickeltem Informationsmaterial die behandelnden Ärzte über Dauer und Intensität der Symptome der Patienten. Dazu kamen noch publikumswirksame Informationskampagnen.

Parallel dazu wurde bei 270 Betreuten mit ausgeprägter chronischer Schmerzsymptomatik getestet, wie sich die Maßnahmen auf deren Zustand auswirkt. Bach: “Zunächst erfolgte eine Erstuntersuchung, nach durchschnittlich drei Wochen eine Nachüberprüfung.” Die Quantifizierung der Beschwerden durch die Patienten, die Aufzeichnungen und die Information der Behandler führten zu einer deutlichen Verbesserung, weil dann eben die analgetische Therapie angepasst bzw. verbessert wurde.

Der Psychiater: “Die durchschnittliche Schmerzintensität der Patienten lag am Beginn bei einem Wert von 5,72. Bei der Folgeuntersuchung waren es 3,7. Das entspricht einer Verbesserung um zwei Punkte. Das ist eine Schmerzlinderung um rund ein Drittel und für die Kranken ein Segen.”

Die kontinuierliche Anwendung des Systems bei den vom Österreichischen Hilfswerk zu Hause betreuten Pflegebedürftigen könnte sich jedenfalls als wirklich zukunftsweisende und vor allem zutiefst humane Strategie erweisen. Schmerzen – so die Experten – müssen und können behandelt werden. Leiden ist zwecklos. Doch 55 Prozent der Österreicher glauben fälschlicherweise , dass auch chronische Schmerzen mit einer Dauer von mehr als drei Monaten wieder von alleine “weggehen”.

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