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Schlepperbericht 2020: Trotz Coronakrise mehr Aufgriffe

Schlepperbericht 2020: Zahl der Geschleppten beinahe verdoppelt.
Schlepperbericht 2020: Zahl der Geschleppten beinahe verdoppelt. ©APA/HELMUT FOHRINGER
Trotz Reisebeschränkungen durch die Coronakrise hat es 2020 deutlich mehr Aufgriffe bei illegal Eingereisten, Geschleppten und Schleppern gegeben als im Jahr davor.

Das geht aus dem Schlepperbericht 2020 hervor, den Innenminister Karl Nehammer (ÖVP) am Donnerstag in Wien vorgestellt hat. Geändert haben die Täter allerdings die Modi Operandi und die Werbemethoden, wie sie an ihre Kunden kommen. So wird potenziell Geschleppten die Gesundheitsversorgung angepriesen.

2020: Mehr als 21.000 Menschen illegal in Österreich eingereist

2020 wurden in Österreich 21.641 illegal eingereiste oder aufhältige Menschen aufgegriffen. Gegenüber 2019 bedeutete das einen Zuwachs um rund zwölf Prozent. Es waren auch um rund 400 mehr als 2018, aber noch immer deutlich weniger als in den Jahren 2012 bis 2017 mit dem Höhepunkt 2015, als mehr als 94.000 Menschen illegal in Österreich aufgegriffen wurden. Bei den Geschleppten gab es mit 4.842 Aufgriffen gegenüber 2019 (2.469 Aufgriffe) beinahe eine Verdopplung, dazu sind mit 311 registrierten Schleppern um 69 mehr als 2019 aufgeflogen. "Österreich zählt zu den am stärksten von illegaler Migration betroffenen Ländern in der EU", sagte Nehammer.

Eine relativ junge Entwicklung dabei ist dem Innenminister zufolge, dass Österreich auch als das erste "reiche" Land vom Westbalkan aus gesehen gilt und daher verstärkt ein Zielland wurde. Den Staaten am Westbalkan komme daher im Kampf gegen die illegale Migration eine ganz zentrale strategische Aufgabe als Bündnispartner Österreichs zu.

Schlepper änderten Methoden

Durch die Einschränkungen im Personenverkehr im Vorjahr hätten die Schlepper bald ihre Mittel und Wege umgestellt, Personen illegal über Grenzen zu bringen, sagte Gerald Tatzgern, Leiter der Zentralstelle zur Bekämpfung der Schlepperkriminalität. Der Pkw, früher gern genutztes Transportmittel der Schlepper, war out. "Sie haben sehr schnell auf den Güterverkehr umgestellt." Ein Beispiel dafür habe es erst vor zwei Tagen gegeben, als beim Unfall eines an sich mit Papierrollen beladenen Lkw vier Geschleppte auf der Ladefläche ums Leben kamen und zahlreiche weitere verletzt wurden.

Nicht immer wissen die Lkw-Lenker, dass sie Flüchtlinge im Wagen haben. Tatzgern schilderte, dass auf Raststätten die Dachplanen des Anhängers aufgeschnitten werden und so die Schlepper ihre Opfer ins Innere bugsieren.

Die Summen, welche die Schlepper ihren Kunden abnehmen, sind ausgesprochen unterschiedlich: Tatzgern berichtete von Schleppungen um 200 bis 300 Euro, aber auch um 2.000 bis 3.000 Euro. Davon hängt es beispielsweise ab, ob die Flüchtlinge die serbisch-ungarische Grenze durch einen Tunnel oder mittels über den Grenzzaun geworfenen Leitern passieren können. Auch ist es eine Frage des Preises, ob den Flüchtlingen eine oder zwei Leitern zur Verfügung gestellt werden. Bei der teureren Variante können sie auf einer Leiter über den Zaun klettern und auf der anderen wieder hinunter. Bei der billigen müssen sie auf einer Leiter hinaufklettern und dann auf der anderen Seite vier bis fünf Meter hinunterspringen, was oft zu schweren Verletzungen nicht zuletzt bei Kindern führt.

Corona-Pandemie half bei Anwerbung

Die Coronavirus-Pandemie half Schleppern auch beim Anwerben ihrer Opfer. Diesen wurde die Gesundheitsversorgung in den Zielländern angepriesen und die Möglichkeit einer Impfung gegen SARS-CoV-2 versprochen.

Nehammer betonte, dass es sich bei der Schlepperei um einen Geschäftszweig der Organisierten Kriminalität handelt. Die Täter kamen im vergangenen Jahr aus Syrien (60), Österreich (37), Irak (28), Rumänien (22) und der Türkei (18). Schlepper aus diesen Staaten machten mehr als die Hälfte aus, der Rest verteilte sich auf andere Staaten. 91 Prozent der Schlepper waren männlich, mehr als 60 Prozent zwischen 21 und 40 Jahre alt.

Tatzgern machte darauf aufmerksam, dass die Pandemie auch Auswirkungen auf den Menschenhandel hatte, bei dem es ja um die Ausbeutung von Menschen geht. "Aufgrund der Beschränkungen zur Eindämmung der Pandemie kam es vermehrt zur Ausübung von illegaler Prostitution in Hotels und Wohnungen, da Sexdienstleisterinnen und -dienstleister ihrem Beruf offiziell nicht nachgehen durften", sagte der Ermittler des Bundeskriminalamts (BK). Er befürchtete, dass gerade auch bei gestrandeten Geschleppten verstärkt die Arbeitskraft ausgebeutet werden könnte, damit sie sich de facto den Schlepperlohn für den weiteren Transport erarbeiten können.

(APA/Red)

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