Schlammwüste bei Schwertberger Firma Engel
Vor einer Woche war die Firma Engel in Schwertberg in Oberösterreich ein international renommiertes Spezialunternehmen der Hochtechnologie, heute ist der Betrieb eine Schlammwüste, aus der gespenstisch die Millionen teuren Maschinen als Monumente der Naturgewalt in die Höhe ragen. 60.000 Quadratmeter – das ist das gesamte Firmenareal mit allen Produktionshallen und Büros – ist von einer „braunen Brühe“ überzogen. Der Sachschaden ist noch nicht einmal annähernd abschätzbar.
Bis Mittwochabend war es selbst den Firmenangehörigen noch nicht gelungen, in die überfluteten Hallen zu kommen. Am Donnerstagvormittag war eine erste Begehung möglich. Dabei wurde das gesamte Ausmaß der Katastrophe für diesen wirtschaftlichen Leitbetrieb der Region deutlich. Selbst die Manager hatten Tränen in den Augen, als sie gemeinsam mit Medienvertretern durch das Gemisch aus Schlamm und Wasser stapften.
„Schuld“ an der Überflutung war der Aistfluss, der am Gelände der Firma Engel vorbei führt. „Unser Betrieb ist hier sei 50 Jahren angesiedelt, es gab auch manches Hochwasser, aber noch nie so eine Katastrophe“, sagte der Sprecher der Geschäftsführung, Peter Neumann. Bereits das erste Aist-Hochwasser in der vergangenen Woche hatte den Betrieb erheblich in Mitleidenschaft gezogen, „bis Sonntag sind aber die Aufräumungsarbeiten gut voran gekommen, alle waren optimistisch, da kam plötzlich die zweite Flut“, so Neumann. Die Aist bahnte sich mit einer unglaublichen Naturgewalt ihren Weg mitten durch die Hallen, so dass bei diesen zum Teil sogar die stabilen Außenwände eingedrückt wurden, wobei ganze Baumstämme ein Übriges taten.
Mehr als zweieinhalb Meter hoch stand das Wasser schließlich in den Werkshallen, in denen Engel Kunststoff-Spritzgießmaschinen, Hochtechnologie-Werkzeuge, Roboter und komplette Produktionsanlagen erzeugt. Der internationale Ruf des Schwertberger Unternehmens zeigt sich nicht zuletzt daran, dass die Exportquote bei 95 Prozent liegt. Im abgelaufenen Geschäftsjahr machte man im Gesamtkonzern einen Umsatz von 520 Mill. Euro. Allein in Schwertberg beschäftigt Engel derzeit 1.300 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter.
Rund 60 große Spezialmaschinen – manche mit einem Wert von fünf bis sechs Mill. Euro – wurden durch Wasser und Schlamm praktisch vernichtet. Dazu kamen noch 120 funkelnagelneue Spritzgussmaschinen – Durchschnittswert pro Stück 100.000 Euro – die zur Auslieferung an die Engel-Kunden bereit standen. Das helle Grün dieser Maschinen hat sich durch den Schlamm in ein tristes Grau-Braun verwandelt. Vernichtet wurden aber auch die Büroräume, die Entwicklungsabteilung mit den speziellen EDV-Anlagen und sämtliche Personalakten und zahlreiche andere Geschäftsunterlagen, die in den Kellerräumlichkeiten gelagert waren. Bis hin zu neuen Firmeninformationen für die Kunden in nicht weniger als 15 Sprachen. „Wir werden versuchen, sie durch Gefriertrocknung zu retten“, hieß es am Donnerstag.