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Schlagendes Herz in der Kühlbox

Eine neue Entwicklung aus den USA könnte eine deutliche Erleichterung bei der Abwicklung von Herztransplantationen bringen. Das „Organ Care System“ erlaubt den Transport des schlagenden Spenderorgans.

Damit wird die Zeit mangelnder Sauerstoffversorgung (Ischämie) stark reduziert, die Transportwege können länger werden. Am Montag wurde das System, das derzeit an der Klinischen Abteilung für Herz- und Thoraxchirurgie am Wiener AKH erprobt wird, vorgestellt. Im Februar erhielt auf diese Weise im Rahmen einer optimal verlaufenen Operation eine 30-jährige Kärntnerin ein „neues“ Herz.

Im Hintergrund der Entwicklung steht die zunehmende Knappheit an Spenderorgangen bei seit Jahren sinkenden Zahlen für Herztransplantationen in Österreich. Der Chef der Abteilung, Ernst Wolner: „An sich sind wir in Österreich mit 25 bis 32 rekrutierten Organspendern pro Million Einwohner und Jahr recht gut. Doch beim Herz haben wir das Problem, dass die Spender immer älter werden. Während wir Leber oder Niere verwenden können, müssen wir das Herz der Spender oft wegen Bluthochdruck oder koronarer Gefäßerkrankung ablehnen.“

Die Herz-Thoraxchirurgie an der Universitätsklinik am Wiener AKH ist zwar mit 1.059 Herztransplantationen seit 1984, 778 Lungentransplantationen seit 1989 und 174 verwendeten Kunstherzen seit 1985 weltweit das größte Zentrum für diesen Gesamtbereich (2.011 derartige Eingriffe), doch die Probleme werden aus der Statistik klar erkennbar: 1994 wurden beispielsweise um die 90 Herztransplantationen durchgeführt, vergangenes Jahr waren es 26. Stattdessen stieg die Zahl der Lungentransplantationen auf etwa 90 im Jahr 2006. Mit ein Grund dafür ist eben, dass mittlerweile schon drei Viertel aller Spenderherzen wegen nicht ausreichender Verwendbarkeit abgelehnt werden müssen.

Der Leiter des Herztransplantations-Programms der Abteilung, Andreas Zuckermann: „Leider ist die Zahl der Herztransplantationen in Österreich in den vergangenen zehn Jahren um 52 Prozent zurück gegangen – von mehr als 100 im Jahr 1996 auf etwas mehr als 45 im Jahr 2006.“

Hier kommt die Versorgungs- und Transportbox von „TransMedics“ ins Spiel. Sie wird derzeit auch am AKH erprobt. Zuckermann: „Dieses Gerät ermöglicht eine Flüssigkeits- und Blutversorgung in fast physiologischem Zustand. Man kann damit vielleicht grenzwertig geeignete Spenderherzen noch optimieren. Forschungen gehen dahin, dass man durch eine bestimmte Behandlung vielleicht bei dem Spenderorgan eine Toleranz (gegenüber dem Spender, Anm.) erzeugen kann.“ Im Grunde handelt es sich um transportfähiges Versorgungssystem, bei dem das Herz am Schlagen erhalten wird. Das ist für das Organ schonender als der Transport im gekühlten und ruhenden Zustand.

Kernpunkt aber ist, dass das Spenderorgan im schlagenden Zustand und somit wesentlich länger als bisher möglich transportiert werden kann. Der Herzchirurg: „Bisher liegt die Obergrenze bei etwa vier Stunden Transport im eisgekühlten Zustand vom Abtrennen bis zum Anschluss an den Kreislauf des Patienten. Im Rahmen von Tiermodellen (mit dem Organ Care System, Anm.) wurden Spenderorgane auch deutlich länger als acht bis zehn Stunden bis zur Transplantation konserviert.“ In der klinischen Studie, an der die Ärzte am AKH beteiligt sind, beträgt die Obergrenze bei 6,5 Stunden.

Die erste Österreicherin, die ein Spenderherz unter Verwendung des neuen Systems erhielt, ist die Kärntnerin Christine Amenitsch (30). Sie hatte an einer vererbbaren Herzinsuffizienz gelitten. „Mir geht es nach der Operation (am 6. Februar, Anm.) ausgezeichnet. Es ist kein Vergleich zu meinem Zustand vor der Transplantation.“ Seit dem fünften Tag nach dem Eingriff „radelt“ die Kärntnerin schon am Ergometer. Herzinsuffizienz betrifft rund 160.000 Österreicher. Pro Jahr sterben daran rund 15.000 Menschen. Zur Transplantation am AKH vorgestellt wurden im vergangenen Jahr 77 Patienten, von denen 26 ein neues Organ bekommen konnten.

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