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Schießerei nach Streit um bosnischen Sänger: Mordprozess

Geplanter Auftritt in Wien platzte, rivalisierende Lokalbesitzer gerieten aneinander...Am Ende floss im Cafe "Cappuccino" reichlich Blut.

Der Betreiber mehrerer sogenannter Gastarbeiter-Lokale glaubte, den großen Coup gelandet zu haben: In seiner Discothek in Wien-Ottakting sollte im Juni 2006 der bekannte bosnische Sänger Serif Konjevic auftreten, der sich am Balkan größter Beliebtheit erfreut und seit über 30 Jahren Schallplatten veröffentlicht. Als der Künstler das Konzert knapp davor platzen ließ, forderte der Gastronom von einem Konkurrenten Schadenersatz, da er glaubte, dieser hätte Konjevic eingeschüchtert und zur Absage bewogen.

Die folgende Auseinandersetzung führte zu einer wilden Schießerei, die eher in den Wilden Westen und nicht auf die Ottakringer Straße gepasst hätte und die am Montag Gegenstand eines Mordprozesses im Grauen Haus war. Zwei Abgesandte des Disco-Betreibers, die zur Unterstützung von zwei weiteren Männern begleitet wurden, trafen sich am 30. Mai 2006 im Cafe “Cappuccino” mit dem serbischen Lokalbesitzer, der möglicherweise deshalb etwas gegen das Gastspiel von Serif Konjevic hatte, weil dessen Lieder teils anti-serbische Texte enthalten, seit Konjevics Bruder im Bürgerkrieg im ehemaligen Jugoslawien von Serben getötet wurde.

50.000 Euro sollte der Serbe bezahlen, weil – so der Vorwurf – er Konjevic derart Angst gemacht hätte, dass dieser sich nicht mehr nach Wien wagte. Die Forderung wurde zurückgewiesen, worauf sich im Cafe “Cappuccino” eine “gewisse Spannungs- und Paniksituation” (Anklageschrift) breitmachte: Einige der Gäste bemerkten, dass die Verhandlungspartner Pistolen eingesteckt hatten.

Den Trubel nützte der ebenfalls bewaffnete Enver H. (39) laut Staatsanwältin Michaela Schnell aus, um seinen Freund, den in die Enge geratenen serbischen Wirt, aus seiner misslichen Lage zu befreien: Der Mann soll eine Waffe gezogen und zunächst einen der Kontrahenten an der Bar niedergeschossen haben. Der 33-Jährige wurde zweimal im Oberkörper getroffen und brach schwerverletzt zusammen.

Dann wandte sich der Schütze der Anklage zufolge einem 32-Jährigen zu, der bereits auf der Straße stand. Enver H. soll in Cowboy-Manier die Eingangstür geöffnet und diesem zunächst in Oberschenkel, Hüfte und Gesäß geschossen haben. Danach trat er auf den reglos am Gehsteig liegenden Mann zu und versetzte ihm einen Kopfschuss.

Enver H. wurde nach einem anonymen Hinweis als mutmaßlicher Täter am 1. Juni 2006 von der Polizei verhaftet. Vor den Geschworenen (Vorsitz: Thomas Kreuter) gab er nun zwar zu, am fraglichen Abend im “Cappuccino” gewesen zu sein. Er habe jedoch keinen einzigen Schuss abgegeben.

Von der Tatwaffe fehlt jede Spur. Es gibt allerdings Zeugen, die den Angeklagten teilweise massiv belasten. Der Prozess ist auf vier Tage anberaumt und soll am kommenden Freitag zu Ende gehen.

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