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Schießerei im Cafe "Cappuccino": Gefängnis für Zeugen

Dass die Justiz nicht mit sich spaßen lässt, wenn Zeugen unter Wahrheitspflicht falsch aussagen, musste erst in der Vorwoche der damalige BZÖ-Chef Peter Westenthaler feststellen.

Im Vergleich zu zwei Zeugen, die rund um ein spektakuläres Mordverfahren die Unwahrheit gesagt hatten, kam der orange Obmann mit neun Monaten auf Bewährung (nicht rechtskräftig, Anm.) aber noch glimpflich davon: Im Wiener Landesgericht ist nun ein 31-jähriger Mann rechtskräftig zu 15 Monaten Haft verurteilt worden, wovon vier Monate unbedingt ausgesprochen wurden.

Eine Kellnerin, die in derselben Sache ebenfalls nachweislich die Unwahrheit gesagt hatte, fasste dafür bereits Mitte Juli neun Monate Haft aus, davon zwei Monate unbedingt.

Der 31-Jährige hatte nach einer aufsehenerregenden Schießerei im Cafe “Cappuccino” in Wien-Hernals, bei der am 30. Mai 2006 ein 32-jähriger Lokalbesucher ums Leben kam und ein weiterer Gast schwer verletzt wurde, einen 39-Jährigen der Täterschaft bezichtigt, indem er der Polizei gegenüber und später im gerichtlichen Vorverfahren versicherte, er habe als Augenzeuge diesen schießen gesehen. Dessen sei er sich “hundertprozentig” sicher.

Der vermeintliche Schütze wanderte in U-Haft, ehe der Kronzeuge der Anklage im vergangenen November in dessen Mordprozess seine Aussage revidierte und nunmehr angab, er habe den Mann nie zuvor gesehen. Er habe den Täter in Wahrheit nicht erkennen können. Die Polizei habe ihm “gesagt, dass ich ‘100 Prozent’ sagen soll, dann werde ich keine Probleme haben”, tönte nun der 31-Jährige, worauf die Staatsanwältin unverzüglich die Mordanklage fallen ließ und der Angeklagte enthaftet wurde.

Mit seinen falschen Angaben hatte der Zeuge diesen für eineinhalb Jahre ins Gefängnis gebracht – so lange musste der völlig Schuldlose in der U-Haft “dunsten”. Das war bei der Strafbemessung nun auch der wesentliche Erschwerungsgrund für den zur Falschaussage geständigen 31-Jährigen: Die Justiz müsse sich auf Zeugen verlassen können – vor allem in Verfahren, wo es um Kapitalverbrechen und damit langjährige Haftstrafen geht, lautete die sinngemäße Begründung.

Das Verfahren gegen den Zeugen fand unter Ausschluss der Öffentlichkeit statt: Dieser fürchtet mittlerweile um sein Leben. Er dürfte von Personen, die mit dem tatsächlichen Mörder in Verbindung stehen, zu seinen falschen Angaben bewogen und entsprechend “präpariert” worden sein. Möglicherweise spielt diesbezüglich auch ein seit längerem suspendierter Chefinspektor der Kriminaldirektion (KD) 1 eine wesentliche Rolle, gegen den die Staatsanwaltschaft wegen denkbarer Verwicklungen in umfangreiche kriminelle Machenschaften ermittelt. Diese Untersuchungen sind derart brisant, dass sie als Verschlussakt geführt werden.

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