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„Schibee, schibee …“

Der Nenzinger Gemeindearchivar Thomas Gamon mit Filmemacher Karl Volker Schmid.
Der Nenzinger Gemeindearchivar Thomas Gamon mit Filmemacher Karl Volker Schmid. ©Elke Kager Meyer
Von der Tradition des Scheibenschlagens erzählt ein Film von Karl Volker Schmid

Er ist gerade 60 Jahre alt geworden und ebenso viele Jahre verbringt er seine Urlaube im Nenzinger Himmel: Der Hobby-Filmemacher Karl Volker Schmid wohnt in der Nähe von Reutlingen, hat aber eine ganz spezielle Verbindung zu Nenzing und hier wiederum zum Nenzinger Himmel. Beim Urlaub im Ländle besuchte er auch eine Veranstaltung im Heimatmuseum Schruns und kam hier wiederum mit Michael Kasper und Friedrich Juen ins Gespräch. Die Tradition des Scheibenschlagens fand er höchst spannend und so entstand die Idee zu einem Film, der nun in Nenzing erstmals öffentlich präsentiert wurde. Übrigens: Das „Scheibenschlagen“ wurde 2015 von der österreichischen Unesco-Kommission als „Immaterielles Kulturerbe“ ausgezeichnet. Eine besondere Ehre, wenn man bedenkt, dass sich unter anderem die Wiener Sängerknaben, die Spanische Hofreitschule oder die Tiroler Perchtenläufe unter den Ausgezeichneten befinden.

Überlieferte Tradition

„Das Scheibenschlagen wurde in Vorarlberg lange nur noch an drei Orten praktiziert: In Nenzing-Dorf, in Beschling sowie in Gortipohl“, erläuterte der Nenzinger Gemeindearchivar Thomas Gamon den Brauch. „Zwischenzeitlich hat auch eine Funkenzunft in Lustenau den alten Brauch wieder neu aufleben lassen.“ Ursprünglich wurde das Scheibenschlagen bei gewissen Jahresfeuern, neben dem Funkensonntag etwa zu Ostern, zu Johannis oder zu Peter und Paul betrieben. Oft auf einer Anhöhe in der Nähe des Ortes wurden eigens für diesen Zweck angefertigte Holzscheiben auf einen Schwingstock gesteckt, im Feuer zum Glühen gebracht und mit Hilfe einer kleinen Holzbank abgeschlagen, sodass sie weit durch die Luft flogen. Dazu wurden Sprüche gerufen, die im Ort hörbar und zumeist für namentlich genannte Personen bestimmt waren, als Ehre oder Spott oder – vorzugsweise – um heimliche Liebschaften aufzudecken. Im südlichen Vorarlberg wird das Scheibenschlagen seit über 400 Jahren praktiziert und von den Funkenzünften am Funkensonntag gelebt. In Nenzing und Beschling werden nach wie vor mit den „Schibeesprüchen“ relativ junge Beziehungen oder aber auch heimliche Wünsche öffentlich gemacht. In der Vergangenheit war es aber auch durchaus üblich, die Obrigen des Dorfes, wie den Pfarrer, den Bürgermeister und den Lehrer gelegentlich öffentlich anzuprangern, ohne dass dafür Sanktionen befürchtet werden mussten. Dennoch gab es Beschwerden über „unsittliches Verhalten ob der derben Sprüche“. Thomas Gamon: „Leider sind keine Sprüche aus der früheren Vergangenheit erhalten geblieben. Sie wurden bewusst weggeworfen. Erst seit rund 30 Jahren werden die Sprüche von der Funkenzunft gesammelt.“

 

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