Gespräche mit Flüchtlingen in Vorarlberg, mit denen wir regelmäßig zusammenarbeiten. Wir waren also mitten in der Arbeit, als eine erste Welle der Lebensmittelkrise spürbar wurde.
VN:
Ein zusätzlicher Anstoß?
Walk: Die Lebensmittelpreise stiegen und plötzlich war Andersens Märchen unmittelbar aktuell. Die Kunst, der Künstler ist immer ein Sensor für das, was sich in der Gesellschaft ereignet und mit Andersen wurde uns das nochmals zusätzlich vor Augen geführt. Andersen thematisiert in seinem Märchen ja auch dieses Verhungern vor aller Augen. Niemand sieht hin, alle gehen weiter und ein kleines Mädchen friert und stirbt.
VN:
Wer Märchen als einfachen Kinderkram” abtut, liegt falsch. Wie sehen Sie dabei H. C. Andersen?
Walk: Andersen schrieb seine Märchen nicht ausschließlich für Kinder. Er griff immer wieder soziale Themen auf, wollte zwar nie politisch tätig sein, hat sich aber in seinen Märchen sehr wohl politisch engagiert.
VN:
Das Mädchen mit Schwefelhölzern” tastet die Menschenleben am Rand der Gesellschaft ab.
Walk: Wir arbeiten immer mit Menschen zusammen, die aus ihrer Heimat flüchten mussten. Es ist aber nicht so, dass ein Flüchtling beispielsweise einen Flüchtling darstellt, der Hunger hat. Wir binden sie in die Kunst ein und nicht in ihre eigene Geschichte. Da arbeiten wir mit Doppeldeutigkeiten, die die Kunst auch leisten muss.